Der Preis der Freiheit

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Gerade erst vor wenigen Tagen feierte der Bielefelder Pendragon Verlag sein vierzigjähriges Bestehen (die kriminelle Gasse berichtete kurz hier) und damit auch im gleichen Zuge die bisherige Lebensleistung von Günther Butkus, der im Alter von gerade mal 22 Jahren das Fundament für diese Erfolgsgeschichte gelegt hat. Dazu beigetragen hat aber vor allem eine ganz Riege außergewöhnlicher Autoren/innen, in deren Mitte sich inzwischen auch Sandra Brökel einreiht, welcher mit „Das hungrige Krokodil“ ein nachhaltig in Erinnerung bleibendes literarisches Kleinod gelungen ist, das ich persönlich jedoch erst mit einer gewissen Verspätung für mich entdeckt habe.

Grund dafür ist wohl vor allem die Etikettierung als „Familienroman“, was bei jemandem, der in seiner Schulzeit gleich zweimal aufs Schlimmste mit Thomas Manns „Buddenbrooks“ gefoltert wurde, bis heute reflexartig böse Geister weckt – und das obwohl ich diesen deutschen Klassiker sogar inzwischen äußerst wohlwollend betrachte. Fakt ist jedoch: Es ist ein Genre, dem ich eher selten bzw. nur sporadisch Aufmerksamkeit schenke. Brökels Werk wurde diese nun zuteil – zu meinem großen Gewinn, denn „Das hungrige Krokodil“ ist nicht nur aus historischer Sicht äußerst lesenswert, es gibt auch mehr als nur einen Einblick in das Leben hinter dem Eisernen Vorhang, katapultiert uns mitten in eine Epoche, in welcher der Traum vom „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ durch den gewaltsamen Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes am 21. August 1968 zerplatzte. Doch wie kommt die deutsche Schreib- und Trauertherapeutin Sandra Brökel überhaupt auf die Idee, über genau diesen wichtigen Wendepunkt der tschechischen bzw. tschechoslowakischen Geschichte zu schreiben? Wer genau war dieser Pavel Vodák und wie wurde er zum Fixpunkt dieses biographischen Romans?

Die Erklärung dafür ist fast genauso interessant und faszinierend wie die Lektüre selbst, denn es begann tatsächlich alles mit einer alten Arzttasche. Sandra Brökel, als Kind adoptiert, begann im Jahre 2008 intensiv mit einer Suche nach ihren eigenen familiären Wurzeln – und wurde auch fündig. Gleichzeitig hielt sie dabei Ausschau nach fundierter Fachliteratur und stieß dabei auf die wissenschaftlich anerkannte Publikation von eben jenem Pavel Vodák, welche zu diesem Zeitpunkt allerdings nur in tschechischer Sprache vorlag und somit für sie nicht lesbar war. Vodák geriet in Vergessenheit, bis ihr im Januar 2014 ihre Freundin Paula, eine eingedeutschte Tschechin, welche eigentlich Pavla heißt, bei einem Restaurantbesuch von den Erinnerungen an ihre Familie und vor allem von ihrem Vater erzählte. Brökel wurde schnell klar – dabei handelt es sich um niemand geringeren als Pavel Vodák. Ihre Freundin stellte ihr sämtliche Unterlagen, aufbewahrt u.a. in eben jener Arzttasche, zur Verfügung, woraufhin Brökel damit begann, Ordnung in das Durcheinander, es für Pavla in eine gewisse Form zu bringen. Ein Prozess, in deren Verlauf beide irgendwann realisierten – das hat Potenzial für einen Roman. Und man sollte ihn veröffentlichen. Sandra Brökel reiste für die Arbeit daran nach Prag, brachte Zeile für Zeile im Café Slavia auf Papier und kam dabei Pavel Vodák immer näher – so nah, dass es sie laut eigener Aussage an ihre eigenen emotionalen Grenzen brachte. Worte, die man nach Beendigung dieses Buches nicht für eine Sekunde anzweifeln möchte. Doch first things first.

Den Anfang nimmt Vodáks Geschichte zwar im Juni 1970, doch wechseln wir bald zurück in die Zeit seiner Jugend. 1920 als Sohn eines tschechischen Offiziers und einer deutschen Mutter in Budweis geboren, wird er im März des Jahres 1939 Zeuge des Einmarschs der deutschen Wehrmacht, der zu dieser Zeit noch von vielen Menschen der nicht selten deutschstämmigen Bevölkerung durchaus begrüßt, stellenweise sogar begeistert gefeiert wird. Selbst einer von Pavels Lehrern preist den Zusammenschluss der Nationen, lobt die Besatzer als kulturellen Gewinn, handelt es sich doch schließlich um das Volk von Goethe, Lessing und Schiller – das Land der Dichter und Denker. Doch die Soldaten, welche „Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt“-singend durch die Straßen paradieren, zeigen schon recht bald wessen Geistes Kind sie wirklich sind. Als sich im Oktober 1939 mehrere Studenten zu einer friedlichen Demonstration versammeln, wird diese gnadenlos niedergeschlagen, neun der Anführer gar zum Tode verurteilt. Pavel selbst bleibt nur durch Glück verschont, muss aber hilflos mit ansehen, wie ein jüdischer Kommilitone von der Universität ausgeschlossen wird, später ganz verschwindet. Es dauert nicht mehr lange und der Studienbetrieb wird komplett eingestellt.

Für die Tschechoslowakei beginnt eine dunkle Zeit, die sich durch das Wirken von Reinhard Heydrich und die Folgen des Attentats auf ihn noch verdüstert. Erst sechs Jahre später kehrt wieder so etwas wie Frieden ein, als der Krieg endlich zu Ende geht. Nicht jedoch für Pavel, den man als Mediziner in Ausbildung zur Unterstützung nach Theresienstadt schickt, wo er aus erster Hand mit dem kompletten Ausmaß der durch die Nazis begangenen Verbrechen konfrontiert wird und eine langjährige Ablehnung gegen alles Deutsche entwickelt. Die Befreiung durch die Sowjets aber, sie wird nur kurz als solche empfunden. Obwohl er privat sein Glück findet und seine große Liebe Vera heiratet, kommt es auch unter Stalins Sozialismus immer mehr zu Einschränkungen. Der von Moskau ausgehende Uniformismus reglementiert jeden Schritt der Tschechen, zwingt Vera zur Arbeit in der Fabrik und Oppositionelle in den Untergrund. Pavel glaubt weiterhin offen sprechen zu können, bis ihm ein Parteifunktionär eine deutliche letzte Warnung zukommen lässt.

Die Jahre vergehen und die Tschechoslowakei wird für den Freigeist Pavel immer mehr zu einem großen Gefängnis. Erst 1968 scheint sich endlich der Wind zu drehen. Alexander Dubcek, späterer Staatspräsident, regt im Frühling vorsichtig Reformen an und verleiht der Opposition neue Kraft. Pavel, inzwischen ein renommierter und europaweit bekannter Facharzt in der Kinderpsychiatrie, aber auch viele andere Intellektuelle beteiligen sich am „Manifest der 2000 Worte“, das für eine menschlichere Form des Sozialismus wirbt – gehört am Ende aber nicht zu dessen Unterzeichnern. Wie sich später herausstellt, zu seinem Glück, denn der aus dem Manifest resultierende so genannte „Prager Frühling“ wird vom Militär mit Gewalt beendet, alle Beteiligten verhaftet oder – wie Pavel – unter strenge Beobachtung gestellt. Prag, seine Heimat, sie ist endgültig nicht mehr sicher und Pavel trifft eine schwere Entscheidung. Er, der sein Land über alles liebt, muss flüchten, gemeinsam mit seiner gesamten Familie …

Freiheit. So ein kurzes, unscheinbares Wort. Und dann doch vielleicht das Wichtigste im Leben von uns Menschen, wenngleich wohl nur noch die wenigsten ihr diesen Wert beimessen, geschweige denn ihn überhaupt erkennen. Dort wo man sie genießt, wo sie allgegenwärtig ist, dort nimmt man sie bald nicht mehr wahr, nimmt man sie als selbstverständlich. Der Preis, den sie gekostet hat – und der immer noch, wenn auch vielleicht nicht bei uns – dafür gezahlt werden muss, ihn haben viele von uns vergessen. Und werden nun durch Sandra Brökels „Das hungrige Krokodil“ auf eine Art und Weise daran erinnert, für die eine schlichte Analyse nicht ausreicht, ist doch das künstlerische Wie weit weniger ausschlaggebend, als das, was uns zwischen den Zeilen dieses tollen Werks erreicht. Brökels Sprache ist klar, knapp, beinahe spartanisch – in ihr ist kaum künstlerische Ausschmückung zu finden. Sie mäandert nicht, ist zielgerichtet und irgendwie kühl. Fast so, als habe sie etwas von diesem sozialistischen Uniformismus aufgesogen, in dem sich ihre Figuren bewegen. Und doch – gerade deswegen fehlt diese typische Barriere zwischen der Handlung und dem Leser, schreiten wir von Beginn an im Rhythmus von Pavels Schritten durch diesen wirklich einmaligen Roman, der unser Herz immer wieder, nicht selten zur eigenen Überraschung, zu rühren vermag.

Verleger Günther Butkus berichtete mir im persönlichen Gespräch, dass Sandra Brökel bei manchen ihrer Lesungen selbst die Tränen gekommen sind. Und wo ich sonst mit bitterem Geschmack aufgesetzten Kitsch und Inszenierung dahinter vermuten würde, so kann ich das hier äußerst trefflich nachvollziehen. Brökel scheint bei ihrer Aufarbeitung von Pavels Leben, man muss es so sagen, irgendwann fast eins mit ihm geworden zu sein. Anders lässt es sich nicht erklären, wie nahbar uns diese Lektüre macht, wie Bilder vor unseren Augen entstehen, obwohl diese seitens der Autorin doch mit keinem Wort beschrieben worden werden. Wenn sich Pavel durch das Grauen von Theresienstadt bewegt, er in Ungarn jemanden trifft, der ihm zur Ausreise verhilft oder die ärztliche Diagnose vom Zustand seiner Schwiegermutter erhält – dann, ja, dann, ist es schwierig gefasst zu bleiben, nicht zu verstehen, wie es sich angefühlt haben muss, gegen die eigene Auffassung davon, was richtig und falsch ist, handeln zu müssen. Mit der Entscheidung seinem Land den Rücken zu kehren, entscheidet sich Pavel auch für den Verlust – seiner Heimat, seiner Freunde, seiner Arbeit und im schlimmsten Fall auch eines geliebten Menschen. Wir durchleben das dank Brökels vollkommen distanzloser Sprache stets mit, spüren das große Opfer, das zu bringen er gezwungen ist. Wohlgemerkt, dies gilt es zu betonen, ohne dabei das Gefühl zu haben, irgendeiner Form von Rührseligkeit auf den Leim gegangen zu sein.

Ganz im Gegenteil: Selten war eine geschichtliche Reise emotional derart intensiv, hatte ich am Ende zu meinem eigenen Erstaunen so schwer gegen die Tränen anzukämpfen. Vielleicht auch noch unterstützt durch das Wissen, das ein Teil meiner Verwandtschaft ähnliches in der Deutschen Demokratischen Republik durchleben musste. Dabei fand ich das Motiv des „hungrigen Krokodils“ immer wieder äußerst treffend gewählt, das reglos und auf den ersten Blick apathisch sein Opfer mit Argusaugen beobachtet. Nur auf den richtigen Moment der Unachtsamkeit, des sich Sicherfühlens wartend, um dann blitzschnell loszuschlagen und seine Beute ins Verderben zu ziehen. Diese Metapher für den totalitären Staat – sei er nationalsozialistisch oder sowjetkommunistisch – ist mehr als passend und nachvollziehbar, was übrigens meines Erachtens, neben vielen anderen Elementen, diesen Roman auch zu einer hervorragenden Schullektüre macht.

Was bleibt darüber hinaus: Die Erinnerung an so ziemlich fast jede beschriebene Passage, auch noch Wochen nach Beendigung meiner Lektüre. Allein schon das sollte Bände sprechen für den Eindruck, den Sandra Brökels „Das hungrige Krokodil“ hinterlassen hat – ein Buch, das, neben der Geschichte der Tschechen im 20. Jahrhundert, auch viel über uns selbst verrät. Und über die Gefahr, das lauernde Krokodil nicht mehr zu beachten und gewähren zu lassen. Ergo: Große, bereichernde Literatur – nicht mehr, nicht weniger.

Wertung: 93 von 100 Trefferneinschuss2

  • Autor: Sandra Brökel
  • Titel: Das hungrige Krokodil
  • Originaltitel:
  • Übersetzer:
  • Verlag: Pendragon 
  • Erschienen: 02.2018
  • Einband: Broschiertes Taschenbuch
  • Seiten: 320
  • ISBN: 978-3865326089

Mr. Crane – Von Leben, Liebe, Krieg und Tod

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Im September 1914 liegt Leutnant Fischer mit zwei Lungendurchschüssen im Sanatorium Badenweiler. Der Krieg hat ihn verstummen lassen, er kommuniziert über Zeichnungen und Gesten. Schwester Elisabeth kümmert sich um ihn und findet in seinem Gepäck „Die rote Tapferkeitsmedaille“ (ebenfalls erschienen im Pendragon-Verlag), das bekannteste Werk des Autors Stephen Crane. Mit dem Autor, „ihrem“ Mr. Crane, verbindet Elisabeth eine ganz besondere Beziehung. War der Schriftsteller doch selbst 1900 Patient in Badenweiler, im letzten Stadium seiner Tuberkulose-Erkrankung.

Schwester Elisabeth nimmt den Buchfund zum Anlass, sich an eine kurze, aber obsessive Liebe zu erinnern. Sie bezieht Leutnant Fischer und die junge Krankenschwester Victoria in die Erzählung mit ein, eine Art Beichte, die am Ende zu lebensverändernden Konsequenzen führt.

Als Stephen Crane, , charmant, eloquent, aufgeschlossen, schon vom nahenden Tod gezeichnet, mit seiner kleinen Entourage aus Gattin Cora und Nichte Helen in Badenweiler anreist, empfindet Elisabeth dies wie die Ankunft eines Seelenverwandten. Fand sich die von Brandnarben gezeichnete junge Krankenschwester doch in Cranes Erzählung „Monster“ wieder. Crane erwidert Elisabeths Gefühle, eine verwegene, drängende Liebesgeschichte entwickelt sich, misstrauisch beäugt von Cranes eifersüchtiger Nichte und scheinbar unbemerkt von Cora.

Die Begegnungen zwischen den beiden Liebenden sind kurze Fluchten in Gespinste aus Erinnerungen an Cranes Abenteuer und in intensiven wie verzweifeltem Sex, dem Wissen um das nahe Ende des Autors geschuldet. Gleichzeitig ist die gemeinsame Zeit geprägt von den wahnhaften Ängsten Cranes vor einem ominösen Verfolger namens Davis, einem Pressefotografen, der in mehrfacher Hinsicht sein eigener dunkler Schatten ist.

Mr. Crane“ ist ein bestechend durchkomponiertes Buch. Andreas Kollender spielt mit Imaginationen und Imaginiertem, überlässt seinen Leser*innen Raum, die Erzählung Elisabeths und Anekdoten Stephen Cranes mit eigenen Interpretationen zu füllen. „Mr. Crane“ ist die bestrickende Geschichte einer amour fou, ist Abenteuerroman, eine Reflexion über Bedeutung und Wirkung von Literatur und eine Anti-Kriegs-Erzählung, ohne dass der Krieg mit Waffengewalt an die Tore des Sanatoriums in Badenweiler klopft. Andreas Kollender lässt den ersten Weltkrieg in seiner Prägung der involvierten Menschen wirken. So begegnen wir gewissenlosen Fußtruppen, manipulativen Kriegstreibern und in Leutnant Fischer einem traumatisierten Frontsoldaten.

Da „Mr. Crane“ nur 250 Seiten umfasst, arbeitet Kollender mit Skizzen und Andeutungen, was angesichts seiner präzisen wie poetischen Sprache hervorragend funktioniert, inhaltliche Fülle schafft, ohne den Roman zu überladen. Andreas Kollender erweist sich einmal mehr als stilsicherer Autor mit faszinierender Erzählkraft.

Die Lektüre der „roten Tapferkeitsmedaille“ parallel oder im Anschluss bietet sich geradezu an.

Wertung: 88 von 100 Treffern

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  • Autor: Andreas Kollender
  • Titel: Mr. Crane
  • Verlag: Pendragon
  • Erschienen: 09.2020
  • Einband: Hardcover
  • Seiten: 253 Seiten
  • ISBN: 978-3865326850

Krimi. Schwarz. Ohne Zucker!

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Als gebürtiger Bielefelder und Anhänger der DSC Arminia hatte man jahrelang im sportlichen Bereich leider nicht allzu viel Anlass zur Freude oder gar zum Stolz auf seine Heimatstadt. Wie schön, dass es wenigstens der ebenfalls in der Stadt am Teutoburger Wald ansässige Pendragon Verlag schafft, literarisch stets aufs Neue für lichte Momente zu sorgen.

Einer davon ist Frank Göhres Kriminalroman „Der Auserwählte“, der mal wieder nicht nur das gute Gespür der Lektoren dieses Verlags unterstreicht, sondern im symmetrisch angelegten und ästhetischen Blumenbeet der Krimi-Landschaft für einen unerwarteten Farbtupfer sorgt. Die üblichen Maßstäbe für spannende Unterhaltungsliteratur wollen sich, wie schon bei der Kiez-Trilogie, auch hier wieder partout nicht anlegen lassen. Göhre schreibt anders, wählt den Weg von hinten durch die Brust ins Auge und führt den im Laufrad der Routine gefangenen Leser von Beginn an aufs Glatteis und damit auf eine Rutschpartie, bei der er bis zum Ende den Halt zu verlieren glaubt.

Hamburg, Deutschland. Der illegale Einwanderer David steckt in der Klemme. Bei einer Feier hat er seinem vermeintlichen Freund Eloi, Sohn einer reichen Hamburger Unternehmerin, Drogengeld zugesteckt, damit dieser den Betrag durch geschickte Geschäfte vermehren kann. Dazu soll es jedoch nicht mehr kommen. Eloi und David landen stattdessen sturzbesoffen mit verschiedenen Frauen im Bett. Am nächsten Morgen ist Ersterer spurlos verschwunden. Mitsamt der Knete. David, der die unausweichliche Strafe durch seinen Boss „Blacky“ schon vor sich sieht, setzt alles daran, Eloi wieder ausfindig zu machen und staunt nicht schlecht, als er erfahren muss, dass man diesen gekidnappt hat. Seine Entführer fordern fünf Millionen. Und die Zeit tickt beharrlich runter …

Für Bettina, Elois Mutter, bedeutet die Entführung eine Katastrophe, zumal sich die Leiterin eines weltweit tätigen Konsumgüterkonzerns eine solche Ablenkung eigentlich nicht leisten kann. Um keine Zeit und vor allem nicht auch ihr zweites Kind zu verlieren, geht sie auf jede Forderung der Kidnapper ein. Im weiteren Verlauf muss aber selbst sie einsehen, dass es keinen einfachen Weg gibt und die Ereignisse Ausläufer einer Geschichte sind, die vor Jahren ihren Anfang auf der Sonneninsel Gomera genommen hat. Während sie damit beschäftigt ist, die dunklen Geheimnisse der Vergangenheit unter Verschluss zu halten, handelt ihr Mann Klaus auf eigene Faust und beauftragt seinen Jugendfreund, den ehemaligen Polizisten Mike, mit der Suche nach seinem Sohn. Doch der verfolgt noch ganz andere Interessen …

Vorneweg: Wer zu dieser düsteren Jahreszeit Krimis mit Rätselspaß und Butterkeks-Flair vorzieht, es sich gern bei flackerndem Kaminfeuer im Ohrensessel gemütlich macht, der kann gleich die Pfoten von Göhres „Der Auserwählte“ lassen. Sein Roman verweigert sich standhaft den üblichen Korsettstangen des Genres und dem biederen Mief des gängigen deutschen Mainstream-Gefasels. Die Aufklärung des Falls, den man so eigentlich nicht nennen kann, ist nebensächlich. Und auch die Motive, welche letztlich die Figuren so handeln lassen, wie sie handeln, erläutert Göhre nicht näher, erklärt er nicht. Stattdessen schmeißt der Autor den Leser mit wuchtigem Schwung von der Insel Gomera nach Hamburg und zurück, um ihn in kaleidoskopartigen Sequenzen ein paar Eindrücke um die Ohren zu hauen. „Der Auserwählte“ ist damit für uns so greifbar wie das Leben. Nämlich überhaupt nicht.

Göhres Schreibstil ist intuitiv, lebt von den verschiedenen Zeit- und Schauplatzperspektiven, zwischen denen so oft gewechselt wird, das man versucht ist den Marker zu zücken, um mit bunter Umkreisung zumindest ein wenig Ordnung in dieses stilistische Chaos zu bringen. Ganz nach dem Vorbild heutiger Action-Filme frönt Göhre seiner Vorliebe zu schnellen Schnitten und wackeliger „Kamera“-Führung. Das Tempo ist durchgängig hoch. Verschnaufpausen sind Mangelware. Stets werden uns Ausschnitte hingeworfen, die vom Leser nach und nach auf dem geistigen Tisch zum Puzzle sortiert werden, nur um am Ende festzustellen, dass es sich um mehrere Puzzles handelt. Kann so ein Krimi dann überhaupt noch Spaß machen?

Oh ja, er kann, denn Frank Göhre lässt als Jongleur der Worte dennoch immer dieses kleine Türchen offen, das den Zugang erlaubt und lüftet versteckt zwischen den Zeilen den Schleier, der die wahren Hintergründe all der Ereignisse verbirgt. Seine Sprache ist trotz der temporeichen Wechsel klar, kurz und prägnant. Seine Seitenhiebe auf die dreckigen Kellergewölbe der feinen Hamburger Gesellschaft geradezu erschreckend zielsicher. Dealer, Alt-68er, Aufreißer, Nutten und Schlägervisagen. Sektenähnliche Kommunen in denen freier Sex praktiziert wird, sich der Traum von Selbstverwirklichung im Schmelztiegel von Gewalt und Unterdrückung verliert. Wie in David Peaces „Red-Riding-Quartett“ so muss sich auch hier das große Ganze, die Spannung mühsam erkämpft werden. Und wie dort ist dies ein letztlich lohnenswertes Unterfangen. Auch deshalb, weil Göhre die Dramaturgie sich selbst überlässt, anstatt unnötige Cliffhanger einzubauen, welche die Handlung künstlich mit „Aha“-Effekten befeuern.

Bei Frank Göhres „Der Auserwählte“ ist der Weg das Ziel. Wer das frühzeitig erkennt, der wird seinen Spaß mit diesem Buch haben und auch vom Ende nicht enttäuscht sein, das emotionslos und kühl mit einer im Polizeiberichtstil gehaltenen Zusammenfassung der bisherigen Ermittlungen den Schlussstrich unter die Ereignisse zieht. Ein Buch wie ein schwarzer Kaffee. Dunkel, stark, hart und ohne süßenden Zucker. Ein deutscher „Noir“ eben und ein lesenswerter noch dazu.

Wertung: 82 von 100 Treffern

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  • Autor: Frank Göhre
  • Titel: Der Auserwählte
  • Originaltitel: –
  • Übersetzer: –
  • Verlag: Pendragon
  • Erschienen: 07/2010
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 256 Seiten
  • ISBN: 978-3865322029

Einmal vor Unerbittlichem stehen …

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Wer, so wie ich, zu den langjährigen treuen Lesern der Bücher aus dem Hause Pendragon gehört, wird sich vielleicht etwas gewundert haben, als im Herbstprogramm des Jahres 2020 mit Kevin Majors „Caribou“ ein Titel aufgetaucht ist, den man thematisch im Bielefelder Verlagshaus eher nicht verortet hätte.

Zwar sind innerhalb der verlagsinternen Reihe „Geschichte erleben mit Spannung“ bereits einige Werke veröffentlicht worden, welche sich mit der Zeit des Dritten Reichs – und dessen lang geworfenen Schatten – beschäftigen, aber erstens handelt es sich beim hier vorliegenden Roman nicht um einen klassischen Spannungsroman und zweitens konzentriert sich dieser tatsächlich expliziter auf den militärischen Konflikt selbst. Genauer gesagt auf den U-Boot-Krieg im Nordatlantik während des Zweiten Weltkriegs. Das weckte, zumindest bei mir, Erinnerungen an die drastischen und klaustrophobischen Schilderungen von Lothar-Günther Buchheim in „Das Boot“, der vor allem in barrierefreier Nahaufnahme das Leiden des einfachen Marine-Soldaten wohl eindringlicher zur Papier gebracht hat, als jeder Autor vor und nach ihm. Wohlgemerkt ohne dabei mit den hurrapatriotischen Machwerken anderer U-Boot-Fahrer zu fraternisieren. Umso überraschender ist es nun, auf einen kanadischen Autor zu stoßen, der sich desselben Themas angenommen, allerdings – über weite Strecken des Buchs – einen Schauplatz direkt vor seiner Haustür ausgewählt hat.

Caribou“ erzählt die Geschichte der letzten Fahrt des gleichnamigen Dampfschiffs, das, Mitte der 20er Jahre in den Niederlanden gebaut, während des Zweiten Weltkriegs als Fähre in der Cabot-Straße eingesetzt wurde, um sowohl zivile Personen als auch Militärangehörige von North Sydney in Nova Scotia nach Port aux Basques auf Neufundland und zurück zu transportieren. Vor allem nach dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg wurde aus dieser vergleichsweise kurzen Überfahrt mehr und mehr ein riskantes Wagnis, weitete doch die deutsche Kriegsmarine – und hier insbesondere die U-Boote – ihr Einsatzgebiet immer weit bis zur Ostküste Nordamerikas aus, um allein fahrende Schiffe zu versenken oder sich im sogenannten „Wolfsrudel“ auf die großen Konvois zu stürzen, die beständig Nachschub an Material und Soldaten nach Großbritannien überführten. Ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel, für U-Boote wie Schiffe gleichermaßen, zwischen denen sich das Kräfteverhältnis unter anderem durch technische Weiterentwicklungen oder Entschlüsselungen von deutschen Geheimcodes (Stichwort „Enigma“) immer wieder ändern sollte, um in den letzten Jahren des Krieges endgültig auf Seiten der Alliierten Streitkräfte zu kippen.

1942 hatte die deutsche Kriegsmarine nicht nur einen Höchststand an einsatzfähigen deutschen U-Booten erreicht, sondern auch fast so viele Millionen BRT Schiffsraum versenkt, wie zusammengerechnet in den zwei Jahren zuvor. Die US-amerikanische und die kanadische Küstenverteidigung sah sich lange Zeit diesen Angriffen weitestgehend wehrlos ausgesetzt, so dass auch an diesem speziellen Abend des 13. Oktobers nur ein umgebauter Minenräumer der Royal Canadian Navy, die „HMCS Grandmére“, als Begleitschutz für die „Caribou“ zur Verfügung stand. Nur weniger als sechs Stunden nach der Abfahrt wurden die beiden Schiffe von dem deutschen U-Boot U 69 unter dem Kommando von Kapitänleutnant Ulrich Gräf entdeckt, der sich zu diesem Zeitpunkt auf seiner bereits neunten Feindfahrt befand. Aufmerksam wurde die Besatzung aufgrund des großen Rauchausstoßes der „Caribou“. Dennoch hätte Gräf vielleicht sogar von einem Angriff abgesehen, wäre die Fähre in dieser Nacht nicht ohne Beleuchtung gefahren, was sie verdächtig und damit zu einem augenscheinlich legitimen Ziel machte. Der Kaleun, der sie damit als Frachter und Zerstörer identifizierte, schoss um etwa 3:30 Uhr einen Torpedo ab, welcher auf der Steuerbordseite im Maschinenraum einschlug, alle anwesenden Maschinisten sofort tötete und durch die Wucht der Detonation das Schiff fast komplett in zwei Hälften riss. Die zuvor meist schlafenden Passagiere mussten sich im Dunkeln zu den Rettungsbooten auf der Backbordseite kämpfen, die aber voll Wasser liefen und kenterten. Die „Caribou“ begann schnell zu sinken. Wenige Minuten später war die Fähre in den eisigen Tiefen der Cabot-Straße verschwunden.

Die „Grandmére“, welche versuchte, das U-Boot zu rammen und aufzuspüren, musste sich im Anschluss erst davon überzeugen, dass keine Gefahr mehr bestand, um dann die Suche nach Überlenden zu starten. 100 Überlebende, darunter mit einem 15 Monate alten Jungen das einzige Kind, konnten gerettet werden. 137 weitere Menschen kamen bei der Versenkung ums Leben. Es ist das bisher schwerste Schiffsunglück in dieser Region und eine der größten Katastrophen Neufundlands im Zweiten Weltkrieg.

Wer nun die Befürchtung hegt, sich mit dieser Zusammenfassung eine Lektüre sparen zu können, der kann an dieser Stelle beruhigt werden, ist doch das Schicksal der „Caribou“ nur der Aufhänger für Kevin Majors Roman, welcher sich im weiteren Verlauf in erster Linie mit den Folgen dieses Unglücks beschäftigt und dafür augenscheinlich intensiv (und für uns lohnend) Recherche betrieben hat. Neben der Sichtung von Archivmaterialien verarbeitete er auch Zeitzeugenberichte von Überlebenden der „Caribou“ sowie – und dies bildet eigentlich das Rückgrat und Fundament der Erzählung – das offizielle Kriegstagebuch des U-Boot-Kommandanten Ulrich Gräf. Dieser historische Person ist einer der beiden Protagonisten. Bei dem anderen handelt es sich um das fiktive Besatzungsmitglied John Gilbert, der als Steward auf der „Caribou“ dient, bei der Versenkung verletzt wird und im Anschluss in die Navy eintritt, um das Geschehene irgendwie für sich verarbeiten zu können. Wie in einem Spielfilm wechselt Major zwischen ihren beiden Perspektiven und bedient sich dabei eines äußerst nüchternen und fast reportagehaften Stils, der bereits von dem ein oder anderen Leser kritisiert wurde, für mich persönlich aber gerade zu den Stärken dieses Romans zählt.

Kevin Major blickt vollkommen wertneutral auf diesen kriegerischen Konflikt, hält sich eng an belegte historische Fakten aus dem Atlantikkrieg des Winters 1942/1943 und vermeidet zudem jegliche Gewichtung zwischen den beiden Protagonisten. Kurzum: Er schaut auf das Grauen des Krieges an sich, dem zumeist die übliche, oft auch von eigenen Erfahrungen beeinflusste Darstellung von Freund und Feind genauso wenig gerecht werden kann, wie ein mit Theatralik und Dramatik künstlich aufgeladenes Literatur-Machwerk. Majors Sachlichkeit ist ein Segen und gleichzeitig der Ruhepol dieser Erzählung, die uns als Leser gerade deswegen umso stärker berührt, als es jegliche Überzeichnung könnte. Auch weil sich der Autor gerade zu Beginn viel Zeit nimmt, um die einzelnen Charaktere in alle Ruhe einzuführen (ohne dabei die üblichen Klischees zu bedienen!) – selbst auf die Gefahr hin, hier diejenigen zu verlieren, welche bereits dem schicksalshaften Torpedo-Einschlag entgegenfiebern. Doch er legt mehr Wert darauf, die menschlichen Tragödien zu zeichnen, die wichtigen Fragen hinter diesem ganzen Wahnsinn zu stellen. Was hat die Versenkung dieses Schiffes jetzt bezweckt? Welche Einfluss kann ein Mann auf den Kriegsverlauf haben? Was bedeutet schon Mut im Angesicht eines Grauen, das sich nicht abwenden lässt?

Die Art und Weise wie er sich dieser Fragen annimmt, ohne dabei zu relativieren oder Gefahr zu laufen, insbesondere das Schicksal der deutschen U-Boot-Fahrer mit der falschen Gewichtung zu betonen – das zeugt von großer Klasse. Auch weil Major es schafft zu berühren, ohne sich in großen blumigen Ausschweifungen zu ergehen oder emotional mit der Tür ins Haus zu fallen. Nein, ganz nebenbei, Seite für Seite, schleicht sich eine stille Melancholie zwischen die Zeilen, eine unterschwellige Angst – übertragen von den Protagonisten, die sich vor allem fürchten, ihr eigenes Leben zu verlieren und doch im Mühlwerk des Krieges gefangen sind. Selbst wenn Gräf der Front für kurze Zeit den Rücken kehrt und mit seiner großen Liebe Elise wertvolle Zeit verbringt oder seine Eltern in Dresden besucht – dieses Gefühl der Ausweglosigkeit liegt schwer wie Blei über allem. Großartig mit wie wenig Aufwand Major nur durch ein Gespräch am Tisch zwischen Gräf, seinem Vater und seiner Mutter die gesamte Situation an der Heimatfront zusammenfasst – die ständige Furcht, etwas falsches zu sagen, zu tun oder in die falsche Richtung zu schauen. Es ist sein distanzierter und doch einfühlsamer Blick, der unerwartet viel von der Seele aller Beteiligten entblößt. Ihre Wünsche und ihre Hoffnungen, aber zugleich auch das unerträgliche Leid, das alle in mehr oder weniger großen Ausmaß erleiden müssen.

Fernab von jeglichem aufgesetzten Heroismus hat Kevin Major mit „Caribou“ einen Roman vorgelegt, der dem U-Boot-Krieg und vor allem dessen Folgen neue Facetten abgewinnt, dabei aber stets in seinen Blickwinkeln die Balance behält. Dass wir am Ende an Gräfs Schicksal genauso Anteil nehmen, wie an den Opfern des Angriffs auf die „Caribou“ legt Zeugnis über die Fähigkeiten des Autors ab und steht zudem sinnbildlich für den Irrsinn des Kriegsführens.

Komplettiert wird die deutsche Ausgabe des Pendragon-Verlags noch um ein informatives und politisch erstaunlich offensives Nachwort von Christian Adam sowie einige Fotos von u.a. der „Caribou“ und von U69. Auch aufgrund dieser liebevollen Ausstattung bleibt daher zu hoffen, dass dieses tolle Buch möglichst viele Leser findet.

Wertung: 87 von 100 Treffern

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  • Autor: Kevin Major
  • Titel: Caribou
  • Originaltitel: Land Beyond the Sea
  • Übersetzer: Bernd Gockel
  • Verlag: Pendragon
  • Erschienen: 08/2020
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 344 Seiten
  • ISBN: 978-3865326836

Keine Ehre unter Dieben

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„Aufhören, wenn es am schönsten ist“, so sagt der Volksmund. Und gerade im Bezug auf die Kriminalliteratur ist an diesem Sprichwort durchaus etwas dran, gibt es doch genügend Beispiele in der langen Geschichte dieses Genres, welche von Autoren künden, die eben jenen Zeitpunkt verpasst, das Pulver verschossen und ihren Serienhelden/ihre Serienheldin zu Tode geritten haben.

Ob getrieben durch stets aufeinanderfolgende Verträge mit dem Verleger, durch die schlichte Geldnot oder weil das Stammpublikum es nachdrücklich immer wieder fordert – oft bedeuten kommerziell erfolgreiche Krimi-Reihen für manchen Schriftsteller die kreative Sackgasse, aus der dieser gar nicht oder nur mit Mühe wieder herauskommt. Wallace Stroby, so scheint es, hat diese mögliche Gefahr nicht nur elegant umschifft, sondern parallel auch seine Protagonistin, die Berufsganovin Crissa Stone, mit einem ganz ähnlichen Problem konfrontiert. Im vierten Band muss sie in Bezug auf ihre persönliche Vergangenheit eine Entscheidung treffen und sich darüber klar werden, inwieweit sie das gegenwärtige Leben noch nachhaltig erfolgreich – und vor allem unversehrt – weiterführen kann. Oder ob nicht doch der Zeitpunkt gekommen ist, einen Schlussstrich zu ziehen. Eine Entwicklung, welche der Leser mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgt, denn selbst wenn Stroby ein durchaus stimmiger und versöhnlicher Abschluss gelingt, so schleicht sich in diesen Abschied auch ein großes Maß an Wehmut, verlieren wir mit „der Roten“ doch einen der letzten Anti-Helden aus der Tradition von Richard Starks Parker oder Gary Disher Wyatt. Und manchmal verlangt es den Krimi-Freund eben genau nach diesen amoralischen Charakteren, flüstert uns eine verführerische Stimme leise ins Ohr: „Der Teufel will mehr“.

Hin und wieder erliegt auch Crissa Stone diesem Reiz des Bösen, diesem Gefühl von Aufregung und diesem anhaltenden Rausch, wenn ein Coup erst minutiös geplant und dann Schritt für Schritt ausgeführt wird. Und so ist es dann meist weniger das Geld, das sie lockt, als die Herausforderung der Tat an sich, wenngleich sie sich inzwischen eingestehen muss, dass längst nicht mehr alle nach den Regeln spielen und das Gefahrenpotenzial mittlerweile ein weit höheres ist als zum Beginn ihrer kriminellen Karriere. Dennoch zögert sie nur kurz, als der wohlhabende Kunstsammler Emile Cota über einen Kontaktmann mit ihr Verbindung aufnimmt und sie mit einem ganz besonderen Diebstahl beauftragt:

Cota konnte in der Vergangenheit illegal mehrere wertvolle Kunstschätze aus dem Irak erwerben und sieht sich nun von der neu eingesetzten Regierung des Landes – und damit den rechtmäßigen Besitzern – gezwungen, diese zurück in ihr Heimatland zurückzuführen. Der Multimillionär ist not amused. Er denkt gar nicht daran, auf diesen besonderen Teil seiner Sammlung einfach so zu verzichten und plant stattdessen, die Ware auf dem Weg zur Rückführung stehlen zu lassen, um die Versicherungssumme zu kassieren und die Antiquitäten direkt wieder an interessierte Käufer zu veräußern. Crissas Interesse ist geweckt, denn den Truck-Konvoi zu stoppen und inmitten der Einöde der Wüste nahe Las Vegas umzuladen, scheint nicht nur machbar, sondern sollte erfahrungsgemäß relativ lautlos und ohne Waffengewalt vonstatten gehen. Insbesondere letzteres ist der Diebin wichtig, welche Schusswaffen als ein notwendiges Übel erachtet, das aber bei richtigen Profis nicht zum Einsatz kommt. Das birgt wiederum in diesem Fall Konfliktpotenzial, denn ihr Partner bei dieser Unternehmung – der frühere Marine-Infanterist Randall Hicks – übernimmt nicht nur große Teile der Planung, sondern holt mit seinem ehemaligen Kameraden Sandoval auch einen unberechenbaren Heißsporn mit an Bord.

Während Crissa ihrerseits ein Team zusammenstellt, zu dem u.a. der eigentlich bereits im Ruhestand befindliche Fahrer Chance gehört, und gleichzeitig nach und nach die Tatsache akzeptieren muss, dass ihre große Liebe Wayne das Gefängnis wohl so schnell nicht mehr verlassen wird, rückt der Tag des Raubzugs immer näher. Über den zunehmenden Verlust der Kontrolle besorgt, rechnet Crissa insgeheim schon mit einem Scheitern, doch zum besagten Zeitpunkt scheint alles gut zu gehen. Bis plötzlich Schüsse fallen und sich damit eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Gang setzt, in deren weiteren Verlauf sich die Rote einmal mehr ihrer Haut erwehren muss …

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, wenngleich dies eher aus reiner Höflichkeit, denn aus Vorsicht geschieht, denn schon nach wenigen Seiten sollte der geneigte Krimi-Leser bereits erahnen können, welche Richtung dieser Plot einschlagen wird, erfindet Wallace Stroby hier doch das Genre wahrlich nicht neu, sondern bedient sich stattdessen altbekannter logischer Abfolgen des Noir. Natürlich kommt es zum Verrat und zu einem Zerwürfnis der Beteiligten, natürlich will jeder für sich allein mit dem Gewinn in den Sonnenuntergang reiten – und natürlich erweist sich Crissa Stone wieder als äußerst findig, wenn es darum geht, ihren Widersachern nicht zu viel von sich zu verraten. Und doch gewinnt dieses Element der Offensichtlichkeit erstaunlicherweise nicht an übermäßig Gewicht, denn Stroby gelingt es scheinbar mühelos, den Spannungsbogen hochzuhalten, was vor allem daran liegt, dass Crissa in „Der Teufel will mehr“ letztendlich mehr um ihr eigenes Leben, als um die Beute kämpft. Der für sie ungewohnte Kontrollverlust macht sie, trotz ihrer Erfahrung, zu einer Gejagten, die lange nur reagieren kann und fast hilflos beobachten muss, wie langjährige Konstanten ihres Lebens und ihrer Profession nun in Gefahr geraten.

Vermeintlich feste Stützen, wie der Auftragsvermittler Sladden brechen jetzt auf einmal weg und entblößen das fragile Fundament, auf dem sich Crissa Stone seit der Festnahme von Wayne ihr Leben aufgebaut hat. Und derart aus dem Gleichgewicht gebracht, braucht es eine gewisse Zeit, bis sie die Zügel wieder in die Hand nehmen kann, was den Leser, der sich vom hohen Tempo mitreißen lässt, auf der anderen Seite allerdings entgegenkommt, und der – derart in Beschlag genommen – nur sporadisch registriert, mit welch heißer Nadel die Handlung mitunter gestrickt wurde. Stroby vermag es erneut exzellent, die übersichtliche Menge der genreüblichen Werkzeuge so einzusetzen, dass wir ganz in diesem düsteren Katz-und-Maus-Spiel aufgehen und von der stets fast greifbaren Suspense durch das Buch gezogen werden. Die hohe Kunst, das Gefahrenmoment auch für die Serienfigur wirksam werden, uns um sie bangen zu lassen – er meistert sie scheinbar mühelos. Und das verleiht der Geschichte einen unheimlichen Drive, dem man sich schwer entziehen kann – und vor allem gar nicht entziehen will.

Crissa Stone derart am Scheideweg zu erleben, derart in ihrer Existenz bedroht zu sehen – das reicht schlicht und ergreifend einfach, um für 320 Seiten die Wirklichkeit außerhalb der Buchdeckel auszublenden und der eigenen Fantasie im Kopf den Rest der „Arbeit“ übernehmen zu lassen. Mehr noch: Dieses vorgezogene Requiem auf eine Verbrecherin geht uns trotz aller Simplizität wieder gehörig unter die Haut, wirkt nach – und hinterlässt uns durchgehend zufrieden und in dem Gefühl, was Besonderes in den Fingern gehalten zu haben.

Kommt also das Beste wie immer zum Schluss? Wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, muss ich diese Frage mit Nein beantworten, ist der Plot dafür doch viel zu geradlinig und durchsichtig, bedient sich Stroby im letzten Halali von Crissa Stone ein bisschen zu oft bereits bekannter Elemente und Gesetzmäßigkeiten. Allein – es kann den Gesamteindruck einmal mehr kaum trüben, denn auch der finale Auftritt liest sich wieder wie aus einem Guss, überzeugt durch äußerst elegante und stilistisch manchmal fast grazile Sicherheit, die selbst der Routine einen Glanz abringt, welcher einem Großteil der Konkurrenz verborgen bleibt. Wie schon ein Robert B. Parker vor ihm, so hat auch Stroby die Kunst auf kleinstem Raum gemeistert und trotzt einer doch schon so oft erzählten Geschichte auch dank der pointierten Dialoge neue faszinierende Facetten ab. Ein schönes, ein gutes Ende. Oder um es mit Bogarts Worten und vielleicht auch etwas Hoffnung in der Stimme zu sagen:

„Uns bleibt immer noch Paris.“

Wertung: 90 von 100 Treffern

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  • Autor: Wallace Stroby
  • Titel: Der Teufel will mehr
  • Originaltitel: The Devil’s Share
  • Übersetzer: Alf Mayer
  • Verlag: Pendragon
  • Erschienen: 02.2019
  • Einband: Klappenbroschur
  • Seiten: 320 Seiten
  • ISBN: 978-3865326461

Liebe und Tod in syphilitischen Zeiten

© Pendragon

Zwei Jahre nach „Der weiße Affe“ ermittelt Kommissar Ariel Spiro wieder im Berlin der Zwanziger Jahre.  „Golden“ und „Tanz auf dem Vulkan“ lassen wir mal weg. Berlin ist ein Schmelztiegel, in dem unterschiedliche Individuen und Gruppierungen aufeinandertreffen. Folgerichtig ist Ariel Spiros Ermittlung bezüglich des Mordes an zwei namenlosen Russen nur Teil eines größeren Kaleidoskops, in dem sich viele Erzählstimmen mischen. 

Kerstin Ehmer stellt den meist nicht sehr langen Kapiteln Namen voran, damit die geneigte Leserschaft weiß, wer und wessen Geschichte gerade erzählt wird. Am Anfang steht Anton, Sohn von Helene und Herrmann  Kraftschik, die ebenfalls eigene Kapitel bekommen werden. Doch zunächst steht Anton im Mittelpunkt, der Sohn überzeugter Sozialdemokraten, der sich aber eher den Anarchisten zugehörig fühlt. Das wird ihm zum Verhängnis, denn er wird zusammengeschlagen, entführt und brutal gefesselt, da man ich für einen Verräter der anarchistischen Sacher hält, der Mitstreiter rücksichtslos verrät. Ausgerechnet der freundliche Sonnenschein Anton Kraftschick, dessen einziger  Fehler es ist, mit paranoiden russischen Exilanten Anarchie spielen zu wollen.

Pikantes Detail am Rande: Anton ist mit Nike Fromm liiert, der jüdischen Tochter aus gutem Hause, in die sich Ariel Spiro zuvor verliebte, und der er jetzt nachtrauert. Dank Antons Verschwinden wird Nike wieder Kontakt zu ihm aufnehmen, was Ariel eher verwirrt als erfreut. Mittlerweile studiert Nike Medizin und kommt so unweigerlich in Kontakt mit einer schwarzen Fee, die nicht nur Berlin heimsucht: Syphilis wütet und Ehmer schildert die Auswirkungen der Krankheit recht detailliert.

Nach Anton ist Fred „der Spargel“ an der Reihe, ein Berliner Junge direkt aus Zilles Milljöh, der keine Mühen scheut, die Belastungsgrenzen seines Körpers auszutesten. Dank Ariel läuft es vorerst glimpflich ab, später wird Fred im in Ariels Ermittlung eine Rolle spielen.

So geht es weiter, zentrale Rollen nehmen noch Antons Mutter Helene und ihre Mitstreiter ein, die dessen Entführer am anderen Ende des politischen Spektrums, bei den Nationalsozialisten, vermuten. Eine prägnante Rolle spielt auch Kommissar Bludau, den Ariel verachtet, dem er aber wegen einer kleinen Misslichkeit verpflichtet ist.  Ihr Verhältnis bessert sich auch nicht, als Ariel während seiner Ermittlungen die russische Lehrerin Polina ins Visier nimmt, die der schmierige Bludau zu seiner Auserwählten gekürt hat. Könnte sein, dass er in Gewässern fischt, die zu tief und gefährlich für ihn sind.

Kerstin Ehmer beackert ein ähnliches Feld wie Volker Kutscher mit seinen Gereon Rath-Romanen, doch ist das Gebiet groß genug, um mehr als einen Autoren zu beherbergen. Zudem Ehmer stilistisch von ganz eigener Güte ist. Die geschliffen-poetische Sprache des Romans wird leider von ein paar kleinen Nachlässigkeiten beim Lektorat und dem gelegentlichen Hang der Autorin zum Dozieren an unpassenden Stellen getrübt. Aber das ist verschmerzbar.

Ariel Spiros Ermittlung ist nur ein kleiner Teil in einem Wust von Geschehnissen. Die Aufklärung der Morde rückt erst zum Ende des Romans in den Mittelpunkt und wird schnörkellos, ein wenig überhastet, abgehakt. Andere Straftaten wiederum bleiben – außer für den Leser – unaufgeklärt. Der unnatürliche Tod eines Blockwarts und die Beseitigung seiner Leiche sorgen für makabre und sarkastisch-witzige Momente. Das kriminelle Geschehen verblasst angesichts des beflissen recherchierten Stadt- und Zeitportraits, Verweise auf die Gegenwart inbegriffen. Die Nationalsozialisten beherrschen die Szenerie zwar noch nicht, durchforsten sie aber bereits mit stumpfer Gewalt. Sozialdemokraten, Kommunisten und Anarchisten liefern sich unerquickliche Grabenkämpfe, in den Salons feiern geflüchtete russische Aristokraten, mit Dünkel aber ohne finanzielle Rücklagen, ihren eigenen Untergang. Mehrere hunderttausend Flüchtlinge bevölkern die Stadt, darunter solche, die ein baldiges Ende der „Bolschewiken“ herbeisehnen. Unterwandert werden sie von Infiltratoren, die die russische Revolution und ihre Folgen schützen und vorantreiben wollen. Dabei wenig zimperlich vorgehen.

Noch darf sich die Jüdin Nike sicher fühlen, ihren Wohlstand genießen und als angehende Ärztin auf eine Zukunft hoffen. Von der wir bereits wissen, dass sie nicht stattfinden wird.

Obwohl das Sujet nicht sonderlich originell ist, gelingen Kerstin Ehmer eindrückliche Schilderungen vom Leben in  einer Stadt, die geprägt ist von der Diskrepanz zwischen Armut, Wohlstand und Dekadenz. Selbst in der Kunst – der Ausflug in die Kulturszene scheint obligatorisch – nicht voller unbeschwertem Vergnügen, sondern mit der Angst im Nacken, dass Vergänglichkeit und negative Veränderungen dem lebendigen Spuk bald ein unerfreuliches Ende bereiten werden.

Die schwarze Fee“ ist ein Art literarisches Diorama, das aus seiner verschachtelten Erzählweise und den stimmigen Charakteren einiges an Unterhaltsamkeit und intellektueller Positionierung bezieht. Die Kriminalhandlung wird arg beiläufig, aber plausibel, durchdekliniert. Eine stimmungsvolle Zeitreise, die man mit (gesellschaftspolitischen) Vergleichen zur Gegenwart  allerdings nicht überfrachten sollte

Wertung: 80 von 100 Treffern

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  • Autor: Kerstin Ehmer
  • Titel: Die schwarze Fee
  • Verlag: Pendragon
  • Erschienen: 08.2019
  • Einband: Broschiertes Taschenbuch
  • Seiten: 397 Seiten
  • ISBN: 978-3865326560

+++ Vorschau-Ticker „Crime“ – Winter 2019/Frühjahr 2020 – Teil 3 +++

Aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Und auch wenn der vorliegende Ticker keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt (eventuell entdecke ich den ein oder anderen Titel erst etwas später), so sollte ich doch nun einen Großteil der – in meinen Augen – verheißungsvollsten Krimis eingefangen haben. Die Chance, dass dabei möglichst viele der aufgeführten Bücher in meinem Regal landen werden, sind zudem recht hoch, denn bei Verlagen wie Pendragon, Ariadne oder Unionsverlag ist man eigentlich grundsätzlich immer auf der sicheren Seite.

Damit ohne weiteres Blabla zu meiner Auswahl. Wie immer freue ich mich auf eure Einschätzung der Liste. Wo schlägt euer Krimi-Herz höher? Und welche Titel habe ich bis jetzt vergessen (Immer gerne her mit den Tipps!)?

  • Giancarlo de Cataldo – Der Agent des Chaos
    • Hardcover, September 2019, Folio Verlag, 978-3852567686, 256 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Nach seiner (auch verfilmten) Mafia-Tetralogie und weiteren im Umfeld des organisierten Verbrechens (u.a. Suburra) angesiedelten Romanen, lässt Der Agent des Chaos mal wieder erfrischende Abwechslung erwarten. 60er Jahre, Woodstock, Auflehnung und Rebellion der Jugend. Und ein Agent Provocateur einer mysteriösen Organisation, welcher die Bewegung im Keim ersticken will. Dazu Sex, Rock ‚N Roll und Drogen. Könnte was werden und macht mich definitiv neugierig.
  • Chris Brookmyre – Dunkle Freunde
    • Taschenbuch, November 2019, Rowohlt Verlag, 978-3499274923, 480 Seiten, 13,00 €
    • Crimealley-Prognose: So regelmäßig wie die Bücher von Chris Brookmyre in Deutschland auf den Markt geworfen werden, so regelmäßig ignoriere ich sie seit Jahren auch. Und langsam stellt sich die Frage: Wieso eigentlich? Immerhin spielt auch Dunkle Freunde wieder mal im von mir geliebten Schottland und auch Protagonist Parlabane ist in Großbritannien längst eine feste Größe. Die Story um eine IT-Rebellin und eine Gruppe Hacker tönt zudem nicht unspannend. Vielleicht sollte ich mir daher endlich einen Ruck geben.
  • Jane Harper – Zu Staub
    • Broschiertes Taschenbuch, Juli 2019, Rowohlt Verlag, 978-3499000980, 384 Seiten, 16,00 €
    • Crimealley-Prognose: Nachdem der zweite Band der Aaron-Falk-Reihe ja doch mitunter zwiespältig aufgenommen wurde (ich habe ihn natürlich noch nicht gelesen), könnte Zu Staub jetzt die Tendenz festlegen, wo die Reise (qualitativ) in Zukunft hingeht. Mir gefällt Harpers trockene, harte und vor allem schnörkellose Sprache, welche die Einsamkeit des kochheißen Outbacks immer plastisch zum Leben erweckt. Ergo: Der dritte Falk wird sicher auch bei mir einziehen.
  • James Lee Burke – Mein Name ist Robicheaux
    • Broschiertes Taschenbuch, Oktober 2019, Pendragon Verlag, 978-3865326584, 464 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Auf der Liste der am heißesten erwarteten Krimi-Titel rangiert dieser ganz weit oben! Mit Mein Name ist Robicheaux bringt der Pendragon Verlag endlich wieder einen bis dato noch unübersetzten Band aus der Reihe um den gleichnamigen Ermittler. Für den absolut unfassbaren Fall, dass also jemand immer noch kein Buch von Großmeister Burke gelesen hat, hier nochmal der dringende Hinweis, dies jetzt unbedingt nachzuholen. Als Bonus gibt es zudem noch die Kurzgeschichte The Wild Side of Life oben drauf. Absoluter Muss-Kauf!
  • Kerstin Ehmer – Die schwarze Fee
    • Broschiertes Taschenbuch, August 2019, Pendragon Verlag, 978-3865326560, 376 Seiten, 18,00 €
    • Crimealley-Prognose: Sie war für mich eine DER Pendragon-Neuentdeckungen der letzten Jahre und hat dennoch meines Erachtens viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Der kleine Verlag aus Bielefeld bräuchte mal wieder einen Verkaufsschlager wie Borrmann. Ehmer hat dafür jegliches Format. Ich kann nur hoffen, dass ihrem zweiten Roman um Kommissar Spiro – an den ich ähnlich hohe Erwartungen habe – mehr Beachtung zuteil wird. Sowohl vom Feuilleton als auch von den Lesern.  An mir soll es jedenfalls nicht scheitern.
  • Chris Hammer – Outback – Fünf tödliche Schüsse
    • Broschiertes Taschenbuch, Juli 2019, Scherz Verlag, 978-3651025721, 496 Seiten, 14,99 €
    • Crimealley-Prognose: Nun ja, die britische und amerikanische Presse überschlägt sich auch bei diesem Thriller mit Superlativen. Und der Scherz Verlag tut das Seinige dazu, um ihn möglichst werbewirksam in Szene zu setzen. Das muss nichts heißen, stößt mir aber immer etwas bitter auf, wenngleich es am Ende wohl Erfolg zeitigen und das Buch Teil meines Regals werden wird. Auch weil die Story irgendwie nach einem Hackberry Holland im Outback klingt und einem nicht oft ein mehrfach mordender Pfarrer begegnet.
  • Gary Disher – Kaltes Licht
    • Hardcover, Juli 2019, Unionsverlag, 978-3293005501, 320 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Weniger Gedanken muss ich mir bei einem weiteren australischen Vertreter machen (Down Under nimmt in diesem Ticker irgendwie viel Platz ein). Gary Disher ist schon lange eine feste, verlässliche Größe. In Kaltes Licht wartet auf den Cold-Cases-Ermittler Alan Auhl eine im Garten vergrabene Leiche, an die sich so gar keiner der mürrischen Bewohner erinnern kann (oder will). Hört sich ein bisschen an wie Rebus in Australien. Und ähnlich wie Rankin, so hat mich auch Disher nie enttäuscht. Umso schöner, dass auch Pulp Master zwe weitere Titel des Autors in der Pipeline hat. Aber dazu mehr an anderer Stelle.
  • Denise Mina – Klare Sache
    • Hardcover, August 2019, Argument/Ariadne Verlag, 978-3867542425, 372 Seiten, 21,00 €
    • Crimealley-Prognose: Denise Mina und Ariadne. Da kommt endlich zusammen, was zusammengehört, denn auch wenn Heyne ja durchaus aktiv für die schottische Autorin geworben hat, irgendwie wollte sie für mich nicht recht in das Programm hineinpassen. Zumal der Klappentext oftmals eine Art Lektüre versprach, welche mit dem Inhalt wenig zu tun hatte, denn Mina steht eben nicht für den gehetzten Vollgas-Thriller, sondern – und das gibt die diesmalige (äußerst verlockende) Beschreibung von Klare Sache treffend wieder – für komplexe, tiefgründige Kriminalliteratur. Muss-Kauf.
  • Tawni O’Dell – Wenn Engel brennen
    • Hardcover, Juli 2019, Argument/Ariadne Verlag, 978-3867542395, 320 Seiten, 21,00 €
    • Crimealley-Prognose: Geisterstädte im ländlichen Pennsylvania. Verwüstete Landstriche. Rednecks. Milieu-Noir. Genug Schlagworte im Klappentext, um die mir bis dato unbekannte Autorin O’Dell nicht nur auf den Merkzettel zu packen, sondern da auch nach ganz weit oben zu schieben. Das könnte – das gute Näschen für außergewöhnliche Literatur von Ariadne im Hinterkopf – ein echter Kracher werden.
  • Dan Kavanagh – Duffy
    • Broschiertes Taschenbuch, August 2019, Kampa Verlag, 978-3311125013,  240 Seiten, 16,90 €
    • Crimealley-Prognose: Die Duffy-Reihe um den gleichnamigen Londoner Private-Eye (in der Tradition von Spade und Marlowe) hatte ich in der Vergangenheit immer mal auf dem Schirm und dann doch wieder Abstand von ihr genommen, da es sich bei Dan Kavanagh um das Pseudonym von Julian Barnes handelt. Und dessen belletristische Werke und ich – nun wir werden wohl in diesem Leben keine Freunde mehr. Aber vielleicht liegen mir seine Krimis ja mehr. Die Wiederentdeckung durch Kampa werde ich daher als Anlass nehmen, Barnes eine weitere, letzte Chance zu geben.
  • Georges Simenon – Die Fantome des Hutmachers
    • Hardcover, August 2019, Kampa Verlag, 978-3311134206, 272 Seiten, 22,90 €
    • Crimealley-Prognose: Auch bei Kampa erscheint diese Neuauflage des früher bei Diogenes veröffentlichten Simenon-Titels. Ein Autor, dessen Maigret-Romane ich sehr schätze und der dennoch zu Lebzeiten zu fleißig war, um überhaupt nur einen geringen Teil seines Werks überhaupt lesen zu können. Der Plot um einen mordenden Hutmacher, der wiederholt in den verregneten Nächten von La Rochelle auf Jagd geht  – was allein sein Nachbar ahnt – lässt aber ein intensives Katz-und-Maus-Spiel erwarten. Hach, und dieses Cover. Ist so gut wie gekauft.
  • Ngaio Marsh – Das Todesspiel
    • Taschenbuch, Oktober 2019, Bastei Lübbe Verlag, 978-3404178919, 240 Seiten, 10,00 €
    • Crimealley-Prognose: Nach mehr als dreißig Jahren feiert auch Ngaio Marshs Inspector Roderick Alleyn sein Comeback auf dem deutschen Buchmarkt. Und die Tatsache, dass Lübbe die Wiederentdeckung mit dem ersten Band der Reihe beginnt, lässt hoffen, dass ich meine alten, in Ehren gehaltenen Goldmann-Ausgaben in Zukunft nach und nach austauschen kann. Für alle die Marsh noch nicht kennen: Die Neuseeländerin gehörte neben Autorinnen wie Agatha Christie, Dorothy L. Sayers und Margery Allingham zu den ganz Großen des Golden Age des Kriminalromans. Und zu denjenigen, die sich, zumindest zu Beginn ihrer Schriftsteller-Karriere, strikt an die Regeln der klassischen Detektivgeschichte hielten. Jedem Freund des Whodunits kann ich daher den Kauf des Buchs nur ans Herz legen.
  • JB Lawless – Tod in der Bibliothek
    • Taschenbuch, Oktober 2019, Kiepenheuer & Witsch Verlag, 978-3462052480, 208 Seiten, 10,00 €
    • Crimealley-Prognose: JB Lawless ist das Pseudonym eines bekannten Autors, über dessen (vermeintlich deutsche?) Identität man Stand jetzt aber nur spekulieren kann. Tod in der Bibliothek dürfte jedenfalls die gleiche Klientel wie Marsh ansprechen, denn klassischer könnte dieser Rätselkrimi kaum daherkommen. Ein eingeschneites Herrenhaus in Irland. Eine illustre Gesellschaft. Ein toter Pfarrer in der Bibliothek. Ergo: Locked-Room-Mystery für eine gemütliche Ohrensessel-Lektüre in der kalten Jahreszeit. Und da ich so etwas zwischendurch immer wieder gerne lese, wird das Buch wohl auch in meine Bibliothek wandern.
  • Matthew Horace mit Ron Harris – Schwarz Blau Blut
    • Broschiertes Taschenbuch, Oktober 2019, Suhrkamp Verlag, 978-3518470152, 270 Seiten, 15,95 €
    • Crimealley-Prognose: Am Ende nochmal ein Titel aus der Ecke True-Crime. Dieser Bericht eines Cops über Rassismus und Polizeigewalt in den USA setzt sich mit einem hochaktuellen Thema auseinander und versucht die Ursache für den all den Hass innerhalb der amerikanischen Gesellschaft zu ergründen. Ein Buch direkt von der Front, von dem ich mir wenig Verklärung, dafür aber mehr Erklärung erwarte, wieso es in den Vereinigten Staaten unter Trump immer öfter zu Toten bei Festnahmen kommt. Oder besser gesagt zu schlichtem, von der Justiz legitimiertem Mord.

 

+++ Vorschau-Ticker „Crime“ – Winter 2018/Frühjahr 2019 – Teil 4 +++

Bevor demnächst schon die Verlagsvorschauen für die Zeit ab Herbst diesen Jahres online gehen, platziere ich hier nochmal ganz schnell hechelnd und außer Atem ein (ungiftiges) Roundup gegen unkrautartige Mainstream-Literatur. Wie schon im vorherigen Ticker, so liegen auch viele Titel dieser Liste schon längst in den Buchhandlungen aus, so dass der „News“-Wert meiner Auswahl zwar gegen null tendiert, aber vielleicht doch noch jemand da draußen zum Kauf animiert werden kann. Und wer weiß, eventuell ist gar manches Buch vorher komplett unter dem Radar geflogen.

Der ein oder andere wird möglicherweise nach dem neuen McKinty oder den angekündigten Pulp-Master-Titeln von Ted Lewis und Les Edgerton suchen. Ersteren habe ich bewusst außen vorgelassen, da ich, trotzdem ich den Autor äußerst schätze, der behandelten Thematik von The Chain einfach überdrüssig bin. Frank Nowatzkis neue Highlights (Der Lewis‘ Titel ward allerdings bereits schon mal im Rahmen von Lübbes „Schwarzer Reihe“ erschienen) werden, meiner Erfahrung nach, nicht mehr dieses Jahr das Licht der Welt erblicken.

So, und damit zu den von mir favorisierten Büchern. Was spricht euch an? Was habe ich vergessen?

  • Attica Locke – Bluebird, Bluebird
    • Hardcover, Februar 2019, Polar Verlag, 978-3945133712, 280 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Krimi-Bestenliste Platz 1., Edgar Award 2018, Ian Fleming Steel Dagger 2018. Und dann diese Geschichte um einen afroamerikanischen Texas-Ranger, der im Milieu von Drogenhandel und Aryan Brotherhood ermittelt. Attica Lockes moderne Version von Virgil Tibbs kann und darf ich mir gar nicht entgehen lassen. Auf dieses Buch freue ich mich richtig!
  • David Joy – Wo alle Lichter enden
    • Hardcover, März 2019, Polar Verlag, 978-3945133798, 300 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Im Schatten von Bluebird, Bluebird kommt mir dieser Polar-Titel irgendwie ein bisschen zu kurz, thematisiert doch auch Joy den abgehängten Teil der amerikanischen Gesellschaft. Aus aktuellem Anlass fühle ich mich bei der Kurzbeschreibung um das väterliche Crystal-Meth-Geschäft in North Carolina an die Serie Justified erinnert. Ob es Jacob Neely es wie Raylan Gives schafft, nicht in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und der kriminellen Tretmühle zu entkommen, möchte ich unbedingt nachlesen.
  • John Steele – Ravenhill
    • Hardcover, Mai 2019, Polar Verlag, 978-3945133774, 448 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Spätestens ab dem dritten Polar-Titel wird mir einmal mehr klar, was für ein Geschenk Wolfgang Franßens Verlag für die hiesige Krimi-Landschaft darstellt. Auch dank McKinty ist mein Interesse an dem Nordirland-Konflikt (der ja durch einen Brexit durchaus wieder aufflammen könnte) noch angewachsen und ich freue mich über jegliche Art von Spannungsliteratur, die sich dieses Themas annimmt. Ravenhill tönt äußerst vielversprechend und wird natürlich auch gekauft.
  • Estelle Surbranche – Nimm mich mit ins Paradies
    • Hardcover, Juni 2019, Polar Verlag, 978-3945133750, 350 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Mit Nimm micht mit ins Paradies macht der Polar Verlag schließlich das Quartett voll, denn auch der vierte Titel des Halbjahresprogramms wird mit Sicherheit in meinem Regal landen. Und das obwohl wir es hier wieder mit einer Art „Serienmörder“ zu tun haben. Aber bei Surbranche stehen die Chancen ziemlich gut, dass das alles andere als gewohnte Kost werden wird.
  • James Sallis – Willnot
    • Hardcover, Februar 2019, Liebeskind Verlag, 978-3954381029, 224 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Ich bin ein bisschen irritiert über die bisherigen Besprechungen, denn in das ganz große Lobeshorn scheint noch keiner blasen zu wollen. Kaum vorstellbar, war für mich Sallis eigentlich immer eine sichere Bank. Nur wenige beherrschen das große Spiel auf so kleinem Raum so perfekt wie er. Da ich lange auf Nachschub aus seiner Feder gewartet habe und er ja schließlich auch noch bei Liebeskind erscheint – natürlich gekauft.
  • James M. Cain – Mildred Pierce
    • Hardcover, Februar 2019, Arche Verlag, 978-3716027745, 416 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Nach Wenn der Postmann zweimal klingelt erscheint in relativer kurzer Zeit schon die nächste Wiederauflage eines Cain-Klassikers. Und ich würde (trotz größerer Bekanntheit des erstgenannten) fast behaupten, DEM Cain-Klassiker, hat doch die Figur Mildred Pierce zum damaligen Zeitpunkt das bis dato vorherrschende Frauenbild gleich um eine Vielzahl von interessanten (und dringend überfälligen!) Facetten erweitert. Eine heiß erwartete Wiederentdeckung, auch weil meine alte Goldmann-Ausgabe langsam in ihre Bestandteile zerfällt.
  • James Lee Burke – Sumpffieber
    • Broschiertes Taschenbuch, April 2019, Pendragon Verlag, 978-3865326454, 464 Seiten, 18,00 €
    • Crimealley-Prognose: Eigentlich möchte ich an dieser Stelle diese zwei folgenden Titel gar nicht mehr erwähnen müssen, bedeutet es doch, dass manch einer immer noch keinen James Lee Burke gelesen hat oder diesen, noch schlimmer, gar nicht kennt. Inwieweit Pendragons Wirken an Burkes Gesamtwerk sich finanziell rentiert, kann ich nur vermuten, aber da ich mir über Jahre im Kriminalbereich nichts mehr als die Rückkehr von Robicheaux herbeigesehnt habe, wird jede weitere Veröffentlichung entsprechend heiß erwartet und unterstützt. Zwar handelt es sich bei Sumpffieber und Nacht über dem Bayou, „nur“ um Neuauflagen. Das sollte aber keinen Liebhaber literarischer Feinkost im Spannungsgewand vom Kauf abhalten.
  • James Lee Burke – Nacht über dem Bayou
    • Broschiertes Taschenbuch, Januar 2019, Pendragon Verlag, 978-3865326454, 456 Seiten, 18,00 €
    • Crimealley-Prognose: Hier gilt dasselbe wie für Sumpffieber. Kaufen und Lesen!
  • Alan Parks – Tod im Februar
    • Broschiertes Taschenbuch, Oktober 2019, Heyne Hardcore Verlag, 978-3453271982, 400 Seiten, 16,00 €
    • Crimealley-Prognose: Glasgow in den 70ern, Übersetzung von Conny Lösch, verlegt bei Heyne Hardcore, Band zwei der Reihe um Harry McCoy. Nuff‘ said.
  • Ross Thomas – Der Fall in Singapur
    • Broschiertes Taschenbuch, Mai 2019, Alexander Verlag, 978-3895814990, 250 Seiten, 16,00 €
    • Crimealley-Prognose: Thomas‘ einziger Mafia-Roman wird, wie alle anderen Titel der schmucken Alexander-Edition, natürlich ebenfalls von mir gekauft. Trotz des nun schon jahrelangen Wirken des Verlags ist der Autor zwar immer noch für viele ein weitgehend Unbekannter, aber wie sagt man so schön: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Oder in diesem Fall ERbricht, denn vielleicht hängt ja dem ein oder anderen irgendwann doch die Fast-Food-Literatur aus dem Hals raus und gibt dann diesem Meister der politischen Spannung endlich die langverdiente Chance.
  • Jürgen Heimbach – Die Rote Hand
    • Hardcover, Februar 2019, weissbooks Verlag, 978-3863371777, 330 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Frankfurt in den 50er Jahren, Jazz und dunkle Straßen. Ein Hauch Noir. Dieser Titel wäre mir fast durch die Lappen gegangen, aber gottseidank nur fast, denn Heimbach, den mancher eventuell durch seine bei Pendragon erschienene Trilogie kennt, ist ein weiterer Vertreter der Sparte „höchstbegabt, aber schmählich vernachlässigt“. Ein Buch – und auch ein Verlag – dem ich möglichst viel Leser und positives Feedback wünsche.
  • Graham Moore – Der Mann, der Sherlock Holmes tötete
    • Hardcover, Februar 2019, Eichborn Verlag, 978-3847900382, 480 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Es ist weniger die Kurzbeschreibung, die mich hier triggert, sondern naturelement der größte Detektiv aller Zeiten, Sherlock Holmes, sowie dessen Schöpfer Arthur Conan Doyle. Ich erwarte mir bei Der Mann, der Sherlock Holmes tötete keine Neuerfindung des hakennasigen Schnüfflers mit der Bruyère-Pfeife, möchte meine Sammlung aus Pastichés aber gerne weiter vervollständigen.
  • Don Winslow – Jahre des Jägers
    • Hardcover, Februar 2019, Droemer Verlag, 978-3426282199, 992 Seiten, 26,00 €
    • Crimealley-Prognose: Der voraussichtliche Abschluss der Kartell-Saga, von der ich weiterhin bisher nur Tage der Toten gelesen habe, erinnert mich daran, mich endlich mal wieder dem Herrn Winslow zu widmen. Ungeachtet seiner qualitativen Ups and Downs der letzten Jahre. An diesem Buch kommen wohl die meisten nur schwer vorbei.
  • Christof Weigold – Der blutrote Teppich
    • Broschiertes Taschenbuch, April 2019, Kiepenheuer & Witsch Verlag, 978-3462051414, 640 Seiten, 16,00 €
    • Crimealley-Prognose: Auch wenn es mir etwas auf den Senkel geht, dass man schon bei Band zwei wieder das Format ändert. Weigolds nächster Ausflug ins Hollywood der 20er – und damit ins Seeting des großen Raymond Chandler – wird ebenfalls heiß erwartet. Femme Fatale, Noir – verflucht, da kann ich dann auch einfach nicht anders.
  • Nico Walker – Cherry
    • Hardcover, April 2019, Heyne Hardcore Verlag, 978-3453271975, 384 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Ob Cherry die Kirsche auf der Sahne des Heyne Hardcore Programms für dieses Halbjahr sein wird, dies bleibt abzuwarten. Die Geschichte um den traumatisierten Irak-Heimkehrer, der aufgrund einer Drogensucht in die Welt des Verbrechens abdriftet – sie ist zwar keine neue, bietet aber viel Potenzial in den Händen des richtigen Schreibers. Ob Walker ein solcher ist, davon werde ich mich selbst überzeugen müssen.
  • Christine Lehmann – Die zweite Welt
    • Broschiertes Taschenbuch, Februar 2019, Argument/Ariadne Verlag, 978-3867542371, 256 Seiten, 13,00 €
    • Crimealley-Prognose: Ein neuer Lisa-Nerz-Roman ist immer eine gute Nachricht, war mir zu meiner Schande aber bis dato in den Tickern noch gar keine Erwähnung wert. Was sich hiermit ändert, zumal Lehmanns neuer Roman über ein angekündigtes Blutbad bei einer Demo in Stuttgart eine spannende Ausgangsposition verspricht. Und auch die Idee, die komplette Handlung an einem Tag spielen lassen, ist bei einer so versierten Autorin wie Christine Lehmann sicher in den besten Händen.
  • Michelle McNamara – Ich ging in die Dunkelheit
    • Hardcover, August 2019, Atrium Verlag, 978-3855350605, 432 Seiten, 24,00 €
    • Crimealley-Prognose: Kurz vor Veröffentlichung dieses Tickers wurde ich noch auf diesen Titel aufmerksam, dessen True-Crime-Hintergrund mich sogleich hellhörig gemacht hat. Michelle McNamaras Aufarbeitung der kalifornischen Mordserie von 1976 bis 1986 wird definitiv gelesen – auch wenn ich die Details des Falls (und damit auch die Identität des Mörders) bereits kenne. Bei denjenigen, wo dies nicht der Fall ist, könnte die Lektüre natürlich nochmal definitiv mehr lohnen.

 

+++ Vorschau-Ticker „Non-Crime“ – Winter 2018/Frühjahr 2019 – Teil 2 +++

Auch wenn ich mit diesem Ticker auf einen bereits fahrenden Zug aufspringe, so ist es mir doch ein Bedürfnis, gleichfalls den Non-Crime-Titeln Ehre zu erweisen, mit denen ich im nächsten Halbjahr die größten Hoffnungen verbinde. Mittlerweile sind alle der unten aufgeführten Romane erschienen, insofern entschuldige ich mich bei meinen Blog-Lesern für die Verspätung. Andererseits vertrete ich den Standpunkt, dass gute Bücher ja nicht schlecht werden bzw. nicht ein jeder direkt bei Veröffentlichung zugreift. Und vielleicht ist ja sogar der ein oder andere Tipp dabei, den manch einer noch nicht auf dem Schirm hatte.

Damit direkt zu den „Auserwählten“. Habt ihr schon für den ein oder anderen Titel Feedback für mich? Oder welches Buch würde euch reizen?

  • Alexander Pechmann – Die Nebelkrähe
    • Hardcover, Februar 2019, Steidl Verlag, 978-3958295834, 176 Seiten, 18,00 €
    • Crimealley-Prognose: Erst letztes Jahr hat Alexander Pechmann mit Sieben Lichter auf sich aufmerksam gemacht, nun folgt mit Die Nebelkrähe bereits das zweite Buch. Wobei man eigentlich bei diesem Umfang eher von Novelle sprechen müsste, was die aufgebotenen 18 € für manchen vielleicht zur unüberwindbaren Hürde machen wird. Dazu zähle ich mich nicht, wird doch gerade der Schauerroman bzw. die feinziselierte Suspense heutzutage nur zu selten bedient, so dass ich mich über so ein Werk besonders freue. London, 20er Jahre, Spiritismus, Oscar Wilde – die Zutaten sind ganz nach meinem Geschmack.
  • Andreas Kollender – Libertys Lächeln
    • Hardcover, März 2019, Pendragon Verlag, 978-3865326423, 304 Seiten, 24,00 €
    • Crimealley-Prognose: Man ist es ja mittlerweile gewöhnt, dass herausragende Romane (z.B. Nichts bleibt von Willi Achten oder Wallace Strobys Crissa-Stone-Reihe) aus dem Hause Pendragon von der größeren Leserschaft weitestgehend unbeachtet bleiben, es mitunter nicht mal auf die Tische der Buchhandlungen schaffen. Umso beeindruckender, wie Günther Butkus‘ kleiner Verlag weiterhin Perle für Perle aus dem Hut zaubert. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich Qualität letztlich doch irgendwann durchsetzt. Vielleicht mit Kollenders Libertys Lächeln, der zumindest mit Kolbe schon ein wenig auf sich aufmerksam machen konnte. Ungeachtet dessen wie die Publikumsreaktionen noch weiter ausfallen werden – ich werde hier ganz sicher zugreifen.
  • A. G. Lombardo – Graffiti Palast
    • Hardcover, März 2019, Antje Kunstmann Verlag, 978-3956142840, 300 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: 1965, Los Angeles, die Aufstände von Watts. Mittendrin der Semiotiker und Stadtforscher Americo Monk. Lombardo nimmt sich eines Themas an, das mich schon seit einer Erwähnung in John Balls Virgil-Tibbs-Reihe fasziniert und rennt damit bei mir offene Türen ein. Auf diese 300 Seiten freue ich mich besonders.
  • Ralph Ellison – Der unsichtbare Mann
    • Hardcover, April 2019, Aufbau Verlag, 978-3351037802, 680 Seiten, 28,00 €
    • Crimealley-Prognose: Endlich. Das war so das erste, was mir bei der Entdeckung dieses Klassikers in der Aufbau-Vorschau durch den Kopf ging, versuche ich doch schon seit Jahren eine nicht zerschlissene Rowohlt-Ausgabe dieses Titel antiquarisch zu ergattern. Diese Suche ist jetzt gottseidank nicht mehr notwendig und ich freue mich stattdessen nun schon darauf diesen so hoch gelobten New-York-Roman nicht nur mein Eigen zu nennen, sondern auch endlich zu lesen.
  • Kate Atkinson – Deckname Flamingo
    • Hardcover, März 2019, Droemer Verlag, 978-3-426281307, 336 Seiten, 19,99 €
    • Crimealley-Prognose: Von Kate Atkinson habe ich bis heute ebenfalls noch nichts gelesen, was ja, als bekennender Edinburgh-Liebhaber, eigentlich schon eine Sünde darstellt. Zumal auch der geschätzte Kollege Jochen König bereits damals bei Das vergessene Kind voll des Lobes war und dessen Verfilmung mit Jason Isaacs schon im Regal auf mich wartet. Wohlan denn, es wird Zeit. Warum also nicht mit Deckname Flamingo starten?
  • Jörg-Uwe Albig – Zornfried
    • Hardcover, Februar 2019, Klett Cotta Verlag, 978-3608964257, 159 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Ein Titel, der aus drei Gründen in meiner engeren Auswahl gelandet ist. Erstens ist die Handlung direkt in der Nachbarschaft angesiedelt. Zweitens wird mit den Neuen Rechten ein aktuelles und heißes Thema angepackt. Und drittens kann selbst jemand mit so wenig Lesezeit wie ich 159 Seiten irgendwo dazwischen quetschen. Wenn da nicht dieser Preis von 20 € wäre … Aber als ob mich das je abgehalten hätte.
  • Josephine Rowe – Ein liebes, treues Tier
    • Hardcover, Februar 2019, Liebeskind Verlag, 978-3954380985, 208 Seiten, 20,00 €
    • Crimealley-Prognose: Gut, machen wir es kurz. Dieser Titel wird von Liebeskind verlegt. Reicht für mich. Punkt.
  • Sorj Chalandon – Am Tag davor
    • Hardcover, April 2019, dtv Verlag, 978-3423281690, 320 Seiten, 23,00 €
    • Crimealley-Prognose: Ein Roman wie ein Faustschlag„, schreibt Le Parisien und lässt mich bereits interessiert die Augenbrauen heben. Die Geschichte um ein Grubenunglück und einen darauffolgenden Rachefeldzug weckt dann gleich endgültig das Interesse. Chalandon ist mir kein Begriff, aber ich bin hier nur allzu bereit den Sprung ins kalte Wasser zu wagen.
  • Fernanda Melchor – Saison der Wirbelstürme
    • Broschiertes Taschenbuch, März 2019, Klaus Wagenbach Verlag, 978-3803133076, 237 Seiten, 22,00 €
    • Crimealley-Prognose: Wer sich nun fragt, wo hat er den Titel denn ausgegraben, dem kann ich bescheiden versichern – gar nicht. Saison der Wirbelstürme habe ich in Kollege Gunnars Bibliothek bei Lovelybooks entdeckt. Und mal abgesehen davon, dass er die falsche Borussia unterstützt *zwinker*, hat der Mann nun mal einfach Geschmack. Und dann auch meist denselben wie ich. Ich sage an dieser Stelle mal „Danke“, denn der Roman tönt wirklich äußerst vielversprechend.
  • Frank Duwald – Die grünen Frauen
    • Hardcover, April 2019, epubli Verlag, 978-3803133076, 168 Seiten, 19,99 €
    • Crimealley-Prognose: Der letzte Titel ist mir ein besonderes Anliegen, handelt es sich doch bei diesem Band von Erzählungen um das Debütwerk des geschätzten Blogger-Kollegen Frank Duwald von dandelion. Ein Kenner der abseitigen, schaurigen Literatur, dank dem ich nicht nur einige literarische Schätze wiederentdeckt habe, sondern dessen Beiträge und Besprechungen ich auch immer mit Wonne lese. Dementsprechend hoch ist dann auch die Vorfreude auf Die grünen Frauen. Einem Buch, dem ich möglichst viele Leser wünsche.

 

 

Spensers erster Abschied

© Pendragon

Es gibt nur wenige Schriftsteller, welche ein Genre über mehrere Jahrzehnte hinweg beeinflusst haben. Und Robert B. Parker war sicherlich einer von ihnen. Seit dem Jahr 1973 legte er kontinuierlich und fast Jahr für Jahr neue Romane vor, die meisten davon aus der Serie um den (vornamelosen) Privatdetektiv Spenser, der, wie sein Schöpfer, in Boston lebt und dort seiner Arbeit nachgeht.

Spenser verhalf Parker zum Durchbruch und u.a. zu einem Edgar Award. Die Fälle wurden (nicht sonderlich originalgetreu) sogar Mitte der 80er mit Robert Urich in der Hauptrolle für das Fernsehen verfilmt und sind nicht zuletzt deswegen bis heute fester Bestandteil der klassischen „Hardboiled“-Sparte. Am 18.1.2010 starb Robert B. Parker genau so, wie er seit jeher lebte: „sitting at his desk, working on his next novel“. Und an einem solchen Schreibtisch beginnt er auch: Der 38. Roman der Spenser-Reihe, mit dem äußerst passend gewählten deutschen Titel „Trügerisches Bild“.

Es ist ein Wintertag wie jeder andere im kalten Boston, als Dr. Ashton Prince durch die Tür von Spensers Büro tritt. Der Universitätsdozent und Kunstkenner möchte den stadtbekannten Privatdetektiv für einen delikaten Auftrag anheuern. Äußerst diskret versteht sich. Ein wertvolles Gemälde ist aus dem Hammond-Museum gestohlen und Prince dazu auserkoren worden, die Lösegeldübergabe auszuführen. Dafür bittet er nun Spenser um Personenschutz. Der hält vom ersten Klienten in dieser Woche zwar nicht allzu viel, aber Geschäft ist schließlich Geschäft, und so willigt er ein. Nach einer kurzen Autofahrt findet die Zusammenarbeit allerdings schnell ein jähes Ende. Als Prince nach der Geldübergabe mit einem Päckchen unter dem Arm auf den im Wagen wartenden Spenser zusteuert, sprengt eine gezielte Explosion den Kunstprofessor in die Luft. Weder von ihm, noch von dem Paket, das möglicherweise das entwendete Meisterwerk enthielt, bleibt ein Fetzen übrig.

Spenser ist im Zwiespalt. Einerseits kann der kühle Profi nur wenig Mitleid für den soeben explodierten Mann aufbringen. Aber andererseits fühlt er sich bei seiner Detektivehre gepackt, denn viel mehr hätte er bei der Ausführung seines Auftrags eigentlich nicht versagen können. Aufgrund des schlechten Gewissens und weil er seinen Ruf nicht aufs Spiel setzen will, ermittelt Spenser von nun an auf eigene Faust (und ohne Honorar) weiter. Da es kaum Anhaltspunkte gibt, beginnt seine Spurensuche an der Universität. Schnell findet er heraus, dass Prince zu Lebzeiten nicht nur auf die Kunst ein Auge geworfen hat. Kaum eine Studentin war vor ihm sicher. Sein Ruf als Weiberheld ging weit über die Universität hinaus. Dennoch war sein Arbeitsplatz nie gefährdet, was er in erster Linie dem Anwalt Morton Lloyd zu verdanken hatte, der, als Rechtsberater ebenfalls im Museum anstellig, ihn hinsichtlich seiner sexuellen Neigung in der Vergangenheit vor einer Anklage bewahrt hat. Letztes Opfer seiner Nachstellungen war Missy Minor. Das es nun gerade deren Mutter ist, die bei einer Versicherungsgesellschaft den Fall des gestohlenen Kunstwerks bearbeitet, lässt Spenser aufhorchen. Ist das nur ein Zufall? Oder ist sie gar in den Diebstahl verwickelt? Was hat Princes jüdische Vergangenheit damit zu tun? Und welche Rolle spielt die Herzberg-Stiftung, zuständig für das Aufspüren von durch Nazis gestohlene Kunst, in dem Fall?

„Er läuft, und läuft, und läuft.“ Was für den VW Käfer mittlerweile nicht mehr zutrifft, gilt weiterhin für Parkers düsteren Held Spenser, denn der hat sich seit seinem ersten Auftritt nicht wesentlich verändert. Mehr noch: Die Jahre sind an dem Verbrecherjäger spurlos vorübergegangen. Wäre nicht zwischenzeitlich von „Labtops“ oder „Sarah Palin“ die Rede, „Trügerisches Bild“ könnte genauso gut in den 70ern spielen, denn die Handlung ist zeitlos. Spenser tut auch diesmal das, was er in jedem Fall tut und was jeder Detektiv der alten „Hardboiled“-Schule nun mal zu tun hat: Verdächtige befragen, Informationen sammeln, Zusammenhänge herstellen. Aus all dem versucht man so etwas wie ein Gesamtbild zu meißeln. Wenn all das nicht funktioniert, wird halt einfach zur Waffe gegriffen und eine etwas direktere Entscheidung gesucht. Frei nach Raymond Chandler, der es wie folgt auf den Punkt gebracht hat, in dem er sagte:

Im Zweifel lass zwei Kerle mit Pistolen durch die Tür kommen.“

Ein Zitat, das Robert B. Parker (der in den 1980er Jahren die Komplettierung eines Romanfragments von Raymond Chandler übernahm und für dessen Marlow-Reihe eine Fortsetzung schrieb) hier sogar in einer Szene wortwörtlich auf dem Papier umsetzt, wenngleich er, als einziges Zugeständnis an die Moderne, aus einer der Pistolen eine Uzi macht. Müßig zu erwähnen, dass der treffsichere Spenser mit Knarre im Anschlag dieser Gefahr eiskalt ein Ende bereitet. Denn auch wenn er in Quirk, Belson und Healy Vertraute und Freunde bei der Bostoner Polizei hat: Ihre Hilfe nimmt er nur insoweit in Anspruch, wie es dem Vorankommen seines Falls dienlich ist. Wenn es hart auf hart kommt, verlässt er sich nur auf sich oder den besten Freund Hawk, der diesmal jedoch in Zentralasien weilt (und dessen Fehlen man der Story leider anmerkt). Das er dadurch dennoch nicht zum Superheld mutiert, liegt an seinen Fehlern, von denen er trotz seiner Coolness doch einige hat. Im Vergleich zu den Meisterdetektiven des Golden Age ist Spenser beileibe kein Superhirn. Nummernschilder kann er sich allenfalls ein paar Minuten merken, weshalb er sich diese sofort aufschreibt, sobald das Auto um die Ecke gebogen ist. So ist es meist weniger die Genialität als vielmehr seine zähe Verbissenheit, die letztlich zum Erfolg führt.

Das dieser Urtypus des hartnäckigen Privatdetektivs auch heute noch spannend bzw. unterhaltsam ist, liegt an Parkers herrlich schnörkelloser Sprache, die weniger Worte bedarf und somit letztlich auch nur wenige Seiten füllt. Die Dialoge sind kurz und knackig gehalten, die Figuren antworten schlagfertig das, was einem Normalsterblichen meist erst Stunden danach einfällt. Es ist diese Lässigkeit die ansteckt, diese Schlagfertigkeit, welche den Charme der Reihe ausmacht. Gleichzeitig liegt hierin allerdings auch die Gefahr, da man diesen lakonischen Ton nur wohldosiert verträgt (weshalb sich der Leser vielleicht selten mehrere Parkers hintereinander vornimmt) und dieser auch vom deutschen Übersetzer erstmal gut getroffen sein will. Frank Böhmert ist dies in „Trügerisches Bild“ leider nicht immer gelungen, wenngleich der Rezensent, mangels Kenntnis des Originals, nicht genau eruieren kann, woran das liegt. Tatsache ist jedenfalls, dass sich manche Wortwahl Böhmerts einfach mit der Atmosphäre eines „Hardboiled“-Romans beißt. Was professionell und eiskalt klingen sollte, kommt hier flapsig und kindlich herüber.

Nichtsdestotrotz ist auch „Trügerisches Bild“ die Lektüre wieder ohne Zweifel wert. Auch weil Parker mit der Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg ein brisantes und, für einen Privateye-Krimi, eher unübliches Thema anpackt und dieses genauso geschickt wie unkonventionell in den Rahmen der Kriminalroman-Handlung einbaut. Hätte er es nicht schon 37 mal zuvor getan, er würde allein dadurch beweisen, welch Schriftsteller von Format uns hier verloren gegangen ist.

Wertung: 80 von 100 Treffern

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  • Autor: Robert B. Parker
  • Titel: Trügerisches Bild
  • Originaltitel: Painted Ladies
  • Übersetzer: Frank Böhmert
  • Verlag: Pendragon
  • Erschienen: 01.2011
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 216 Seiten
  • ISBN: 978-3865322531