Kriminelle Auslese – Verlagsvorschauen Herbst 2022

Nach mehreren Wochen krankheitsbedingter Unterbrechung hier in der kriminellen Gasse, freue ich mich nun umso mehr darauf, mich wieder intensiver dem schönsten Hobby der Welt widmen zu können. Und wie besser einsteigen, als mit einem Ausblick auf die entdeckungswürdigen, lang ersehnten und teilweise neu aufgelegten Bücher der kommenden Monate?

Einmal mehr habe ich mich durch die Vorschauen meiner favorisierten Verlage geschmökert und präsentiere hiermit nun meine ganz persönliche Auswahl an Krimis und Non-Krimis, die naturgemäß keine Gewähr auf Vollständigkeit haben und durch eure zusätzlichen Hinweise und Tipps gerne ergänzt werden kann.

Ich wünsche euch wie immer viel Spaß beim durchforsten und entdecken.

Nachtrag: Von dem ein oder anderen Verlag (z.B. Elsinor, Edition Nautilus, Matthes & Seitz oder Steidl) konnten bis dato die Vorschauen noch nicht gesichtet werden. Sobald dies möglich ist und interessante Titel dabei sind, wird die Liste entsprechend erweitert.

Meine Auswahl aus den Verlagsprogrammen vom Frühjahr 2022 findet ihr übrigens hier.

 

ALEXANDER VERLAG

01.05.2022

Ross Thomas – Das Procane-Projekt

Broschiertes Taschenbuch, 978-3895815829, 250 Seiten, 16,00 €

© Alexander

»Close to perfect.« Craig Pittman Abner Procane, »der beste Dieb der Welt«, stellt fest, dass die minutiös genauen Aufzeichnungen aller Diebstähle, die er in 25 Jahren begangen hat, gestohlen worden sind. Einzig Philip St. Ives, professioneller Vermittler und Überbringer von Lösegeldern mit ausgezeichneten Kontakten zur Unterwelt, könnte sie ihm wiederbeschaffen. Dafür ist Procane bereit, hunderttausend Dollar locker zu machen. Doch spätestens, als die Übergabe scheitert und St. Ives statt der Papiere einen Toten findet, weiß der Meisterdieb, dass der Erfolg seines letzten millionenschweren Coups ernsthaft auf dem Spiel steht …

 

ARGUMENT / ARIADNE VERLAG

15.08.2022

Malla Nunn – Ist die Erde hart

Hardcover, 978-3867544092, 256 Seiten, 22,00 €

© Ariadne

Die Regeln befolgen, die Spitzenclique hofieren, vom Lumpenpack abgrenzen: Damit ist die 16-jährige Adele immer gut durchgekommen. Bis jetzt … Was es braucht, um in einer Realität voller Unrecht den eigenen moralischen Kompass zu finden – mitreißend erzählt Nunn von kolonialen Lebenswelten und verinnerlichter Korruption.

24.10.2022

Sara Paretsky – Schiebung

Hardcover, 978-3867542647, 544 Seiten, 25,00 €

© Ariadne

Der Versuch, den jungen Kanadier Felix zu schützen, zieht Privatdetektivin V.  I. Warshawski in einen komplexen Fall von Artefaktenschmuggel hinein. Und ihre Nichte Reno hatte einen Job in der Chicagoer Finanzindustrie, aber jetzt fehlt jede Spur von ihr. Gleich an zwei Fronten geht es um Leben und Tod: Warshawski in Bestform.

 

ARS VIVENDI VERLAG

31.10.2022

Walter Mosley – Bloodgrove 

Hardcover, 978-3747204245, 320 Seiten, 24,00 €

© Ars Vivendi

Los Angeles 1969. Ezekiel »Easy« Porterhouse Rawlins, schwarzer Privatdetektiv mit eigener Agentur, bekommt Besuch von einem weißen Vietnam-Veteranen. Der verstörte junge Mann erzählt Easy, er habe im Blood Grove vor den Toren der Stadt eine weiße Frau vor einem schwarzen Mann beschützt und den Mann dabei möglicherweise getötet. Allerdings  scheint niemand eine Leiche gemeldet zu haben. Easy erkennt, wie sehr der Krieg den Mann traumatisiert hat, und denkt an seine eigenen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg zurück. Trotz anfänglicher Bedenken
übernimmt er den Fall, der ihn in die Wüste Kaliforniens, nach South Central, in Sexclubs, zu den Anwesen von Superreichen, zu Hippies, zur Mafia und, vielleicht am gefährlichsten, zu alten Freunden führt …

31.10.2022

Naomi Hirahara – Clark & Division

Hardcover, 978-3747204221, 300 Seiten, 24,00 €

© Ars Vivendi

1944: Die 22-jährige Aki Ito und ihre Eltern werden aus dem kalifornischen
Internierungslager Manzanar entlassen, wo sie wie viele Tausend
andere japanisch-amerikanische Bürger nach dem Angriff auf Pearl Harbor
gefangen gehalten worden waren. Das Leben der Itos, wie sie es kannten,
ist vorbei. Sie werden ins weit entfernte Chicago geschickt, wo bereits Akis
ebenfalls umgesiedelte Schwester Rose auf sie wartet. Doch am Abend vor
der Familienzusammenführung im neuen japanisch-amerikanischen Viertel
an der Kreuzung Clark und Division wird Rose von einem U-Bahn-Zug erfasst
und stirbt. Die Polizei stuft den Todesfall als Selbstmord ein, doch Aki
kann nicht glauben, dass ihre geliebte, makellose, optimistische Schwester
sich das Leben genommen haben soll, und trifft bald auf ungeahnte Abgründe …

 

ATRIUM VERLAG

17.08.2022

Dorothy B. Hughes – Ein einsamer Ort

Hardcover, 978-3855351268, 256 Seiten, 22,00 €

© Atrium

Die Wiederentdeckung im Spannungsgenre: Ein Meilenstein in der Geschichte der Kriminalliteratur. Los Angeles in den späten 1940ern: Der ehemalige Jagdflieger Dix Steele streift durch die Stadt, vorzugsweise nachts. Seit seiner Rückkehr nach L. A. sucht er nach dem Rausch des Fliegens, doch kaum etwas scheint dem nahe zu kommen. Stattdessen stellt er nun Frauen nach, denen er auf seinen Streifzügen begegnet. Als er einen alten Freund wiedertrifft, ist er fasziniert von Brubs schöner, sanfter Ehefrau, die ihn zugleich verunsichert und beflügelt, und von dessen Arbeit als Detective. Unmittelbar kann Dix mitverfolgen, wie Brub die Morde an einer Reihe junger Frauen untersucht. Und es beginnt ein Spiel, bei dem immer unklarer wird, wer eigentlich auf der Jagd nach wem ist.

 

AUFBAU VERLAG

15.11.2022

Michael Jensen – Blutiger Schnee

© Aufbau

Taschenbuch, 978-3746639918, 448 Seiten, 13,00 €

Berlin 1925. Die Sass-Brüder, Kleinkriminelle, die sich ganz nach oben gearbeitet haben, planen den nächsten Coup: Mit einem chinesischen Partner wollen sie Opium in die Hauptstadt bringen. Das Geschäft scheint zu gelingen. Der Stoff wird ihnen förmlich aus den Händen gerissen, und plötzlich werden sie auch für andere Kreise interessant. Ein junger Politiker scheut nicht vor der Zusammenarbeit mit ihnen zurück, um an Informationen über Politiker und Unternehmen heranzukommen. Seine Name: Joseph Goebbels.

 

BLUMENBAR VERLAG

06.09.2022

Seishi Yokomizo – Die rätselhaften Honjin-Morde

Hardcover, 978-3351051099, 224 Seiten, 20,00 €

© Blumenbar

Es ist der Winter 1937, und der Ort Okamura befindet sich in heller Aufruhr: schon bald wird die renommierte Ichiyanagi-Famile ihren Sohn vermählen. Aber unter den Tratsch über das anstehende Fest mischt sich ein besorgniserregendes Gerücht: ein maskierter Mann streift durch das Städtchen und fragt die Leute zu den Ichiyanagis aus. In der Hochzeitsnacht dann erwacht die Familie durch einen furchtbaren Schrei, auf den eine unheimliche Melodie folgt. Ja, der Tod ist nach Okamura gekommen und hat keine weitere Spur als ein blutiges Samurai-Schwert hinterlassen, das im reinen Schnee im Hof des Hauses steckt. Der Mord am frisch vermählten Paar gibt Rätsel auf, war doch das Schlafzimmer von innen verschlossen. Doch der private Ermittler Kosuke Kindaichi will den Fall unbedingt lösen.

 

BTB VERLAG

21.09.2022

Anne Eekhout – Mary

Hardcover, 978-3442759873, 416 Seiten, 22,00 €

© btb

Im Januar 1816 hat Mary Shelley, gerade einmal achtzehn Jahre alt, die Geschichte von Frankensteins Monster erschaffen, eine der außergewöhnlichsten, einflussreichsten und faszinierendsten Horrorgeschichten der Weltliteratur.

Es ist der Sommer, den Mary mit ihrem Geliebten Percy Shelley, ihrem neugeborenen Sohn William und ihrer Stiefschwester Claire bei Lord Byron und John Polidori am Genfer See verbringt. Draußen toben Gewitter, nachts sitzen die Freunde am Feuer, trinken mit Laudanum versetzten Wein und lesen sich Gespenstergeschichten vor. Als Lord Byron eines Abends vorschlägt, jeder solle selbst eine Gruselgeschichte schreiben, erinnert sich Mary an einen Sommer in Schottland, als sie und ihre Freundin Isabella den mysteriösen Mr. Booth kennenlernten, einen wesentlich älteren Mann voller Charme und düsteren Geheimnissen …

 

C. BERTELSMANN VERLAG

14.11.2022

Christian v. Ditfurth – Tanz mit dem Tod

Hardcover, 978-3570104491, 496 Seiten, 22,00 €

© C. Bertelsmann

Berlin-Wedding, November 1932: Sieben SA-Männer stürmen eine Kneipe und erschießen Kurt Esser, Redakteur des KPD-Blatts »Rote Fahne«. Dem jungen Kriminalpolizisten Karl Raben gelingt es, den Anführer der Mörder, Gustav Fehrkamp, zu stellen. Doch kaum ist Hitler 1933 an der Macht, kommt Fehrkamp auf freien Fuß. Raben hat fortan nur noch einen Gedanken: Gerechtigkeit. Für sein Vorhaben geht er einen Pakt mit dem Teufel ein und arbeitet für die gerade gegründete Geheime Staatspolizei. Damit ist sein Leben in der Hand von Gestapo-Chef Reinhard Heydrich. Genauso wie das seiner Frau Lena, die jüdischer Herkunft ist. Wie kann ein Polizist für Gerechtigkeit sorgen, wenn das Unrecht die Macht ergreift?

 

C. H. BECK VERLAG

15.09.2022

Hans Woller – Jagdszenen aus Niederthann: Ein Lehrstück über Rassismus

Hardcover, 978-3406793158, 256 Seiten, 26,00 €

© C. H. Beck

In einem beschaulichen Dorf in Oberbayern gärt eine dunkle Vergangenheit: ein Kriminalfall, der mitten hinein führt in den Alltagsrassismus und seine mörderischen Konsequenzen. Hans Woller hat ihn aufgearbeitet und erzählt eine Geschichte voller Abgründe und Ressentiments – eine ferne Geschichte, die uns doch so nahe ist.

In Niederthann fielen 1972 vier Schüsse. Keiner ging daneben. Die Bilanz war schauerlich: eine schwer verletzte Romni und eine tote Romni, die ein Kind im Leibe trug. Der Todesschütze musste sich vor Gericht verantworten, kam aber glimpflich davon. Alle standen zu ihm: die Polizei, die Justiz, die katholische Kirche, überhaupt die ganze «anständige» Gesellschaft der Region. Um die Opfer und ihre Angehörigen kümmerte sich niemand. Für die Einheimischen waren sie nur «Zigeuner». Hans Woller schildert die Hintergründe und Folgewirkungen dieses Kriminalfalles. Dabei entsteht ein kleines Gesellschaftsfresko der deutschen Provinz von erschreckender Aktualität. Denn die Realität ist noch immer bitter genug und die Frage nicht obsolet: Die Schüsse von Niederthann – könnten sie wieder fallen, wen würden sie diesmal treffen und wie würde die Gesellschaft heute darauf reagieren?

 

CROSS CULT VERLAG

07.11.2022

Anthony Horowitz – James Bond – Mit der Absicht zu töten

Broschiertes Taschenbuch, 978-3966589642, 336 Seiten, 18,00 €

© Cross Cult

Mit der Absicht zu töten ist der einundvierzigste offizielle James-Bond-Roman und der dritte Fortsetzungsroman des englischen Schriftstellers Anthony Horowitz. Der Roman knüpft an Ian Flemings letztes Buch Der Mann mit den goldenen Colt an. Es ist die Beerdigung von M. Ein Mann fehlt am Grab: der Verräter, der den Abzug betätigt hat und der nun in Haft sitzt, weil er des Mordes an M beschuldigt wird – James Bond. Hinter dem Eisernen Vorhang will eine Gruppe ehemaliger Smersh-Agenten den britischen Spion für eine Operation einsetzen, die das Gleichgewicht der Weltmacht verändern wird. Bond wird in die Höhle des Löwen geschmuggelt – aber wessen Befehle befolgt er und wird er ihnen gehorchen, wenn die Stunde der Wahrheit gekommen ist? In einer Mission, in der Verrat allgegenwärtig ist und eine falsche Bewegung den Tod bedeutet, muss sich Bond mit den dunkelsten Fragen über sich selbst auseinandersetzen. Doch nicht einmal er selbst weiß, was aus dem Mann geworden ist, der er einmal war.

07.11.2022

Christopher Golden – Road of Bones – Straße des Todes

Hardcover, 978-3966589895, 400 Seiten, 26,00 €

© Cross Cult

Umgeben von kahlen Bäumen in einer schneebedeckten Wildnis und unter einem trüben, düsteren Himmel erstreckt sich die Kolyma in Sibirien, eine 1.200 Meilen lange Straße geschotterten Permafrostbodens in der Nähe des Polarkreises. Ein schmaler Pfad, auf dem Autofahrer mit schwierigen Bedingungen wie vereisten Oberflächen, eingeschränkter Sicht und einer Durchschnittstemperatur von sechzig Grad unter null konfrontiert sind. Tödliche Autounfälle sind an der Tagesordnung. Doch die Autofahrer sind nicht die einzigen Opfer dieser Straße. Die als „Straße der Knochen“ bekannte Strecke ist ein riesiger Friedhof für die Gulag-Häftlinge der ehemaligen Sowjetunion. Hunderttausende von Menschen schufteten sich hier zu Tode und ihre Leichen von den eisigen Elementen verschlungen und unter die Permafroststraße gepflügt. Der Dokumentarfilmer Felix „Teig“ Teigland ist fasziniert von der Geschichte der Straße und plant eine neue Serie über Leben und Tod auf der Straße der Knochen. Er besucht die Stadt Akhust, den „kältesten Ort der Welt“, um dort Geistergeschichten und lokale Legenden zu sammeln. Doch als Teig und sein Team ihr Ziel erreichen, finden sie eine verlassene Stadt vor – bis auf ein katatonisches neunjähriges Mädchen – und ein Rudel räuberischer Wölfe, die schneller und schlauer sind, als es wilde Tiere sein sollten. Verfolgt von den jenseitigen Bestien, sehen sich Teigs Gefährten entlang der Straße der Knochen mit noch unheimlicheren und unerklärlicheren Phänomenen konfrontiert, als würden die Geister von Stalins Opfern sie heimsuchen. Es ist eine erschütternde Reise, die Teig an seine Grenzen bringt und ihn zwingt, sich den Sünden seiner Vergangenheit zu stellen.

06.03.2023

John Gardner – James Bond – Nur der Tod währt ewig

Taschenbuch, 978-3986661106, 384 Seiten, 15,00 €

© Cross Cult

James Bond, Ian Flemings unverwüstlicher Held, taucht ein in die gefährliche Schattenwelt des Europas nach dem Kalten Krieg. Vor dem Fall der Berliner Mauer war Cabal das umfangreichste und erfolgreichste westliche Geheimdienstnetz im Ostblock. Doch dann trat der unerwartete Frieden in Europa ein. Man rechnete man damit, dass die Agenten untertauchen würden – allerdings lauert zum Entsetzen ihrer MI6- und CIA-Kontrolleure der Tod ihnen immer noch auf. Als die Ermittler, die die überlebenden Cabal-Agenten aufspüren sollten, unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen, wird James Bond zusammen mit Elizabeth Zara von der CIA losgeschickt, um die Ermittlungen fortzusetzen. Schon bald sind sie einem fanatischen kommunistischen Spionagemeister und einer erschreckenden Verschwörung auf der Spur, die die europäische Demokratie stürzen soll.

 

CULTURBOOKS VERLAG

05.09.2022

Cherie Jones – Wie die einarmige Schwester das Haus fegt

Hardcover, 978-3959881852, 340 Seiten, 24,00 €

© Culturbooks

Baxter’s Beach, Barbados: ein perfektes Paradies, solange niemand an der Oberfläche kratzt. Cherie Jones erzählt in eindringlicher, lyrischer Sprache davon, wie Liebe und Verbrechen die Leben ihrer Figuren über alle Klassenschranken und Hautfarben hinweg auf dramatische Weise verändern. Die Legende von der einarmigen Schwester sollte Lala eigentlich davor warnen, was mit Mädchen geschieht, die ihren Müttern nicht gehorchen. Doch für Lala ist es die verheißungsvolle Geschichte einer Abenteurerin, und als sie erwachsen ist, und auf schreckliche Weise ein Baby verliert, schöpft sie daraus Hoffnung auf ein besseres Leben, weit weg von der Armut, weit weg von Adan, ihrem brutaler Mann. Die Legende von der einarmigen Schwester sollte Lala eigentlich davor warnen, was mit Mädchen geschieht, die ihren Müttern nicht gehorchen. Doch für Lala ist es die verheißungsvolle Geschichte einer Abenteurerin, und als sie erwachsen ist, und auf schreckliche Weise ein Baby verloren hat, schöpft sie daraus Hoffnung auf ein besseres Leben, weit weg von der Armut, weit weg von Adan, ihrem brutalen Mann. Adan ist ein charismatischer, aber gewissenloser Kleinkrimineller, dessen Einbruch in eine der Strandvillen eine Kette von schrecklichen Ereignissen auslöst: Ein Schuss, den niemand hören sollte. Ein Mord, der alles verändert und der auch Lala an einen Wendepunkt führt: Wird sie es endlich schaffen, dem Kreislauf der Gewalt zu entkommen?

 

DIOGENES VERLAG

24.08.2022

Mick Herron – London Rules

Broschiertes Taschenbuch, 978-3257300932, 400 Seiten, 18,00 €

© Diogenes

Eine Söldnertruppe radiert ein Dorf in Derbyshire aus. Kurz darauf wird ein Pinguingehege im Londoner Zoo in die Luft gesprengt – beim Inlandsgeheimdienst MI5 herrscht Alarmstufe Rot. In Slough House dagegen gähnende Langeweile, bis Roderick Ho, Ober-Nerd der abservierten Agententruppe, nur knapp einem stümperhaft ausgeführten Attentat entgeht. Seine Kollegen eilen ihm (widerwillig) zu Hilfe und machen aus einer schwierigen Situation – das Schlimmste.

26.10.2022

Valerie Wilson Wesley – Der Exlover

Broschiertes Taschenbuch, 978-3257300888, 320 Seiten, 16,00 €

© Diogenes

Als Alleinerziehende stets knapp bei Kasse, nimmt Tamara den Auftrag des Investmentbankers Lincoln Storey an: Sie soll den Freund seiner Stieftochter Alexa beschatten – ausgerechnet ein Exlover Tamaras. Doch ehe sie auch nur den ersten Honorarscheck erhält, ist der Auftraggeber tot und Privates nicht mehr von Beruflichem zu trennen. Tiefer und tiefer dringt Tamara in die undurchsichtige Vergangenheit des Investmentbankers ein und riskiert dabei ihr eigenes Leben.

 

DROEMER VERLAG

02.11.2022

Mechtild Borrmann – Feldpost

Hardcover, 978-3426281802, 352 Seiten, 23,00 €

© Droemer

»Adele ist verschwunden.« Mehr mag die Fremde nicht sagen, die sich in einem Café einfach so an den Tisch der Anwältin Cara setzt – und kurz darauf ebenfalls spurlos verschwindet. Zurück bleibt lediglich ihre Handtasche. Neben anrührenden Feldpost-Briefen aus dem 2. Weltkrieg, die von einer großen Liebe zeugen, findet Cara darin auch Unterlagen über den Verkauf einer Villa in Kassel zu einem symbolischen Preis.
Doch was hat das alles mit ihr zu tun? Und weshalb wurde die Villa – anders als vereinbart – nie an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben?
Caras Recherchen decken nicht nur die tragische Geschichte einer großen, verbotenen Liebe auf, sondern auch die Schuld einer Liebenden und einen bitteren Verrat.

 

DUMONT VERLAG

16.08.2022

Cay Rademacher – Die Passage nach Maskat

Hardcover, 978-3832181970, 368 Seiten, 22,00 €

© Dumont

Spätsommer 1929, der letzte Sommer der Goldenen Zwanziger. Niemand erkennt die Vorzeichen der Weltwirtschaftskrise. Noch bestimmen Luxus und Frivolität den Rhythmus des Lebens – auch auf dem Ozeanliner Champollion, der von Marseille aus Richtung Orient in See sticht. Zu den illustren Passagieren gehören eine skandalumwitterte Nackttänzerin aus Berlin und ein mysteriöser römischer Anwalt, eine adelige englische Lady, ein Schläger aus der Unterwelt – und Theodor Jung, Kriegsveteran und Fotoreporter der Berliner Illustrirten. Er soll eine Reportage über die Reise machen. Seine Frau Dora begleitet ihn. Sie entstammt der Hamburger Kaufmannsfamilie Rosterg, die nach Maskat reist, um mit den sagenhaften Gewürzen Arabiens zu handeln. Theodor hofft, dass die abenteuerliche Passage die Leidenschaft in ihrer Ehe neu entfacht. Doch Doras Familie verachtet ihn, und Bertold Lüttgen, der intrigante Prokurist der Firma, hat selbst ein Auge auf die Tochter seines Chefs geworfen. Als Dora nach wenigen Tagen auf der Champollion spurlos verschwindet, wird die Reise für Theodor zum Albtraum – denn nicht nur die Rostergs, auch die anderen Passagiere und Besatzungsmitglieder behaupten, Dora nie an Bord gesehen zu haben …

15.11.2022

Andreas Izquierdo – Labyrinth der Freiheit

Broschiertes Taschenbuch, 978-3832165918, 500 Seiten, 17,00 €

© Dumont

Berlin 1922: Die Weimarer Republik steuert auf die Inflation zu, die Nachwehen der Revolution haben sich noch nicht ganz gelegt und die Feinde der Demokratie stehen längst in den Startlöchern. Artur, Isi und Carl entgehen nur knapp einem Mordanschlag. Eine Gruppe rechter Verschwörer will sie tot sehen. Der Feind scheint übermächtig, aber er hat sich mit dem Falschen angelegt: Artur schlägt gnadenlos zurück und treibt die Verschwörer vor sich her. Carl leidet derweil unter Regisseur Fritz Lang, für den er an Dr. Mabuse arbeitet, und trifft drei deutsche Ingenieure, die der UFA eine bahnbrechende Idee präsentieren: den Tonfilm. Doch die Widerstände gegen die neue Technik sind groß. Und dann ist da noch die Sorge um Isi, die seit dem Anschlag Streit mit jedem sucht, der sich ihr in den Weg stellt. Ihr kompromissloses Verhalten führt schließlich in die Katastrophe …

 

EICHBORN VERLAG

30.09.2022

Nathan Harris – Die Süße von Wasser

Hardcover, 978-3847901211, 400 Seiten, 25,00 €

© Eichborn

Georgia in den Nachwehen des Amerikanischen Bürgerkriegs: Ein aus der Sklaverei befreites, aber mittelloses Brüderpaar verdingt sich auf einer Farm, deren Besitzer um seinen im Krieg gefallenen Sohn trauert. Zwischen den dreien entwickelt sich eine zarte, bis dahin undenkbare Freundschaft. Doch nicht alle Bewohner von Old Ox sehen solche neuartigen Allianzen gern. Nicht lange, und die Angst vor der neuen Welt bricht sich Bahn in blinder Raserei …

 

GOLDMANN VERLAG

21.12.2022

Oscar de Muriel – Der Teufel von Dundee

Taschenbuch, 978-3442492510, 550 Seiten, 12,00 €

© Goldmann

Edinburgh 1890. Inspector McGray ertappt zwei Grabräuber auf dem Friedhof, und beim Anblick der Leiche gefriert ihm das Blut in den Adern. Der Toten wurde das Zeichen des Teufels ins Gesicht gebrannt. Dasselbe Zeichen taucht kurz darauf in Edinburghs Irrenanstalt auf, mit dem Blut eines getöteten Patienten an die Wand geschmiert. Beschuldigt wird die berüchtigtste Insassin des Hauses: Amy McGray, die ihre Eltern brutal ermordet haben soll. Verzweifelt wendet sich McGray an einen alten Freund: Ian Frey. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, um Amys Unschuld zu beweisen – und die Spur führt zurück zu jener schrecklichen Nacht, als der Teufel McGrays Elternhaus in Dundee heimsuchte …

 

GOLKONDA VERLAG

27.10.2022

Tade Thompson – Fern vom Licht des Himmels

Broschiertes Taschenbuch, 978-3965090590, 480 Seiten, 20,00 €

© Golkonda

Das Siedlungsschiff Ragtime dockt im Lagos-System an, nachdem es Lichtjahre gereist ist, um eintausend schlafende Seelen in die neue Heimat auf dem Planeten Bloodroot zu bringen. Als Michelle »Shell« Campion, Erste Offizierin der Ragtime, nach zehn Jahren aus dem künstlichen Schlaf aufwacht, muss sie feststellen, dass die kommandierende KI des Schiffs größtenteils außer Betrieb ist und ein Dutzend Passagiere ermordet wurden. Unter Quarantäne gestellt, versucht sie verzweifelt die Kontrolle über das Schiff wiederzuerlangen und herauszufinden, was passiert ist. Dabei wird sie von Rasheed Fin, einen in Ungnade gefallenen Ermittler aus der Kolonie, und seiner künstlichen Partnerin Salvo unterstützt. Doch langsam kristallisiert sich heraus, dass nicht nur die verbliebenen Passagiere auf dem Schiff um ihr Überleben kämpfen müssen, sondern auch die Kolonie Bloodroot einer tödlichen Bedrohung aus dem All ausgesetzt ist.

 

(CARL) HANSER VERLAG

25.07.2022

Castle Freeman – Ein Mann mit vielen Talenten

Hardcover, 978-3446274020, 174 Seiten, 20,00 €

© Carl Hanser

Taft, ein dem Alkohol zugeneigter Eigenbrötler, steckt in einer Sinnkrise. Da kommt der schneidige Fremde namens Dangerfield gerade recht, der ihm auf der Veranda ein verführerisches Angebot macht: Taft hat sechs Monate Zeit, alles zu bekommen, was er jemals wollte – zu einem hohen Preis. Mit der Gewissheit, nichts zu verlieren zu haben, lässt sich Taft auf den Pakt ein und versucht auf seine Art, das teuflische Spiel zu unterlaufen. Doch der Stichtag rückt näher, und Dangerfield denkt nicht daran, von seiner Forderung abzurücken.

25.07.2022

Amor Towles – Lincoln Highway

Hardcover, 978-3446274006, 576 Seiten, 26,00 €

© Carl Hanser

Im Juni 1954 wird der achtzehnjährige Emmett aus dem Gefängnis entlassen. Zuhause in Nebraska wartet sein kleiner Bruder Billy auf ihn. Nach dem Tod des Vaters möchten sie einen Neuanfang in Kalifornien wagen, wo sie ihre verschwundene Mutter vermuten. Alles ist bereit für die Fahrt mit dem 48 Studebaker, doch plötzlich tauchen zwei Freunde aus dem Gefängnis auf. Sie haben allerdings ein anderes Ziel, New York City. So beginnt eine Reise mit den witzigsten und unglaublichsten Begegnungen – Clowns, Landstreicher, arbeitslose Schauspieler, Bettler und besonders gefährliche Pastoren. ‚Lincoln Highway‘ erzählt die ergreifende Odyssee von vier vaterlosen Jungen entlang der ersten Autobahn Amerikas.

 

HARPER COLLINS VERLAG

24.05.2022

Don Winslow – City on Fire

Hardcover, 978-3749903207, 400 Seiten, 22,00 €

© HarperCollins

Es ist das Jahr 1986: Danny und sein bester Freund Pat kontrollieren mit ihrer Gang die Straßen von Providence, Rhode Island. Sie machen ihr Geld mit Raub, Schmuggel und Schutzgelderpressung und leben in friedlicher Koexistenz mit der italienischen Mafia-Familie Moretti. Doch als der Bruder von Pat einem Moretti die Frau ausspannt, herrscht Krieg in Dogtown. Morde erschüttern die Stadt. Als das Oberhaupt der Murphys brutal getötet wird, rückt Danny an die Spitze des Clans. Doch er will raus dem Business, raus aus Dogtown. Ein letzter Deal soll ihm das Startkapital für ein neues Leben beschaffen. Dafür lässt er sich auf ein Angebot des Feindes ein.

23.08.2022

Michael Mann & Meg Gardiner – Heat 2

Broschiertes Taschenbuch, 978-3365002285, 400 Seiten, 14,00 €

© HarperCollins

Gewohnt bildgewaltig und nervenaufrebend spannend erzählt Mann die prägendsten Jahren des Mordermittlers Vincent Hanna (gespielt von Oscargewinner Al Pacino) sowie der Gangsterbande um Neil McCauley (Oscargewinner Robert De Niro) und geht zudem weit über die Kinohandlung heraus: Von den Straßen L.A.s bis zu einem jenseits der mexikanischen Grenze operierenden Geldwäschering – Michael Mann zeichnet ein actionreiches Porträt der Männer und Frauen, die gezwungen sind, zwischen den rivalisierenden Welten dies- und jenseits des Gesetzes zu wandeln.

25.10.2022

Steve Conte – Das Gedächtnis des Winters

Hardcover, 978-3365001004, 496 Seiten, 22,00 €

© HarperCollins

Winter 1941, Russland: Ein deutscher Militärarzt baut ein Feldlazarett in Jasnaja Poljana, dem Landgut von Tolstoi, mit auf. Während die Soldaten unter der eisigen Kälte sowie den Strapazen des Krieges leiden und immer weiter auf einen Abgrund zudriften, trifft er auf Katerina, eine Russin, deren Herz am Tolstoi-Grundstück hängt. Die beiden versuchen, inmitten des Winters nicht die Hoffnung zu verlieren – doch wird ihre Liebe dabei helfen, der Dunkelheit zu entkommen?

 

HEYNE VERLAG

14.09.2022

Stephen King – Fairy Tale

Hardcover, 978-3453273993, 800 Seiten, 28,00 €

© Heyne

Der siebzehnjährige Charlie Reade hat kein leichtes Leben. Seine Mutter starb, als er drei war, und sein Vater ist dem Alkohol verfallen. Eines Tages offenbart ihm der von allen gemiedene mysteriöse Nachbar auf dem Sterbebett ein Geheimnis, das Charlie schließlich auf eine abenteuerliche Reise in eine andere, fremde Welt führt. Dort treiben mächtige Kreaturen ihr Unwesen. Die unterdrückten Einwohner sehen in Charlie ihren Retter. Aber dazu muss er erst die Prinzessin, die rechtmäßige Herrin des fantastischen Märchenreichs, von ihrem schrecklichen Leiden befreien.

 

HEYNE HARDCORE VERLAG

14.09.2022

Danny Trejo – Trejo

Hardcover, 978-3453273931, 480 Seiten, 25,00 €

© Heyne Hardcore

In seiner Autobiografie erzählt Hollywoods berühmtester und beliebtester Bösewicht erstmals seine wahre, fesselnde und inspirierende Lebensgeschichte. Nach einer kriminellen Laufbahn voller Verbrechen und Drogensucht, fand er im Gefängnis zu sich, bekämpfte seine Dämonen und erntete nach seiner Freilassung in Hollywood unerwarteten Ruhm als Bad-Boy-Leinwanddarsteller mit einem Herz aus Gold.

 

INSEL VERLAG

12.09.2022

Marie Hermanson – Die Pestinsel

Broschiertes Taschenbuch, 978-3458682349, 300 Seiten, 16,95 €

© Insel

Göteborg, 1925: Oberkommissar Nils Gunnarson wird zum Fluss gerufen, ein Mann wurde stranguliert. Die Todesumstände decken sich in erstaunlichen Details mit dem Krimi, den Nils gerade liest. Er macht sich auf die Suche nach dem Autor, einem Phantom. Die Spur führt zur ehemaligen Quarantäneinsel Bornsholm, die »Pestinsel« genannt wird und die nur einen einzigen Bewohner hat: den Mörder Arthur Hoffmann. Was wird wirklich auf der Insel gespielt? Und wer ist der Mann, der dort festgehalten wird? Um das Rätsel zu lösen, braucht Nils die Hilfe der Reporterin Ellen Grönblad, die sich unbemerkt auf die Insel schleicht …

26.09.2022

Ben Macintyre – Agent Sonja

Hardcover, 978-3458643463, 550 Seiten, 26,00 €

© Insel

Ursula Kuczynski wuchs in einer großbürgerlichen jüdischen Familie in Berlin Schlachtensee auf. In New York bewegte sie sich in den besten Kreisen. Sie hatte Affären, war mehrmals verheiratet und hatte Kinder. Doch ihre große, wahre Liebe galt dem Kommunismus. Ihm diente sie als Saboteurin, Bombenbauerin und Geheimagentin. Ihr Codename: »Agent Sonja«.

1923, Ursula ist gerade einmal sechzehn Jahre alt, wird sie bei einer 1.-Mai-Demonstration von einem Polizisten niedergeknüppelt. Es ist nur ein Grund mehr für sie, der Kommunistischen Partei beizutreten und deren Ideen in die Welt hinauszutragen. Mit Anfang zwanzig begleitet sie ihren ersten Ehemann nach Shanghai, wo sie Richard Sorge kennenlernt. Der Meisterspion wirbt sie für den russischen Geheimdienst an und sorgt dafür, dass sie in Moskau eine Ausbildung zur Agentin absolviert. Von dort aus geht es für sie in die Mandschurei und anschließend in die Schweiz, wo sie ein Bombenattentat auf Hitler plant. In den 50er Jahren wird sie in der DDR unter dem Namen Ruth Werner zur Erfolgsautorin.
Den größten Dienst erweist sie der Sowjetunion aber, indem sie zwischen 1943 und 1949 Informationen über das britische Atomprogramm an Moskau weitergibt – eine der gefährlichsten Spionageaktionen des 20. Jahrhunderts.

 

KAMPA VERLAG

28.07.2022

Michael Connelly – Glutnacht

Hardcover, 978-3311125617, 384 Seiten, 21,90 €

© Kampa

Seit vier Jahren ist Harry Bosch im Ruhestand. Nun muss der ehemalige Detective des LAPD seinen einstigen Mentor John Jack Thompson zu Grabe tragen. Von ihm hat Bosch zu Beginn seiner Karriere gelernt, dass jedes Leben zählt, dass es keine Toten erster und zweiter Klasse gibt. Ein Credo, das Bosch immer beherzigt hat. Thompsons Witwe übergibt Bosch eine Akte, die ihr Mann offensichtlich entwendet und zwanzig Jahre unter Verschluss gehalten hat: Sie dokumentiert die Ermittlungen im Mordfall eines schwulen Junkies, der als Polizeispitzel tätig war. Warum hat Thompson die Akte an sich genommen, als er das LAPD verließ? Da Bosch offiziell nicht mehr selbst ermitteln darf, bittet er Detective Renée Ballard um Hilfe. Gemeinsam machen sich der pensionierte Cop und die junge ehrgeizige Polizistin an die Arbeit, und zum ersten Mal kommen Bosch Zweifel an der Integrität seines verstorbenen Mentors: Hat Thompson die Akte gestohlen, um im Ruhestand an dem Fall weiterzuarbeiten? Oder im Gegenteil: Wollte er, dass der Mord niemals aufgeklärt wird?

25.08.2022

Josephine Tey – Alibi für einen König

Hardcover, 978-3311300359, 320 Seiten, 22,00 €

© Kampa

Inspector Alan Grant von Scotland Yard muss mit einem gebrochenen Bein das Bett hüten – und fühlt sich wie im Gefängnis. Erbärmlicher noch, denn im Krankenhaus ist Haftverkürzung selbst bei guter Führung ausgeschlossen. Beinahe so demütigend wie die Erinnerung an seinen lächerlichen Sturz ist der schroffe Ton der Krankenschwestern. Am schlechtesten aber erträgt Grant die Langeweile. Eine Freundin rät ihm, sich an einem der vielen ungelösten Rätsel der Kriminalgeschichte zu versuchen, und versorgt ihn mit Porträts berühmter Verbrecher. Beim Anblick von Richard III., der seine Neffen ermordet haben soll, muss Grant stutzen: Keineswegs die Visage eines Mörders, befindet der erfahrene Polizist. Mit der Unterstützung eines unterbeschäftigten Historikers geht Grant der Sache nach und stellt fest: Die Beweislage ist äußerst dürftig. Grant kann der Versuchung nicht widerstehen: Vom Krankenbett aus rollt er einen über vierhundert Jahre zurückliegenden Mordfall ganz neu auf.

13.09.2022

Jürgen Tietz – Berliner Monster

Hardcover, 978-3311125624, 288 Seiten, 18,90 €

© Kampa

Im Frühjahr 1947 liegt Berlin in Trümmern, und der Winter scheint nicht enden zu wollen. Als aus dem noch halb zugefrorenen Landwehrkanal eine nackte Kinderleiche geborgen wird – das dritte misshandelte und erwürgte Kind innerhalb weniger Monate –, ist Kommissar Hans Adler fassungslos. Hat der Krieg nicht genug Grauen verursacht? Adler, der ohne seinen linken Arm von der Front zurückgekehrt ist und seitdem in einer Laube in Wilmersdorf wohnt, steht bei seinen Ermittlungen vor etlichen Problemen: Niemand kennt die Kinder; wie Hunderte andere müssen sie ihre Eltern im Krieg verloren haben – die überfüllten Flüchtlingsunterkünfte und Kinderheime nach Zeugen zu durchkämmen gleicht einer Nadelsuche im Heuhaufen. Und im Polizeipräsidium herrscht ein Klima des Misstrauens: Der Polizeipräsident scheint aus Moskau gesteuert zu werden, und auch die alten Parteigenossen sind längst wieder da. Eines Nachts wird Adler auch noch von amerikanischen GIs entführt, die sich Informationen von ihm erhoffen. Wem kann Adler noch vertrauen? Wer wird ihm helfen, den brutalen Kindermörder zu stoppen?

13.10.2022

Elmore Leonard – Rum Punch

Hardcover, 978-3311125570, 368 Seiten, 19,90 €

© Kampa

Jackie Burkes Zukunft sieht düster aus: Nach zwanzig Jahren als Stewardess einer kleinen Fluggesellschaft wird sie noch auf dem Flughafen in Palm Beach in Gewahrsam genommen. In ihrer Tasche: fünfzig Riesen, die sie aus Jamaica in die USA geschmuggelt hat. Das FBI weiß, dass Jackie im internationalen Waffenschiebergeschäft unterwegs ist und will, dass sie die Namen ihrer Auftraggeber nennt. Doch wenn sie redet, so viel ist klar, dürfte ihr Leben nicht mehr viel wert sein. Jackie wählt die Alternative: fünf Jahre Sicherheitsverwahrung. Da taucht als Retter in der Not Max Cherry auf, seines Zeichens Kautionsagent, und bietet an, sie auszulösen. Nicht ganz uneigennützig, versteht sich. Max hofft auf ein Geschäft, außerdem hat Jackie es ihm angetan. Die allerdings hat eigene Pläne …

13.10.2022

Gilbert Keith Chesterton – Pater Brown – Tod und Amen: Alle Fälle in einem Band

Hardcover, 978-3311125662, 1288 Seiten, 38,00 €

© Kampa

Wie ein Held wirkt er nun wirklich nicht: Pater Brown ist unscheinbar, unbeholfen, dicklich, kurzsichtig, hat einen riesigen Kopf und macht einen etwas einfältigen Eindruck. Noch dazu ist er Priester. Doch unterschätzen sollte man den Geistlichen aus Essex keinesfalls. Gesegnet mit reichlich Menschenverstand (und göttlichem Beistand), hat Pater Brown noch jeden Verbrecher überführt, wenngleich er die Strafe oftmals der göttlichen Gerichtsbarkeit überlässt. Und als katholischer Geistlicher weiß er mehr über die Sünden, die Abgründe der Menschen, über das Böse als seine säkularen Kollegen Holmes, Poirot oder Marple. Dieses Wissen erweist sich ein ums andere Mal als unverzichtbar bei seinen Ermittlungen, die sich mal in einem Landhaus, mal im Beichtstuhl, mal in einem idyllischen Gärtchen und mal auf Londons Straßen zutragen. Was ihn das Böse auf Erden ertragen lässt? Sein Humor – und der hat es in sich. Sämtliche Fälle des wohl ungewöhnlichsten Ermittlers der Kriminalliteratur jetzt in einem Prachtband versammelt.

 

KIEPENHEUER & WITSCH VERLAG

18.08.2022

Andreas Storm – Das neunte Gemälde

Broschiertes Taschenbuch, 978-3462003888, 416 Seiten, 17,00 €

© Kiepenheuer & Witsch

Bonn im April 2016. Auf dem Weg zum Flughafen erhält Lennard Lomberg einen rätselhaften Anruf. Ein Mann namens Dupret drängt ihn, die Rückgabe eines verschollenen kubistischen Gemäldes zu organisieren, das sich unrechtmäßig im Besitz einer französischen Stiftung befinden soll. Kurz darauf wird Dupret tot in einem Bonner Hotelaufgefunden. Von dem Gemälde fehlt jede Spur. Sofort gerät Lomberg ins Visier von Kriminalrätin Sina Röhm. Ihre Ermittlungen zeigen, dass der einst von den Nazis geraubte mutmaßliche Picasso unmittelbar mit der Geschichte von Lombergs Vater verbunden sein könnte. Lomberg senior hatte sich seinerzeit vom einfachen Leutnant für Kunstschutz im besetzten Paris der 1940er bis zum Generalbundesanwalt der Bonner Republik hochgearbeitet.

Lennard Lomberg wird zum Detektiv in eigener Sache. Immer tiefer taucht er ein in die tragische Geschichte des neunten Gemäldes, und wird schließlich mit einer explosiven Wahrheit über seine Familie konfrontiert. Klar ist: Lomberg muss das Gemälde finden. Doch die sich anbahnende kunsthistorische Sensation ruft skrupellose Gegenspieler auf den Plan, die über Leichen gehen, um vor ihm an das Kunstwerk zu gelangen.

 

KLETT COTTA VERLAG

24.09.2022

Gladys Mitchell – Geheimnis am Weihnachtsabend

Hardcover, 978-3608986730, 336 Seiten, 18,00 €

© Klett Cotta

Beatrice Adela Bradley, die sich in London einen Namen als Amateurdetektivin gemacht hat, beschließt, ihrer Heimatstadt über die Weihnachtsfeiertage den Rücken zu kehren und lässt sich kurzerhand aufs Land kutschieren. Im hügeligen Oxfordshire lebt ihr Neffe Carey Lestrange, der über Weihnachten mehrere Gäste in seinem Gutshaus versammelt hat. Die Stimmung unter den Besuchern der Farm ist entspannt, doch eine lokale Spuklegende sorgt für Aufregung. Vor allem, weil ein mysteriöser Brief dazu verlockt, dem kopflosen Geist um Mitternacht im benachbarten Städtchen aufzulauern. Das kaputte Auto von Mrs Bradley macht dem Vorhaben zunächst einen Strich durch die Rechnung. Doch dann wird der Anwalt des Dorfes, der ebenfalls ein Schreiben des mysteriösen Briefeschreibers erhalten hat, tot am Fluss aufgefunden. Und Mrs. Bradley ist nicht die Einzige, die einen Mord wittert …

 

KNAUR VERLAG

01.08.2022

Thomas Perry – Pantherjagd

Taschenbuch, 978-3426526903, 416 Seiten, 11,99 €

© Knaur

Was passiert, wenn ein pensioniertes Ermittlerpaar des Los Angeles Police Department und zwei Auftragskiller aus San Fernando Valley von gegnerischen Seiten auf denselben ungeklärten Mordfall angesetzt werden? – Es kracht gewaltig. Irre Schusswechsel und Verfolgungsjagden durch Los Angeles sind vorprogrammiert, während die Abels und die Hoyts sich gegenseitig aus dem Verkehr ziehen. Es geht um den Mord an James Ballentine, einem Afroamerikaner mittleren Alters, der als Forscher für ein renommiertes Unternehmen arbeitete, bis er mit zwei Kugeln in den Hinterkopf getötet wurde. Die Auftragnehmer der Hoyts wollen nicht, dass ihr Coup ans Licht kommt – die Abels wollen genau das. Eine gnadenlose Jagd beginnt.

 

KUNSTMANN VERLAG

24.08.2022

William McIlvanney & Ian Rankin – Das Dunkle bleibt

Hardcover, 978-3956145087, 288 Seiten, 25,00 €

© Kunstmann

»Wenn die Wahrheit im Schatten liegt, geh mir aus dem Licht!« Jack Laidlaw muss in Glasgow den Mord an einem bekannten Anwalt der Unterwelt klären, bevor sich die rivalisierenden Gangs der Stadt deswegen bekriegen. Ein schottischer Noir vom Feinsten. Der Anwalt Bobby Carter hat ganz offensichtlich für die falschen Leute gearbeitet. Als seine Leiche in einer Gasse hinter einem Pub gefunden wird, das unter dem Schutz eines lokalen Gangsterbosses steht, gerät das fragile Gleichgewicht, das Glasgow seit Monaten zu einer relativ sicheren Stadt macht, ins Wanken. Außer einer verzweifelten Familie und einer ganzen Reihe mächtiger Freunde hinterlässt Carter auch viele Feinde. Wer protiert von seinem Tod, wer ist dafür verantwortlich? Jack Laidlaws Reputation ist unbestritten. Er ist kein Teamplayer, aber er hat einen sechsten Sinn für die Straße. Für seinen Chef ist klar, dass hinter diesem Mord rivalisierende Gangs stecken. Laidlaw bezweifelt das. Auf jeden Fall muss er, bevor es zwischen den Gangs zum Krieg kommt, den Killer finden, sonst explodiert die Stadt.

 

LENOS VERLAG

30.09.2022

Jamey Bradbury – Wild

Softcover, 978-3-039250240, 400 Seiten, 26,00 €

© Lenos Polar

Die siebzehnjährige Tracy lebt mit Vater und Bruder in der Wildnis Alaskas. Sie hilft bei der Zucht und beim Training der Schlittenhunde und verbringt viel Zeit mit der Jagd im Wald. Eines Tages wird sie auf einem Streifzug von einem Fremden überfallen. Tracy wehrt sich und zückt ihr Messer, danach kann sie sich an nichts mehr erinnern. Zu Hause wagt sie nicht, von dem Vorfall zu berichten. Als ein mysteriöser jugendlicher Ausreisser bei der Familie auftaucht und behauptet, von einem Mann verfolgt zu werden, entsteht in Tracy der Verdacht, dass es sich dabei um den verletzten Unbekannten handelt. Immer mehr zu Jesse hingezogen, wird sie von panischer Angst vor dem Fremden im Wald erfasst. Ihr entgleitet alles, und sie zieht erneut ihr Messser …

 

LIEBESKIND VERLAG

27.06.2022

Peter Cameron – Was geschieht in der Nacht

Hardcover, 978-3954381494, 272 Seiten, 24,00 €

© Liebeskind

Ein New Yorker Ehepaar reist mit dem Zug in eine abgeschiedene, schneeverwehte Kleinstadt im Norden Europas, um im örtlichen Waisenhaus ein Kind abzuholen, das sie adoptieren wollen. Er hofft, durch das Kind seiner Frau wieder näherzukommen. Sie, gezeichnet vom Kampf gegen eine tödliche Krankheit, will ihn nach ihrem Tode nicht allein zurücklassen. Am Ziel ihrer Reise angelangt, quartieren sich die beiden im Grand Imperial Hotel ein, das von der Pracht längst vergangener Tage zeugt und in dem eine Handvoll skurriler Gäste logiert. Am nächsten Morgen setzt das Taxi sie fälschlicherweise nicht beim Waisenhaus ab, sondern vor dem Haus von Bruder Emmanuel, einem mysteriösen Heiler. Dies löst eine Reihe von Verwicklungen aus, die den Plan, das Kind abzuholen, nach und nach in den Hintergrund treten lassen. In diesem Buch darf nichts für bare Münze genommen werden – und nie weiß man, was als Nächstes geschieht. Peter Cameron stört empfindlich unsere Gewissheiten über den natürlichen Ablauf der Welt und liefert dabei einen Roman ab, dessen eigenartige Spannung und grotesker Humor ihresgleichen suchen.

22.08.2022

Yves Ravey – Die Abfindung

Hardcover, 978-3954381524, 128 Seiten, 20,00 €

© Liebeskind

Jean Seghers hat gleich mehrere Probleme. Das ist unerfreulich, aber nicht zu ändern. Immerhin glaubt er, Herr der Lage zu sein. Klar, über seine Tankstelle wurde vor wenigen Tagen ein Insolvenzverfahren eröffnet. Aber Walden, der Präsident des Handelsgerichts, ist ein Schulfreund von Seghers Frau Remedios. Und es sieht so aus, als wäre der interessiert, die Tankstelle weiterzuführen. Das würde die Lage natürlich etwas entspannen. Sorgen bereitet Seghers allerdings, dass seine Frau gerne ohne ihn ausgeht und immer erst frühmorgens zurückkommt. Und da ist natürlich noch Ousmane, der Nachtwächter der Tankstelle, dem er noch das Geld für die Abfindung schuldet und der einfach keine Ruhe geben will. Aber sonst hat Jean Seghers alles im Griff. Was allerdings nicht heißen muss, dass das so bleibt. Manchmal reicht ja schon ein Funke, und alles fliegt in die Luft …

 

LIMES VERLAG

26.10.2022

Alex Beer – Felix Blom – Der Häftling aus Moabit

Broschiertes Taschenbuch, 978-3809027591, 336 Seiten, 17,00 €

© Limes

Berlin, 1878: Der Gauner Felix Blom wird nach drei Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen. Doch in Freiheit ist nichts mehr so, wie es mal war: Sein Hab und Gut gepfändet, seine Verlobte ist mit jemand Neuem liiert. Alle Versuche, an Geld oder Arbeit zu kommen, scheitern. Aber dann hat Blom eine geniale Idee: Warum sich nicht mit der neuen Nachbarin zusammentun? Die ehemalige Prostituierte Mathilde führt eine Privatdetektei, allerdings sind die Aufträge rar, da man ihr als Frau diese Arbeit nicht zutraut. Ihr erster Fall führt die beiden gleich auf die Spur eines mysteriösen Mörders, der seinen Opfern Briefe mit der Botschaft zukommen lässt: „In wenigen Tagen wirst Du eine Leiche sein.“ Als auch Blom eine solche Karte unter seiner Tür durchgeschoben bekommt, wird die Sache persönlich …

26.10.2022

Silvia Moreno-Garcia – Der mexikanische Fluch

Hardcover, 978-3809027478, 416 Seiten, 22,00 €

© Limes

Mexiko, 1950: Ein verstörender Brief führt die junge Noemí in ein entlegenes Herrenhaus in den mexikanischen Bergen: Dort lebt ihre frisch vermählte Cousine Catalina, die behauptet, ihr Mann würde sie vergiften. Sofort tauscht Noemí die Cocktailpartys der Hauptstadt ein gegen den Nebel des gespenstischen Hochlands. High Place ist der Sitz der englischen Familie Doyle, in die Catalina überstürzt eingeheiratet hat. Doch das Ansehen der Doyles ist längst verblasst und ihr Herrenhaus zu einem dunklen Ort geworden. Gut, dass Noemí keine Angst hat – weder vor Howard Doyle, dem widerwärtigen Patriarchen der Familie, noch vor Catalinas eitlem Ehemann Virgil. Aber als Noemí herausfindet, was auf High Place vor sich geht, ist es zu spät: Sie ist längst in einem Netz aus Gewalt und Wahnsinn gefangen …

 

LÜBBE VERLAG

13.09.2022

Rebecca Gablé – Drachenbanner

Hardcover, 978-3785728086, 928 Seiten, 29,90 €

© Lübbe

England 1238: Die junge Adela of Waringham und Bedric, Sohn einer leibeigenen Bauernfamilie, sind zusammen aufgewachsen. Während Adela als Hofdame zur Schwester des Königs geschickt und später mit einem Ritter verheiratet wird, schuftet Bedric auf den Feldern von Waringham – dem Elend der Leibeigenschaft und der Willkür von Adelas Bruder ausgeliefert. Als die Situation unerträglich wird, flieht er, nicht ahnend, dass Adela von ihm schwanger ist. In London begegnet Bedric Simon de Montfort, dem charismatischen Schwager des Königs. Als 1258 Seuchen und Missernten über das Land ziehen, bricht ein Krieg aus, der eine neue Zeit einläutet. Doch Bedric und Adela haben einander nie vergessen …

30.09.2022

Cyril Hare – Mord auf dem Landgut

Hardcover, 978-3404189229, 240 Seiten, 15,99 €

© Lübbe

Markshire, England. Das Landgut von Lord Warbeck – Warbeck Hall – ist prächtig hergerichtet für das wohl letzte Weihnachtsfest des im Sterben liegenden Hausherren. Für diesen festlichen Anlass hat der Lord noch einmal alle eingeladen, die ihm nahestehen. Starker Schneefall sorgt dafür, dass niemand der illustren Gesellschaft das Landgut verlassen kann. Dieser Umstand wird besonders brenzlig, als der Sohn des Lords am Weihnachtsabend tot zusammenbricht – vergiftet mit Zyankali. Wer ist dafür verantwortlich? Der übergangene Vetter? Die junge Geliebte? Oder doch der Butler? Eins steht jedenfalls fest: Verdächtige gibt es viele. Und: Dieses Weihnachten wird mörderisch.

 

PENDRAGON VERLAG

27.07.2022

James Lee Burke – Die Tote im Eisblock

Broschiertes Taschenbuch, 978-3865328113, 480 Seiten, 24,00 €

© Pendragon

Ein schonungsloser Blickauf die US-amerikanische Gegenwart. So wie sich Louisiana von der Explosion einer großen Bohrinsel erholen muss, die das Leben vieler Menschen zerstörte, muss auch Dave ­Robicheaux sich erholen – von einer Verletzung, die ihn beinahe das ­Leben kostete. Wegen starker Schmerzen nimmt er Morphium und hat in der Folge Visionen, in denen ihm eine verschwundene junge Creolin begegnet. Ist sie in Gefahr? Dave ist sich nicht mehr sicher, was real und was Einbildung ist. Kann ihm sein bester Freund Clete Purcell wieder zu Seite stehen?

14.09.2022

Stephen Crane – Das Monster und andere Geschichten

Hardcover, 978-3865328076, 268 Seiten, 24,00 €

© Pendragon

Paul Auster: »Das Monster ist eines von Cranes großartigsten Werken.« 1897 schrieb Stephen Crane eine Erzählung, die viele für seine ­beste ­halten: »Das Monster«, die bedrückende Geschichte eines dramatischen Unfalls. Als im Hause Dr. Trescotts ein Feuer ausbricht, wird der ­schwarze Stallknecht Henry Johnson bei der Rettung des kleinen Jimmie zum ­Helden. Er selbst allerdings bleibt nach dem Brand schwer entstellt, verliert förmlich sein Gesicht. Johnson ist plötzlich für alle nur noch ein »Monster«. Er wird gemieden und ausgegrenzt. Einzig Dr. Trescott ­kümmert sich noch um ihn. Der Band enthält weitere Geschichten, von denen die meisten ­erstmals auf Deutsch erscheinen. So erfährt man in »Ein Hirngespinst in Rot und Weiß« wie ein Vater mit nichts als Worten die Realität seiner Kinder ­verändert. Und in den Erzählungen über den kleinen Möchtegern Jimmie beweist Crane sein großartiges Talent für Humor.

14.09.2022

Frauke Buchholz – Blutrodeo

Broschiertes Taschenbuch, 978-3865328106, 288 Seiten, 18,00 €

© Pendragon

Wenn die Gier nach Öl Natur und Menschen zerstört. Der erfolgreichste Profiler der Royal Canadian Police hat einen neuen Fall: Dieses Mal verschlägt es Ted Garner in die Nähe der Rocky Mountains, um in zwei Mordfällen zu ermitteln. Als Partnerin wird ihm Samantha Stern zur Seite gestellt, die ebenso ehrgeizig ist wie er selbst. Auch wenn sich die beiden in vielem nicht einig sind, so ist ihnen eines klar: es muss eine Verbindung zwischen den Morden geben. Die Spur führt sie durch eine zerstörte Landschaft nach Fort McMurray, wo der Ölsandabbau das einst malerische und fruchtbare Land der Cree in eine vergiftete Einöde verwandelt hat.

 

PENGUIN VERLAG

14.09.2022

Norris von Schirach – Beutezeit

Hardcover, 978-3328601258, 352 Seiten, 24,00 €

© Penguin

Als Wladimir Putin im Januar 2000 Staatspräsident wird, verlässt der reich gewordene Rohstoffhändler Anton fluchtartig Moskau. Hinter ihm liegen acht atemraubende Jahre im postsowjetischen Raubtier-Kapitalismus, vor ihm gähnende Langeweile im gutsituierten Milieu New Yorks. Doch auch mit vierzig ist Anton noch immer ein unverbesserlicher Romantiker auf der Suche nach dem nächsten Kick. Da macht ihm ein Headhunter ein verlockendes Angebot. Anton soll im an Bodenschätzen so reichen Kasachstan mit Geld aus anonymen Quellen einen Stahlkonzern aufbauen. Der Deutsche lässt sich auf das Abenteuer ein und muss schmerzhaft erfahren, wie lokale Clans und unersättliche Eliten ihre nach dem Fall der Sowjetunion zusammengeraffte Beute skrupellos verteidigen. Trotzdem findet Anton Verbündete und schließt einen folgenschweren Pakt.

28.09.2022

Dörte Hansen – Zur See

Hardcover, 978-3328602224, 208 Seiten, 24,00 €

© Penguin

Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben. Nun hat ihr Ältester sein Kapitänspatent verloren, ist gequält von Ahnungen und Flutstatistiken und wartet auf den schwersten aller Stürme. Tochter Eske, die im Seniorenheim Seeleute und Witwen pflegt, fürchtet die Touristenströme mehr als das Wasser, weil mit ihnen die Inselkultur längst zur Folklore verkommt. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Er ist der erste Mann in der Familie, den es nie auf ein Schiff gezogen hat, nur immer an den Strand, wo er Treibgut sammelt. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.

 

PIPER VERLAG

30.06.2022

Chris Whitaker – Was auf das Ende folgt

Hardcover, 978-3492071529, 400 Seiten, 22,00 €

© Piper

Tall Oaks ist eine perfekte kalifornische Kleinstadt. Jeder kennt jeden und das Böse ist hier unbekannt. Die idyllische Fassade bekommt gefährliche Risse, als der dreijährige Harry Monroe eines Nachts spurlos verschwindet. Trotz des riesigen Medienrummels und der verbissenen Polizeiarbeit bleibt sein Schicksal ein Rätsel. Harrys verzweifelte Mutter stürzt sich in eine Suche, die mit jedem Tag aussichtsloser erscheint, während sie ihre Trauer mit Alkohol und Männern zu betäuben versucht. In Tall Oaks ist nichts mehr, wie es war. Hinter ihrem Mitgefühl verbergen die Bewohner eigene Geheimnisse. Als plötzlich jeder zum Verdächtigen wird, kommen ungeheuerliche Dinge ans Licht, die die Stadt für immer verändern werden …

27.10.2022

Volker Kutscher – Transatlantik

Hardcover, 978-3492071772, 560 Seiten, 26,00 €

© Piper

Die Familie Rath ist zersprengt. Eigentlich wollte Charlotte Rath, geborene Ritter, schon längst im Ausland sein, doch halten die Umstände sie in Berlin fest. Ihr ehemaliger Pflegesohn Fritze ist in die geschlossene Abteilung der Nervenheilanstalt Wittenau gesteckt worden, ihre beste Freundin Greta spurlos verschwunden und steht unter Mordverdacht. Dem untergetauchten und von den Behörden für tot gehaltenen Gereon Rath wird es derweil zu gefährlich in Deutschland, er besteigt den Zeppelin, um in die USA zu entkommen. Während Charly versucht, Fritze aus der Klinik rauszupauken, das Verschwinden von Greta zu klären und den Mordfall zu lösen, geschehen jenseits des Atlantiks Dinge, die sie niemals für möglich gehalten hätte.

01.12.2022

Michelle Paver – Schneegrab

Broschiertes Taschenbuch, 978-3492063456, 304 Seiten, 18,00 €

© Piper

Der Himalaya, 1935: Fünf Engländer brechen von Darjeeling aus auf, um den heiligen Gipfel des dritthöchsten Berges der Welt zu bezwingen. Je höher sie kommen, desto gespenstischer wird die Atmosphäre. Die Stimmung zwischen den Männern, vor allem zwischen den sehr ungleichen Brüdern Stephen und Kits, droht zu kippen. Immer klarer wird: Der Berg ist nicht ihr einziger Feind.

Während der Wind abflaut, wächst das Grauen. Gezeichnet von den Schrecken der extremen Höhe stoßen die Männer auf ein unheimliches Geheimnis aus der Vergangenheit, das nicht im Schnee begraben bleiben will …

01.12.2022

T. E. Klein – The Ceremonies

Hardcover, 978-3492063456, 752 Seiten, 26,00 €

© Piper

Eigentlich wollte Jeremy Freirs sich für den Sommer aufs Land zurückziehen, um an seiner Doktorarbeit zu schreiben. Doch er merkt schnell, dass die Bewohner des verschlafenen Dorfes Gilead einer religiösen Sekte angehören und seltsame Rituale befolgen. Jeremy wird immer tiefer in die Ereignisse verstrickt, bis in der Sommerhitze ein uraltes Grauen erwacht, das nicht aus dieser Welt stammt …

26.01.2023

T. A. Willberg – Der Mitternachtsmord

Broschiertes Taschenbuch, 978-3492705967, 384 Seiten, 15,00 €

© Piper

London, 1958: Verborgen unter den Straßen der Stadt liegt die geheimnisvolle Welt von Miss Bricketts Detektivbüro, ein Labyrinth aus Tunneln und unterirdischen Hallen. Nachdem Miss Bricketts Assistentin um Mitternacht in der Bibliothek des Detektivbüros ermordet wird, erhält die junge Detektivin Marion Lane den Auftrag, den Fall aufzuklären. Schnell ist für sie klar, dass der Mörder aus Miss Bricketts eigenen Reihen stammen muss, denn die Bibliothek war akribisch von der Außenwelt abgeschottet … was jeden Mitarbeiter zu einem Verdächtigen macht.

 

POLAR VERLAG

01.07.2022

Ken Bruen – Aliens Bändigung

Broschiertes Taschenbuch, 978-3948392543, 176 Seiten, 15,00 €

© Polar

Detective Sergeant Brant und sein Boss, Inspector Roberts, sind als „R&B“ der Metropolitan Police bekannt – und sie sind so schäbig und skrupellos wie die Schurken, die sie fangen wollen. Sie nennen ihn den Alien. Als kleiner Gauner mit der Angewohnheit, seine Feinde mit einem Baseballschläger zu verprügeln, verdiente er sich seinen Namen, weil er einen Mann erledigte, während dieser Ridley Scotts Science – Fiction – Klassiker sah – und der blieb, um den Film danach zu Ende zu sehen. Das neue Ziel des Aliens ist Detective Sergeant Brant, dessen Brutalität ihn auf der Südseite Londons nicht beliebt gemacht hat. Der Alien bricht in Brants Wohnung ein, schlägt mit seinem Louisville-Schläger auf ihn ein und foltert ihn, bis er ohnmächtig wird. Als Brant aufwacht, ist der Alien verschwunden und Brant hat Blutdurst. Mit der Hilfe seines Partners, des krebskranken Chief Inspector Roberts, wird Brant London verwüsten. Aber als seine Vendetta, die ihn bis nach New York führt, zu etwas Furchterregenderem als einem Baseballschläger schwingenden Psychopathen führt, wird Brant sich fragen, ob er vielleicht nicht besser hätte in London bleiben sollen.

01.08.2022

John Vercher – Wintersturm

Hardcover, 978-3948392628, 300 Seiten, 25,00 €

© Polar

Pittsburgh, 1995. Der zweiundzwanzigjährige Bobby Saraceno ist ein gemischtrassiger Schwarzer, der sich als Weißer ausgibt. Bobby hat seine Identität vor allen verborgen, auch vor seinem besten Freund Aaron, der gerade als radikalisierter weißer Rassist aus dem Gefängnis zurückgekehrt ist. In der Nacht ihres Wiedersehens wird Bobby Zeuge, wie Aaron einen jungen Schwarzen gnadenlos mit einem Ziegelstein angreift. Nach dieser entsetzlichen Gewalttat muss Bobby seine unwissentliche Beteiligung an dem Verbrechen vor der Polizei verheimlichen und mit seinen eigenen persönlichen Dämonen kämpfen.

01.09.2022

Cédric Fabre – Ein kurzer Moment

Hardcover, 978-3948392581, 330 Seiten, 25,00 €

© Polar

Anschläge, Zusammenstöße mit der Polizei, Streiks, Demonstrationen. Eine Gruppe von Aktivisten, radikal, schafft in Marseille eine originelle Kunstperformance, wenn Lokalpolitiker in der Stadt eine Rede halten. Hinter den brutalen Happenings stehen Männer und Frauen wie Grégoire Lang, der, nach einer obskuren Vergangenheit als Kriegsreporter, sich einer Art künstlerischem Fight-Club widmet. Als Ausdrucksform: die Schlägerei, deren Inhalt weit über das bloße Austoben hinausgeht und eine politisch-soziale Kritik äußert. Er hat sich mit Paolo angefreundet, der diese „Fightmobs“ organisiert, und teilt mit ihm eine sentimentale Beziehung zu Olivia, der Tochter von Old Maurice, die bei einem Anschlag an einem Strand in Tunesien ums Leben kam. Lang wird von Awa kontaktiert, einer Schwarzen, die in sein Leben tritt und geltend macht, dass er ihr etwas schuldet, weil er sie nicht vor einer Vergewaltigung in Afrika gerettet hat.

01.10.2022

Chris Harding Thornton – Pickard County

Broschiertes Taschenbuch, 978-3948392642, 350 Seiten, 16,00 €

© Polar

In einer staubigen Stadt in den schro en Sandhügeln von Nebraska patrouilliert der erschöpfte Sheriff-Stellvertreter Harley Jensen nachts durch die Straßen auf der Suche nach etwas – irgendetwas – Außergewöhnlichem. Es ist Juli 1978 und die Hitze macht die Menschen unruhig und nervös. Als der Patriarch der Familie Reddick beschliesst, für seinen verschwundenen Jungen einen Grabstein zu legen, entzündet diese Entscheidung einen Funken, der Pickard County in Brand zu setzen droht. In einer schicksalhaften Nacht nach dem Gedenkgottesdienst beschattet Harley den jüngsten Reddick und Stadtbösewicht Paul an verlassenen Farmen und Häuser außerhalb ihrer heruntergekommenen Stadt vorbei. Die Verfolgung bringt Harley auf die Spur von Pam Reddick, einer rastlosen jungen Frau, die nach einem Ausweg sucht. Sie ist dabei, die Bande von Mutterschaft und Ehe zu durchtrennen. Voll verzweifelter Frustration fühlt sich Pam zu Harleys dunkler Geschichte hingezogen, die der ihres Mannes Rick nicht unähnlich ist – eines Mannes, der zwischen den Trümmern des gewaltsamen Todes eines Bruders und der verhärteten Wut seiner Mutter aufgewachsen ist. Pickard County Atlas entfaltet sich über sechs angespannte Tage und bringt Harley und Reddick auf Kollisionskurs – und treibt sie auf einen aufrührerischen Moment zu, der sie entweder erlösen oder zerstören wird.

01.11.2022

Attica Locke – Pleasantville

Hardcover, 978-3948392567, 350 Seiten, 26,00 €

© Polar

Wir schreiben das Jahr 1996, Bill Clinton ist gerade wiedergewählt worden und in Houston steht eine Bürgermeisterwahl an. Wie üblich konzentriert sich der Wahlkampf auf Pleasantville – das afroamerikanische Viertel der Stadt, das seit seiner Gründung im Jahr 1949 fast jedes Rennen entschieden hat. Axel Hathorne, ehemaliger Polizeichef und Sohn des Gründungsvaters von Pleasantville Sam Hathorne, steht kurz davor, Houstons erster schwarzer Bürgermeister zu werden. Doch sein Vorsprung schmilzt dank eines neuen Kandidaten im Rennen – Sandy Wolcott, eine Strafverteidigerin, die sich über den Erfolg eines viel beachteten Mordprozesses freut. Als sich der Wettbewerb verschärft, verschwindet ein Mädchen, das oenbar für Axel geworben hat. Als ihre Leiche gefunden wird, wird Axels Nee des Mordes an ihr beschuldigt. Sam ist entschlossen, dass Jay Porter seinen Enkel verteidigt. In einem spektakulären Mordprozess, der einmal mehr unter Beweis stellt, wie weit die Mächtigen zu gehen bereit sind, um ihre Macht zu erhalten.

 

PULP MASTER VERLAG

30.06.2022

Megan Abbott – Aus der Balance

Taschenbuch, 978-3946582168, 330 Seiten, 16,00 €

© Pulp Master

Dara hat ihr Leben im Schatten ihrer glamourösen Mutter verbracht. Zusammen mit ihrer Schwester Marie und ihrem Ehemann Charlie – dem ehemaligen Starschüler ihrer Mutter – leitet Dara jetzt die Ballettschule, die ihre Mutter einst gründete. So kultiviert ihre geschlossene Welt auch sein mag, ist sie doch auch geprägt von rücksichtslosem Ehrgeiz und einem intensiven Wettbewerb, den die Schwestern zwischen ihren Elevinnen und Eleven befördern. Als nach einem Brand ein Bauunternehmer in ihr Leben tritt, um die Instandsetzung vorzunehmen, überwindet er die sorgsam bewachten Grenzen dieser Welt, irritiert die ohnehin emotional belastete Atmosphäre um das Trio und bedroht zugleich das empfindliche Gleichgewicht zwischen den Schwestern.

 

ROWOHLT VERLAG

13.09.2022

Péter Nádas – Schauergeschichten

Hardcover, 978-3498002282, 416 Seiten, 28,00 €

© Rowohlt

Péter Nádas’ neuer Roman ist ein unerwartetes Geschenk. Sprachgewaltig und vielstimmig erzählt er das Leben eines Dorfes am Fluss mit all seinen Bewohnern: Da sind die großen Bauern wie die Tagelöhner, der Priester und der evangelische Pfarrer, ein geistig behindertes Mädchen, eine junge Mutter, der Schäfer des Dorfes, der Lehrer, eine Frau, die Jahrzehnte zuvor unwiderruflich in Schande geriet, ein vom Teufel besessener Bäcker, dazu entwurzelte Aristokraten und Grandes Dames auf Landpartie. Ein Panoptikum von Figuren, getrieben von Missgunst und Bosheit.

Und um die Menschen des Dorfes herum: Gespenster.

25.10.2022

Cormac McCarthy – Der Passagier

Hardcover, 978-3498003371, 608 Seiten, 28,00 €

© Rowohlt

1980, Pass Christian, Mississippi: Bobby Western, Bergungstaucher mit Tiefenangst, stürzt sich ins dunkle Meer und taucht hinab zu einer abgestürzten Jet Star. Im Wrack findet er neun in ihren Sitzen festgeschnallte Leichen. Es fehlen: der Flugschreiber und der zehnte Passagier. Bald mehren sich die Zeichen, dass Western in etwas Größeres geraten ist. Er wird von skrupellosen Männern mit Dienstausweisen verfolgt und heimgesucht von der Erinnerung an seinen Vater, der an der Erfindung der Atombombe beteiligt war, und von der Trauer um seine Schwester, seiner großen Liebe und seinem größten Verderben.

22.11.2022

Cormac McCarthy – Stella Maris

Hardcover, 978-3498003364, 256 Seiten, 24,00 €

© Rowohlt

1972, Black River Falls, Wisconsin: Alicia Western, zwanzig Jahre alt, lässt sich mit vierzigtausend Dollar in einer Plastiktüte und einem manifesten Todeswunsch in die Psychiatrie einweisen. Die Diagnose der genialen jungen Mathematikerin und virtuosen Violinistin: paranoide Schizophrenie. Über ihren Bruder Bobby spricht sie nicht. Stattdessen denkt sie über Wahnsinn nach, über das menschliche Beharren auf einer gemeinsamen Welterfahrung, über ihre Kindheit, in der ihre Großmutter um sie fürchtete – oder sie fürchtete? Alicias Denken kreist um die Schnittstellen zwischen Physik, Philosophie, Kunst, um das Wesen der Sprache. Und sie ringt mit ihren selbstgerufenen Geistern, grotesken Chimären, die nur sie sehen und hören kann. Die Protokolle der Gespräche mit ihrem Psychiater zeigen ein Genie, das an der Unüberwindbarkeit der Erkenntnisgrenzen wahnsinnig wird, weder im Reich des Spirituellen noch in einer unmöglichen Liebe Erlösung findet und unsere Vorstellungen von Gott, Wahrheit und Existenz radikal infrage stellt.

 

RÜTTEN & LOENING VERLAG

20.09.2022

Jane Harper – Der Sturm

© Rütten & Loening

Hardcover, 978-3352009686, 396 Seiten, 22,00 €

Ein Sturm hat Kiernans Lebens vor zwölf Jahren von einem Tag auf den anderen verändert: Ein Mädchen verschwand spurlos in der See, sein Bruder kam durch seine Schuld ums Leben. Als er nun in seinen Heimatort auf die australische Insel Tasmanien zurückkehrt, spürt er die Schuld noch immer. Nun aber hat er mit seiner Freundin Mia ein Kind und glaubt, die Vergangenheit hinter sich lassen zu können. Kurz nach seiner Rückkehr jedoch wird am Strand eine tote Frau gefunden – und plötzlich brechen alte Wunden wieder auf. Bald wird Kiernan klar, dass dieser Mord mit ihm zu tun hat – und mit all dem, was während des Sturms vor zwölf Jahren geschah und niemals wirklich ans Tageslicht kam.

 

S. FISCHER VERLAG

12.10.2022

Javier Marías – Tomás Nevinson

Hardcover, 978-3103971323, 800 Seiten, 32,00 €

© S. Fischer

Eigentlich hat Tomás Nevinson mit dem Geheimdienst abgeschlossen. Doch sein ehemaliger Chef verführt ihn mit einem neuen Auftrag: Nevinson soll in einer spanischen Kleinstadt eine Terroristin, die sich an früheren Anschlägen der ETA und der IRA beteiligt hat, aufspüren und beseitigen. Als er mit einer Frau, die als Zielperson in Frage kommt, eine Beziehung eingeht, gerät er in Gewissenskonflikte.
Lassen sich Schuld und Unschuld zweifelsfrei erkennen? Und darf man einen Menschen töten, um ein größeres Verbrechen zu verhindern?

 

SUHRKAMP VERLAG

10.10.2022

Simone Buchholz – Unsterblich sind nur die anderen

Broschiertes Taschenbuch, 978-3518472767, 280 Seiten, 18,00 €

© Suhrkamp

Drei Männer verschwinden spurlos auf der MS Rjúkandi, einer Nordatlantikfähre. Zwei Frauen machen sich auf den Weg, um nach ihren verschollenen Freunden zu suchen – und sie besteigen das Schiff nach Island in der festen Überzeugung, bald wieder zu Hause zu sein. Aber schon in den ersten Tagen an Bord fallen ihnen merkwürdige Dinge auf, und die seltsame Atmosphäre: Die Crew ist überirdisch gutaussehend, der Kapitän scheint bei aller Erhabenheit und Coolness stets einen Sack voll Schuld mit sich herumzuschleppen, und was zur Hölle ist eigentlich mit der Barfrau los?

21.11.2022

Tom Lin – Die tausend Verbrechen des Ming Tsu

Broschiertes Taschenbuch, 978-3518472842, 300 Seiten, 16,00 €

© Suhrkamp

1869, als der Westen der USA durch den Bau der Eisenbahnstrecken erschlossen wird. Der chinesische Gangster und Hitman Ming Tsu ist auf einem Rachefeldzug: Weil er Ada, eine weiße Frau, heiraten wollte, wurde er von deren Vater, einem Eisenbahnbaron, beinahe umgebracht und an eine Eisenbahngesellschaft als Arbeitssklave verkauft. Aber Ming Tsu lässt sich nicht unterkriegen, schließlich ist er ein professioneller Killer mit sehr eigener Moral. Mit Hilfe eines greisen Chinesen, genannt »Der Prophet«, und einer gemischten Zirkustruppe, deren Personal zu veritablen Wundern fähig ist, liquidiert er nach und nach seine Peiniger. Er arbeitet sich dabei zielstrebig nach Kalifornien vor, wo er Ada wiederzutreffen hofft. Dort erwartet ihn ein explosiver und unerwarteter Showdown …

16.01.2023

Zoë Beck – Memoria

Broschiertes Taschenbuch, 978-3518472927, 300 Seiten, 16,95 €

© Suhrkamp

Sommer in zwanzig Jahren. Henna, eine Frau Mitte dreißig, stand vor einer Karriere als Pianistin, bis ein scheinbar harmloser Eingriff an der Hand ihren großen Traum zerstörte. Zumindest ist es das, was Henna bisher glaubte. Aber seit sie unter Aufbietung aller Kräfte eine Frau vor einem Waldbrand gerettet hat, wird sie von seltsamen Erinnerungen geplagt: Szenen, die aus einem anderen Leben zu stammen scheinen – und immer wieder Bilder von Tod, Gewalt und Zerstörung …
Henna zweifelt an ihrem Verstand, sucht Hilfe bei einer Ärztin. Und die fremde Frau, die sie vor den Flammen gerettet hat, weiß offenbar mehr über sie, als sie zugibt. Mit ihren Fragen scheint sie etwas losgetreten zu haben, denn nicht nur kommen immer mehr verborgene Erinnerungen ans Licht, sie nehmen auch eine bedrohliche Realität an …

 

ULLSTEIN VERLAG

29.09.2022

Alan Melville – Das Publikum war Zeuge

Taschenbuch, 978-3548067209, 352 Seiten, 11,99 €

© Ullstein

Die Premiere im Londoner Grosvenor Theater nähert sich ihrem Höhepunkt und ein dramatischer Schusswechsel steht an. Doch die Szene entpuppt sich als realistischer als beabsichtigt, und der Star des Abends geht tatsächlich tot zu Boden. Wie es der Zufall will, sitzen Inspector Wilson von Scotland Yard und sein Sohn Derek, ein ambitionierter junger Reporter, im Publikum. Das Duo stürzt sich in die Ermittlungen, doch keiner von beiden weiß so richtig, was er tut. Bald stolpern sie über weitere Leichen – und immer wieder über die eigenen Füße.

 

UNIONSVERLAG

22.08.2022

Garry Disher – Stunde der Flut

Hardcover, 978-3293005846, 352 Seiten, 23,00 €

© Unionsverlag

Menlo Beach, ein paar bescheidene Hütten zwischen holprigen Schotterpisten und struppigen Eukalyptusbäumen, Asbest in den Wänden, Meersalz in der Luft. Charlie Deravin ist vom Dienst bei der Kriminalpolizei suspendiert, tätlicher Angriff auf einen Vorgesetzten. Bei seinen einsamen Strandspaziergängen drehen sich Charlies Gedanken stets um den gleichen alten Fall: den seiner Mutter. Verschwunden, vor zwanzig Jahren. Der Hauptverdächtige: sein Vater.

Damals freigesprochen, halten sich die Gerüchte hartnäckig, doch Charlie will nicht an die Schuld seines alternden Vaters glauben. Die nagende Ungewissheit treibt Charlie wieder zurück in die kalten Ermittlungen – und in die Abgründe seiner eigenen Familie.

 

 

Der Name ist Bond. James Bond.

© Cross Cult

Bond, James Bond. 007. Es gibt wohl kaum einen bekannteren Spion, als den Mann aus der Doppel-Null-Abteilung des britischen Geheimdiensts MI6 mit der Lizenz zum Töten, was diese inzwischen popkulturelle Figur wohl allerdings in erster Linie den diversen Auftritten auf der Kinoleinwand zu verdanken hat.

Verkörpert von legendären Schauspielern wie Sean Connery, Roger Moore, Pierce Brosnan oder zuletzt Daniel Craig, sind es besonders ihre Interpretationen, welche für verschiedene Generationen von Zuschauern das Bild von James Bond nachhaltig geprägt haben. Die Bandbreite reicht dabei vom maskulinen, frauenfressenden Macho (Sean Connery) über den wortwitzigen Gentleman (Roger Moore) und den smarten, eleganten Anzugträger (Pierce Brosnan) bis hin zur menschlichen Dampframme, welche sich letztlich gar in einen von Gefühlen geleiteten Familienvater wandelt (Daniel Craig). Wie immer man selbst die einzelnen Interpretationen von 007 auch für sich beurteilt – und ja, auch Lazenby und Dalton (über David Niven decken wir lieber den Mantel des Schweigens) haben natürlich den Spion um zusätzliche Facetten erweitert – alle haben eine Tatsache gemeinsam: der literarischen Vorlage wird jede von ihnen nur in Teilen gerecht.

Nachdem nun mit „Keine Zeit zu sterben“ im vergangenen Jahr das Franchise zumindest im Kino zu einem vorläufigen Ende gekommen ist – das Wie möchte ich an dieser Stelle lieber ausklammern, würde doch mein Frust ob dieser 163minütigen Demontage einer Filmikone sicher ganze Seiten füllen – scheint daher nun der richtige Zeitpunkt gekommen, sich näher den Wurzeln von James Bond zu widmen. Und diese haben ihren Ursprung in Ian Flemings Erstlingswerk (zuvor geschriebene Bücher blieben unveröffentlicht) „Casino Royale“ aus dem Jahr 1953, das mit etwas Verspätung (dazu weiter unten mehr) nicht nur ein ganzes Sub-Genre nach dem Zweiten Weltkrieg revitalisierte, sondern zugleich auch in vielerlei Hinsicht autobiografisch stark von seinem Schöpfer geprägt ist. Bevor wir uns daher genauer mit dem Inhalt der Geschichte befassen, lohnt vorab ein Blick auf den Autor selbst, der das Porträt des Anti-Helden mit der Vorliebe für schöne Frauen und schnelle Autos bis heute wie kein anderer maßgeblich beeinflusst.

Im Jahr 1908 in London geboren, wuchs er im Stadtteil Mayfair auf und kam aufgrund guter schulischer Leistungen im Alter von 13 Jahren auf das Eton College, wo er nicht nur diverse Sprachen erlernte (u.a. Deutsch, Französisch und Russisch), sondern sich auch durch sportliche Leistungen hervortat. Zu Disziplin und Regeln hatte er jedoch schon in jungen Jahren ein eher distanziertes Verhältnis und so passt es auch angesichts seiner späteren Biographie fast ins Bild, das er das College aufgrund eines Vorfalls mit einem Mädchen verlassen musste. Für Fleming ging es im Anschluss an die Militärakademie nach Sandhurst, welche er aber krankheitsbedingt ebenfalls nicht abschließen konnte. Damit begann für ihn die Zeit der Reisen. Über eine Privatschule im österreichischen Kitzbühel (hier lernte er Ski fahren und den ehemaligen Geheimdienstler Ernan Forbes und seine Frau, die Schriftstellerin Phyllis Bottome kennen) ging es an die Universitäten von München und Genf. Im Herbst des Jahres 1931 trat er seine Stellung als Journalist bei Reuters an, wo er immer wieder direkt von den damals sehr beliebten Motorsportwettbewerben in den Alpen berichtete, welche sein Interesse an der Rennfahrerei und Sportwagen generell weckte. Größer von sich Reden machte er erstmals mit einem Bericht aus Moskau, wo sechs britische Ingenieure in einem stalinistischen Schauprozess der Spionage angeklagt wurden. Eine Zeit, die Flemings Bild von der Welt hinter dem Eisernen Vorhang und von dem Gegner Sowjetunion nachhaltig prägen sollte.

Ian Flemings kostspieligen Lebensstil – er war als Frauenheld und Lebemann inzwischen berüchtigt – konnte seine Arbeit als Journalist jedoch nicht finanzieren und da auch kein größeres Erbe in Aussicht stand, versuchte er sich zwischenzeitlich erfolglos als Börsenmakler bis ihn schließlich der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in die Dienste der Armee zwang. Er trat als Lieutenant in den Marine-Nachrichtendienst British Naval Intelligence ein und arbeitete hier ab 1939 als persönlicher Adjutant des Direktors, Konteradmiral John Godfrey. In dieser Funktion war er u.a. für den Schutz von Gibraltar und Südspanien verantwortlich. Die Abwehr der deutschen Radarüberwachung lief damals übrigens unter dem Codenamen „Operation Goldeneye“. Desweiteren diente er als Verbindungsoffizier zum US-Marinegeheimdienst (später rühmte er sich selbst damit, einen großen Beitrag für die Reorganisation der amerikanischen Nachrichtendienste geleistet zu haben) und besuchte in dieser Zeit auch das Casino Estoril in Portugal, das damals größte Casino in Europa und erlernte dort das Baccara-Spiel. Ohne es zu wissen, war bereits hier die Blaupause für die Kulisse von „Casino Royale“ geboren. Als weiterer Einfluss auf sein Werk gilt schließlich auch das Kommando für eine speziell ausgebildete Einheit der Royal Marines, für die er ab 1943 einige gefährliche Einsätze plante und sein Besuch von Jamaika im Jahr 1944. Fleming war von der exotischen Landschaft beeindruckt und bekundete seine Absicht, nach Kriegsende hierhin zurückzukehren.

Mit welcher Frau an seiner Seite, das stand lange nicht fest, hatte doch Ian Fleming gleich mehrere Affären und – laut seinem Umfeld – auch eindeutige sadomasochistische Vorlieben wie das Spanking, die eine längere Beziehung zumindest erschwerten, wenn nicht gar für diese Zeit gänzlich unmöglich machten. Es gilt heute als sicher, dass sich diese Neigungen in den diversen Folter-Szenen und Beinahe-Vergewaltigungen der Bond-Romane widerspiegeln, welche erst spät ihren Weg auf die Leinwand fanden (Erst mit der Veröffentlichung der ungekürzten Ausgaben durch den Cross Cult Verlag im Jahr 2012 liegen diese hierzulande auch literarisch auf Deutsch vor). Dennoch heiratete Fleming Anfang 1952 schließlich seine langjährige Geliebte Ann. Noch im gleichen Jahr kam ihr Sohn Casper auf die Welt, mit dem sie vor allem die Wintermonate auf Jamaika verbrachten, wo Fleming inzwischen ein Grundstück erworben und „Goldeneye“ getauft hatte. Finanziert wurde dies durch seine Anstellung als leitender Kolumnist der „Sunday Times“, welche immer noch viel Zeit zum Schreiben ließ. Inmitten der Flitterwochen begann er mit seinem ersten Spionageroman – „Casino Royale“. Den Namen seines Protagonisten „klaute“ sich der passionierte Vogelbeobachter bei dem Autor eines ornithologischen Bestimmungsbuchs. James Bond war geboren.

Damit nähern wir uns nun endlich auch inhaltlich dem Auftakt der Reihe. Man möge mir die lange Einleitung verzeihen, aber sie ist meines Erachtens notwendig, um vor dem Hintergrund Flemings eigener Biographie Bond näher zu verstehen. Aber jetzt zum Buch:

Das kleine (fiktive) Provinznest Royale-les-Eaux an der französischen Kanalküste. Wir schreiben das Jahr 1951. Einst war dieses Feriendorf ein Anlaufpunkt für die Reichen und Schönen, aber mit den Wirren des Krieges hat es zunehmend an Bedeutung verloren. Wie die Farbe an der Häuserfassaden, so ist auch der Glanz von Royale-les-Eaux längst abgeblättert und der faden Tristesse gewichen. Allein das Casino besitzt noch einen gewissen überregionalen Ruf, der vor allem diejenigen anlockt, welche lieber unter dem Radar bleiben und dennoch um äußerst hohe Beträge spielen wollen. Einer von ihnen ist James Bond, 007. Den Agenten mit der Lizenz zum Töten hat jedoch nicht die eigene Vorliebe für das Glücksspiel nach Nordfrankreich geführt. Vielmehr wurde er persönlich vom British Secret Service, genauer gesagt dem MI6, ausgewählt, um vor Ort eine einmalige Gelegenheit zu nutzen: Le Chiffre, ein sowjetischer Meisterspion und langjähriger Gegenspieler, befindet sich ebenfalls im Casino, um am Spieltisch die Verluste gut zu machen, welche ein fehlgeschlagenes Unterweltgeschäft verursacht hat. Dass er sich dafür eines Geldbetrags bedient hat, welcher seitens des russischen Geheimdiensts eigentlich für die Unterwanderung der französischen Gewerkschaften gedacht war, macht das Ganze umso prekärer. Niemand bestiehlt Stalin ungestraft. Und die eigens dafür installierte Einheit „Smersch“ hat sich bereits an seine Fersen geheftet.

Ein finanzieller Ruin von Le Chiffre ist also im Interesse der Briten, weswegen James Bond sein Geschick nutzen soll, um im Baccara-Duell den Sieg davon zu tragen. Für den jungen Agenten ist es die erste große Bewährungsprobe. Zwar hat er bereits zweimal Gebrauch von seiner Lizenz gemacht, aber noch nie stand so viel auf dem Spiel. Auch aus diesem Grund schickt man ihm zur Unterstützung Vesper Lynd, welche als Kontakt nach oben dienen und gleichzeitig darauf achten soll, dass Bond seinerseits nicht zu verschwenderisch mit den eigenen monetären Mitteln umgeht. Das Raubein hat nur wenig für seine neue Partnerin übrig, welche seinen Hass auf den Kommunismus nicht wirklich zu teilen und auch sonst für den Job viel zu grün zu sein scheint. Wenigstens ist ihr Anblick etwas für die Augen. Eine Eigenschaft, die er sich vielleicht zu Nutze macht, wenn sich Zeit und Gelegenheit ergeben. Bis dahin soll sie vor allem eins tun: Ihm nicht im Weg stehen.

Am Anfang scheint alles nach Plan zu laufen, denn Bond schlägt – auch mit Hilfe der CIA in Person von Felix Leiter – Le Chiffre am Spieltisch und besteht so seine Feuertaufe. Doch im Überschwang seines Erfolgs unterschätzt er seinen Gegenspieler. Als er gemeinsam mit René Mathis vom Deuxième Bureau und Vesper auf seinen Triumph anstoßen will, wird Letztere vor seinen Augen entführt. In einem Bentley aus den Dreißigern nimmt James Bond die Verfolgung auf, wird jedoch in eine Falle gelockt und verliert in einem spektakulären Unfall die Kontrolle über seinen Wagen. Als er wieder zu sich kommt, befindet er sich in Le Chiffres Händen. Und der hat sich eine ganz ausgeklügelte Folter ausgedacht, um wieder in den Besitz seines Geldes zu kommen …

Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, zumal gerade an diesem Punkt der Handlung das Buch eine ziemlich unerwartete Wendung nimmt – zumindest für diejenigen, welche die Verfilmung mit Daniel Craig aus dem Jahr 2006 noch nicht kennen sollten (so viele dürften das aber nicht sein). Und damit kommen wir vorneweg gleich zu meiner persönlich erstaunlichsten Erkenntnis nach dieser Lektüre: Martin Campbells cineastische Verarbeitung orientiert sich – ganz im Gegensatz zu früheren Verfilmungen – inhaltlich erstaunlich nah an der literarischen Vorlage, von gewissen Zugeständnissen an das moderne Publikum mal abgesehen. Das ist insofern überraschend, weil es unterstreicht, welche bahnbrechende Wirkung der Roman auf die damaligen Leser gehabt haben muss. Zumindest auf diejenigen, die ihn in den 50ern überhaupt gelesen haben, denn ein breitenwirksamer Erfolg blieb Ian Fleming mit den James-Bond-Titeln noch bis Anfang der 60er Jahre verwehrt. Bis ein gewisser John F. Kennedy eine Liste mit seinen Lieblingsbüchern veröffentlichte – und sich darunter ein Titel mit dem Namen „Liebesgrüße aus Moskau“ wiederfand. Im Zuge der darauffolgenden Popularität wurde schließlich das Fundament für eine Erfolgsgeschichte gelegt, die bis zum heutigen Tag andauert. Aber auch zurecht?

Entgegen meiner üblichen Gewohnheit habe ich diesmal tatsächlich einen Blick in die Einschätzungen diverser Literaturkritiker geworfen, die fast alle ein überwiegend negatives Bild von „Casino Royale“ zeichnen – von einem Roman, dem der Zahn der Zeit ordentlich zugesetzt hat und der heutzutage nur noch mit viel Mühe konsumierbar ist. Auffällig dabei: Viele der deutschen Rezensenten fällen dieses Urteil auf Basis der gekürzten deutschen Auflagen früherer Jahre, die vom Umfang her allenfalls noch knapp als Novelle durchgehen dürften und wichtige Passagen komplett außen vor gelassen haben. Andere kritisieren die Inkohärenz der Figur James Bond, welche zwar als Profi eingeführt wird, jedoch im weiteren Verlauf des Romans immer wieder diverse Anfängerfehler macht und mitunter ziemlich leichtsinnig – und vermeintlich eines Agenten unwürdig – agiert. Der Fakt, das Fleming betont, das wir Bond hier noch am Anfang seiner Karriere begegnen, wird bei dieser Beurteilung gerne ausgeblendet. Genauso wie der zeitliche Kontext, in dem letztlich das ganze Gebaren des Agenten Bond begründet liegt.

Die kurze Phase des Friedens und die aus der Not geborene Allianz der Alliierten nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sich 1953 bereits in eine deutliche Auseinandersetzung der zwei Blöcke gewandelt – mit der NATO auf der einen und dem Warschauer Pakt auf der anderen Seite. Eine jede Seite strebte nach größtmöglicher Ausbreitung, versuchte ihre Ideologie und damit auch ihren Einflussbereich stetig zu erweitern – mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Während wir in Deutschland diese Phase vor allem etwas oberflächlich als Zeit des Wirtschaftswunders und neu gefundener Freiheiten, wie das Reisen in ferne Länder, verklären, fand hinter den Kulissen des Kalten Krieges ein heißer Konflikt statt, in dem sich tatsächlich Geheimdienstler auf diverse Art und Weise ihre Finger schmutzig machen mussten. James Bond ist daher einerseits ein Produkt von Flemings Erfahrungen und andererseits eines dieser Zeit. Entsprechend kaltblütig, rücksichtslos, manipulativ und emotional oberflächlich hat ihn der Autor gezeichnet. Eine Charakterisierung, die er jedoch in späteren Werken nicht nur mehr und mehr differenzierte, sondern auch etwas aufweichte (Eine gänzliche weichgespülte Version wie in „Keine Zeit zu Sterben“ blieb den Lesern aber gottseidank erspart) und zudem immer mit einer gehörigen Position Stil würzte, der Fleming bekanntermaßen äußerst wichtig war. Nur aus diesem Grund trägt James Bond die besten Anzüge, isst die feinsten Delikatessen, steigt in den teuersten Hotels ab und trinkt stets seinen Martini – geschüttelt, nicht gerührt.

Ja, wie Judi Denchs M in „Goldeneye“ treffend feststellt: James Bond ist ein Dinosaurier, ein Relikt des Kalten Krieges. Aber dies ändert nichts am formidablen Vergnügen, das sich bei der Lektüre dieses Romans sofort einstellt. Lange vor einem Elmore Leonard definiert hier Ian Fleming den Begriff „Coolness“ im Kriminalroman, setzt er die Richtlinien dafür, wie ein schurkischer, überlebensgroßer Oberbösewicht zu agieren hat, nutzt er die literarischen Freiheiten aus, um das bis dahin in seinen Konventionen gefangene Genre des Agententhrillers um eine ganz neue Bandbreite an Möglichkeiten zu erweitern. Dafür nimmt er sich trotz kurzen 240 Seiten erstaunlich viel Zeit, verzichtet (von wenigen Momenten wie der Verfolgungsjagd oder eine gezündeten Autobombe abgesehen) auf ausufernde Action und legt Bonds erstes Abenteuer besonders gegen Ende hin ziemlich „character driven“ an. Während sich manche gerade über diesen „Epilog“ nach der ansteigenden Spannungskurve und die damit abfallende Dramaturgie echauffieren, empfinde ich speziell dieses retardierende Moment als sehr gelungen und kennzeichnend für den weiteren Verlauf der Reihe. Die Welt ist eben nicht genug – es muss stets gleichfalls ein persönlicher Preis in der Waagschale liegen, um der Suspense Bedeutung zu verleihen.

Auch wenn James Bond hier noch lange nicht der Profi ist, als den ihn Sean Connery in „James Bond jagt Dr. No“ einst verkörpert und weltweit bekannt gemacht hat (selbst die Walther PPK trägt er in „Casino Royale“ noch nicht) – sein erster Auftritt beeindruckt auch heute noch durch archaische Wucht, britischen Stil und zielgerichtete Eleganz, welche der Cross Cult Verlag in seiner wunderschön aufgemachten Neuauflage dieses Klassikers einer neuen Generation von Lesern (äußerst gelungen übersetzt) zugänglich gemacht hat. Ich kann daher nur jedem Freund von klassischen Agentengeschichten raten: Unbedingt lesen!

Wertung: 95 von 100 Treffern

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  • Autor: Ian Fleming
  • Titel: Casino Royale
  • Originaltitel: Casino Royale
  • Übersetzer: Anika Klüver, Stephanie Pannen
  • Verlag: Cross Cult
  • Erschienen: 09.2012
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 240 Seiten
  • ISBN: 978-3864250705

Kriminelle Auslese – Verlagsvorschauen Frühjahr 2022

Wer bereits länger Besucher der kriminellen Gasse ist, wird sich vielleicht noch an meine Vorschau-Ticker erinnern, in denen ich in der Vergangenheit meine heiß erwarteten Titel des kommenden Halbjahrs herausgestellt und dazu meist noch meine persönliche Prognose abgegeben habe. Seit knapp zwei Jahren musste ich darauf jedoch – auch aus Zeitgründen – verzichten. Die Menge an Titeln, verbunden mit der eigenen Einschätzung, hat viel Aufwand verursacht. Mehr als der schreibfaule und von Pandemie und Job gestresste Blogger Stefan Heidsiek aufbringen mochte. ;-)

Da ich aber zuletzt immer öfter mal darauf angesprochen wurde und auch anderswo, z.B. bei Petras tollem Blog LiteraturReich, diese Art Listen selbst gerne lese und schätze, werde ich für das Frühjahr 2022 wieder über meinen trägen Schatten springen und – in einem veränderten, vereinfachten Rahmen – meine entdeckungswürdigen, lang ersehnten und teilweise neu aufgelegten Bücher (Krimi und Non-Krimi) herausstellen.

So, lange Rede, kurzer Sinn. Hier meine Hoffnungsträger. Viel Spaß beim durchforsten und entdecken. Und wie immer bitte ich nachdrücklich um Ergänzungen, wenn eurer Meinung nach da noch etwas dringend fehlt.

Nachtrag: Von dem ein oder anderen Verlag (z.B. Alexander oder Steidl) konnten bis dato die Vorschauen noch nicht gesichtet werden.

ATLANTIK VERLAG

02.04.2022

Agatha Christie – Parker Pyne ermittelt

Taschenbuch, 978-3455013641, 280 Seiten, 12,00 €

© Atlantik

Der pensionierte Regierungsbeamte James Parker Pyne mag sein Leben so ganz ohne Arbeit einfach nicht. Also inseriert er in der Times seine detektivische Hilfsbereitschaft: „Sind Sie glücklich? Falls nicht, melden Sie sich bei Mr Pyne.“ Schon bald hagelt es Anfragen von gelangweilten, aber abenteuerlustigen Mitmenschen, über die Parker Pyne selbst in so manch kniffligen Fall hineingerät, Mord inklusive. Und der selbsterklärte Detektiv des Herzens erweist sich als brillanter Ermittler.

 

ARGUMENT / ARIADNE VERLAG

21.03.2022

Mary Paulson-Ellis – Die andere Mrs. Walker

Hardcover, 978-3867542609, 352 Seiten, 22,00 €

© Ariadne

An einem Wintertag in Edinburgh stirbt eine alte Frau. Sie hinterlässt ein smaragdgrünes Kleid, eine Orange und eine gravierte Paranuss. Margaret Penny soll die Geschichte hinter diesem Leben zutage fördern: Mit überwältigend sinnlichen Bildern beschwört Mary Paulson-Ellis die 30er Jahre herauf, den Weltkrieg und die britische Nachkriegszeit.

18.04.2022

Malla Nunn – Ein schöner Ort zum Sterben

Taschenbuch, 978-3867542616, 400 Seiten, 13,00 €

© Ariadne

Südafrika 1952 – Detective Emmanuel Cooper soll nahe der Grenze einen Mordfall aufklären. Fanatischer Oldschool-Rassismus und neue Segregationsgesetze erschweren die Wahrheitsfindung, eine Spezialeinheit will Apartheid-Gegner jagen, und in den Entscheidungspositionen sitzen nur Klotzköpfe. Einzig der umsichtige Zulu-Constable Shabalala und der alte Arzt Zweigman versuchen Cooper sachlich zur Seite zu stehen. Brandgefährlich wird es, als auch noch Gefühle ins Spiel kommen …

18.04.2022

Malla Nunn – Lass die Toten ruhen

Taschenbuch, 978-3867542623, 384 Seiten, 13,00 €

© Ariadne

Strafversetzt nach Durban, stolpert Emmanuel Cooper über einen erstochenen jungen Inder, trifft auf eine Femme Fatale und weigert sich wegzusehen, als er zwischen mafiotische Interessen gerät. Doch ihn trügt sein Gefühl, dass er nichts mehr zu verlieren hat …

 

ARS VIVENDI VERLAG

30.03.2022

Tommie Goerz – Frenzel

Hardcover, 978-3747203521, 200 Seiten, 20,00 €

© Ars Vivendi

Die Polizei, dein Freund und Helfer? Nicht für Frenzel. Verkorkste Jugend, Kleinkriminalität, Drogen, schließlich Körperverletzung mit Todesfolge und sieben Jahre Knast. Seitdem haben sie ihn auf dem Schirm. Überall und immer. Frenzel wird kein Freund der Polizei mehr. Er lässt aber auch keine Gelegenheit aus, sich mit ihr anzulegen. Als sich in seinem Umfeld irgendwann Dinge ereignen, über die er anders denkt als die Hüter des Gesetzes, will er es wissen. Denn vier Leichen sind kein Zufall mehr. Er beginnt zu ermitteln – auf eigene Faust und mit ganz eigenen Methoden. Und er kann anders arbeiten als die Polizei. Schneller, direkter und vor allem: jenseits des Gesetzes. So gerät er immer tiefer in den Sumpf der Vergangenheit und bringt Dinge ans Tageslicht, die längst unter der Erde waren …

30.04.2022

S. A. Cosby – Die Rache der Väter

Hardcover, 978-3747203491, 350 Seiten, 24,00 €

© Ars Vivendi

Virginia, USA: Eines Tages klingelt bei Ike Randolph, einem schwarzen Ex-Sträfling, die Polizei – sein Sohn Isiah und dessen weißer Ehemann Derek wurden ermordet. Obwohl Ike seinen Sohn und dessen Homosexualität nie wirklich akzeptiert hat, ist er am Boden zerstört.
Dereks Vater Buddy Lee, der ebenfalls mal im Gefängnis saß, ging es mit seinem Sohn nicht anders. Er hat noch immer Kontakte zur Unterwelt und will um jeden Preis herausfinden, wer Derek auf dem Gewissen hat. Also machen sich Ike und Buddy Lee gemeinsam auf die Suche nach den Mördern und den Fehlern der Vergangenheit, immer in der Hoffnung, ihren Söhnen wenigstens im Tod Gerechtigkeit widerfahren zu lassen …

 

ATRIUM VERLAG

13.04.2022

Roxanne Bouchard – Die Korallenbraut

Hardcover, 978-3855351183, 360 Seiten, 22,00 €

© Atrium

Vor der Küste der kanadischen Gaspésie-Halbinsel treibt ein verlassener Fischkutter, seine Kapitänin ist nicht auffindbar. Sergeant Morales wird nach Gaspé gerufen, um die Suche nach Angel Roberts zu leiten. Er reist jedoch nur widerwillig in die Kleinstadt, denn sein Freund Cyrille liegt im Sterben, und außerdem ist sein Sohn Sébastien gerade unerwartet in Caplan aufgetaucht. Aber als schließlich Angels Leiche entdeckt wird, wird Morales vollständig vom Sog des Falls erfasst. Zusammen mit Sébastien gerät er in gefährliche Gewässer, in denen alte Feindschaften aufgewirbelt werden.

 

AUFBAU VERLAG

17.01.2022

Michael Jensen – Blutgold 

Taschenbuch, 978-3746637945, 464 Seiten, 12,00 €

© Aufbau

Berlin nach dem Ersten Weltkrieg. Glücksspiel, illegale Wetten, kleinere Diebstähle – so sehen die Geschäfte der Brüder Sass aus. Doch dann gerät ihre ganze Familie ins Visier der Polizei, als Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet werden. Die Ermittlungen drohen für sie in einer Katastrophe zu enden. Bis ihre verschollen geglaubte Tante Antonia auftaucht und das Heft in die Hand nimmt. Mir ihrer Hilfegelingt es den Brüdern Sass nicht nur, vorerst den Kopf aus der Schlinge zu ziehen – ihnen steht auch ein einzigartiger krimineller Aufstieg bevor, der nicht nur die Polizei, sondern auch mächtige Neider auf den Plan ruft.

Packend und nach wahren Begebenheiten erzählt – wie die Verbrecherbande Sass ganz Berlin in Aufruhr versetzt.

19.07.2022

Michael Jensen – Blutige Stille 

Taschenbuch, 978-3746637952, 400 Seiten, 12,00 €

© Aufbau

Unruhige Zeiten in Deutschland, doch die Sass-Brüder haben sich nicht nur in der Unterwelt einen Namen gemacht. Sie handeln mit allem: Schnaps, Autos – und Waffen. Sie liefern, was gefordert wird, auch an rechtsradikale Kreise. Dann wird 1922 der deutsche Außenminister Walter Rathenau erschossen, angeblich mit einer Waffe aus den Beständen der Sass-Brüder. Franz Sass wird verhaftet, und das Syndicat tut alles, um ihn wieder freizubekommen.

 

BTB VERLAG

08.08.2022

Laird Hunt – Die Vögel sangen ihre letzten Lieder

Broschiertes Taschenbuch, 978-3442716852, 320 Seiten, 12,00 €

© btb

Marvel, eine Kleinstadt in Indiana, 1930. Es ist ein heißer Tag im Hochsommer, als sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitet: drei schwarze junge Männer sollen gelyncht werden. Im ganzen County machen sich die Bewohner auf, dem Spektakel beizuwohnen.

Auch Ottie Lee Henshaw, eine verblühende Kleinstadtschönheit, ist unterwegs mit ihrem schmierigen Boss und ihrem undurchsichtigen Ehemann, um ein bisschen Spaß zu haben. Am anderen Ende der Straße bricht eine junge Afroamerikanerin auf. Calla Destry will der Spirale von Gewalt und Unterdrückung entkommen und ist entschlossen, den Mann zu treffen, der ihr ein neues Leben versprochen hat.

Wildgewordene Demagogen, marodierende Bürgerwehren, scharfe Hunde und der Ku-Klux-Klan sind unterwegs – die Straße ist kein guter Ort für beide Frauen. Denn jede von ihnen hat ein Geheimnis, dass sie hinter sich lassen will, und die aufgeheizte Stimmung ist für sie beide brandgefährlich.

 

C. BERTELSMANN VERLAG

14.03.2022

Tobias Friedrich – Der Flussregenpfeifer

Hardcover, 978-3570104330, 512 Seiten, 24,00 €

© C. Bertelsmann

Ulm, im Mai 1932: Mit nicht viel mehr als etwas Proviant und dem kühnen Plan, nach Zypern zu paddeln, lässt Oskar Speck sein Faltboot zu Wasser. In sechs Monaten will er zurück sein. Aber alles kommt anders. Gepackt von sportlichem Ehrgeiz, begleitet von Jazzmusik und Mark Twains weisem Witz, gejagt von den Nationalsozialisten, die aus dem Faltbootfahrer einen deutschen Helden machen wollen, fährt der schweigsame Einzelgänger von Zypern aus immer weiter in die Welt. Ohne Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Gili, die sich, wie er, den Widrigkeiten der Zeit entgegenstellen muss. Doch das Schicksal gibt Oskar eine letzte Chance.

 

DIOGENES VERLAG

23.02.2022

Joachim B. Schmidt – Tell

Hardcover, 978-3257072006, 288 Seiten, 23,00 €

© Diogenes

Joachim B. Schmidt greift nach den Schweizer Kronjuwelen und macht aus der Tell-Saga einen Pageturner, einen Thriller, ein Ereignis: Beinahe 100 schnelle Sequenzen und 20 verschiedene Protagonisten jagen wie auf einer Lunte dem explosiven Showdown entgegen. Keine Nach-, keine Neu-Erzählung, sondern ein Blockbuster in Buchform: „The Revenant“ in den Alpen, „Game of Thrones“ in Altdorf.

23.02.2022

Sasha Filipenko – Die Jagd

Hardcover, 978-3257071580, 288 Seiten, 23,00 €

© Diogenes

Ein Journalist, der zu viel weiß. Ein Sohn, der seinen Vater verrät. Ein Oligarch, der keine Gnade kennt. Ein korrupter Schreiberling ohne jeden Skrupel. Medien, die auf Bestellung einen Ruf ruinieren. Sasha Filipenko erzählt die Geschichte des idealistischen Journalisten Anton Quint, der sich mit einem Oligarchen anlegt. Worauf dieser den Befehl gibt, Quint fertigzumachen. Die Hetzjagd ist eröffnet.

23.03.2022

Jonathan Lee – Der große Fehler

Hardcover, 978-3257071917, 368 Seiten, 24,00 €

© Diogenes

Die Welt besteht aus Fehlern und Flickversuchen. Und manchmal aus seltsamen Missverständnissen. Andrew Green ist tot. Erschossen am helllichten Tag, an einem Freitag, den 13. Spekulationen schießen ins Kraut. Verdankt New York dem einstigen Außenseiter doch unter anderem den Central Park und die New York Public Library. Inspector McClusky nimmt die Ermittlungen auf. Was wussten die übereifrige Haushälterin, der Präsidentschaftskandidat Tilden und die brillante Bessie Davis, der halb New York zu Füßen liegt?

 

DUMONT VERLAG

14.03.2022

Martin Maurer – Der Kreis

Broschiertes Taschenbuch, 978-3832183776, 352 Seiten, 18,00 €

© Dumont

Sommer 1984. Vier Monate ist es her, dass Nick Marzek und Graziella Altieri der Gruppe LUDWIG das Handwerk gelegt haben. Seit sie wieder zurück in München sind, fragen sie sich, wer die Hintermänner sein könnten, die noch immer frei herumlaufen. Aber Nicks Chef Aki stellt klar, dass nicht weiter ermittelt wird. Auf Vorschriften haben die beiden allerdings noch nie viel gegeben. Doch dann tut sich ein neuer Fall auf: Zwei Frauen wurden tot im Perlacher Forst aufgefunden. Bei den Opfern handelt es sich um Maria Ursa und ihre Tochter Dinka. Vom Ehemann und Vater Stjepan fehlt jede Spur. Hat er Frau und Tochter erschossen? Näher kommen die Ermittler der Sache, als sie sich in der Gemeinde der Exilkroaten umschauen, zu denen die Ermordeten gehörten. Stjepan Ursa war Mitglied der »Kroatischen Revolutionären Bruderschaft«, einer terroristischen Vereinigung, die sich als Freiheitskämpfer gegen Tito und das kommunistische System versteht. War es der jugoslawische Geheimdienst, der die Familie Ursa regelrecht hingerichtet hat? Je weiter Nick und Graziella in beiden Fällen graben, desto tiefer tauchen sie in ein Geflecht aus Lügen und Intrigen ein. Und bald wissen sie nicht mehr, wem sie überhaupt noch trauen können …

22.06.2022

J.P. O’Connell – Hotel Portofino

Hardcover, 978-3832182069, 384 Seiten, 22,00 €

© Dumont

Sommer 1926 an der italienischen Riviera: Das spektakulär schön gelegene Hotel Portofino ist erst seit ein paar Wochen wiedereröffnet. Doch schon jetzt haben die Eigentümer, das britische Ehepaar Bella und Cecil Ainsworth, mit Problemen zu kämpfen: Es fehlt an Geld und Personal. Und spätestens als eine verflossene Liebe von Cecil im Hotel eintrifft, deren Tochter mit Bellas und Cecils Sohn Lucian verheiratet werden soll, wachsen die Spannungen zwischen dem Hotelbesitzerpaar. Lucian, der schwer traumatisiert aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, hat unterdessen ganz eigene Pläne. Er liebt die Kunst, das italienische Lebensgefühl – und hat ein Auge auf das Kindermädchen Constance geworfen. Während mehr und mehr illustre Gäste das Hotel bevölkern – eine Tänzerin, ein Kunstkenner, ein erfolgreicher Tennisspieler –, entwickelt sich eine Privatfehde zwischen Bella und dem Mussolini zugeneigten Ortsvorsteher. Und hinter ihrem Rücken schmiedet Cecil einen gefährlichen Plan, um endlich an Geld zu kommen …

 

EDITION NAUTILUS 

07.03.2022

Leonhard F. Seidl – Vom Untergang

Broschiertes Taschenbuch, 978-3960542841, 256 Seiten, 18,00 €

© Edition Nautilus

Oswald Spengler, nach seinem Erfolgsbuch »Der Untergang des Abendlandes« in rechtskonservativen Kreisen hochgeschätzt, ist 1922 auf dem Weg nach Oberbayern zu Forstrat Escherich, dem Gründer einer republikfeindlichen Einwohnerwehr, um ihm einen geheimen Plan zur Lenkung der nationalen Presse zu unterbreiten. Auch der Fürther Spiegelfabrikant Gumbrecht lässt sich leicht gewinnen. Dabei kommt es ihm gar nicht in den Sinn, seine Sekretärin Fräulein Hierer, die sich zu einer Affäre mit ihm hat hinreißen lassen, könnte kompromittierende Briefe nicht nur schnell und zuverlässig abtippen, sondern auch Kopien beiseiteschaffen und dem Plan so gefährlich werden. Doch Emma Hierer ist die Tochter des gestandenen Anarchosyndikalisten Fritz Oerter, die der alten Geschichten ihres Vaters zwar etwas überdrüssig ist, aber trotzdem einen wachen politischen Blick hat. Ihr langjähriger Freund, der Sozialdemokrat Max Schmidttill, Eintänzer und Gigolo in Cafés der gehobenen Gesellschaft, stürzt in zweifelhafte Milieus ab. Eines Nachts wird er von Rechtsnationalen getötet – doch die lenken den Verdacht auf die Anarchisten …

 

EICHBORN VERLAG

25.03.2022

Carole Johnstone – Das Spiegelhaus

Broschiertes Taschenbuch, 978-3847900993, 448 Seiten, 16,00 €

© Eichborn

Am Rand von Edinburgh steht ein imposantes Anwesen, das „Spiegelhaus“, wie es von seinen Bewohnern einst genannt wurde. Dies war das Zuhause der Zwillingsschwestern Cat und El. Hier gab es für die Mädchen einen besonderen Ort: Jede Nacht stiegen sie die steinerne Treppe hinab, öffneten die schwere Holztür und betraten einen geheimen Raum, in dem ihre Phantasie Wirklichkeit wurde.

20 Jahre später kehrt eins dieser Mädchen – Cat – in das Haus ihrer Kindheit zurück. Denn ihre Zwillingsschwester El ist verschwunden. Was Cat nicht weiß: Els Verschwinden ist kein Zufall, sondern Teil eines Plans, an dessen Ende Cat erkennen soll, was damals, vor so vielen Jahren, wirklich im Spiegelhaus geschah …

 

ELSINOR VERLAG

11.03.2022

John Buchan – Der Übermensch

Broschiertes Taschenbuch, 978-3942788670, 152 Seiten, 16,00 €

© Elsinor

Der junge Londoner Anwalt und Parlamentarier Edward Leithen gerät durch die mysteriöse Flucht seines Freundes Pitt-Heron mitten hinein in einen düsteren Kriminalfall. Hatte Pitt-Heron sich auf dubiose Gefährten eingelassen, oder war er womöglich Mitwisser einer gefährlichen Verschwörung? Unbeeindruckt unternimmt Leithen Nachforschungen in der Welt der Politik und Diplomatie, bis er die Aufmerksamkeit eines mächtigen Gegners auf sich zieht – und selbst zur Zielscheibe wird. Der 1913 erstmals veröffentlichte Roman ist nicht nur eine spannende Abenteuergeschichte, sondern beleuchtet auch Grundfragen der Moral und Zivilisation und den Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft. Buchans Roman gilt neben Erskine Childers „Riddle of the Sands“ als erster moderner Spionageroman und Polit-Thriller, der Themen versammelt, die noch heute das Genre mitbestimmen. „Der Übermensch“ ist darüber hinaus der erste Thriller, der die bewusste Zerstörung der Gesellschaft von innen durch Angehörige der Oberschicht beschreibt.

 

FREIES GEISTESLEBEN

16.03.2022

Patrick McGuinness – Den Wölfen zum Fraß

Hardcover, 978-3772530289, 422 Seiten, 28,00 €

© Oktaven

Ein Mord, ein idealer Täter und ein ungleiches Polizistenduo. Die Leiche einer jungen Frau wird am Flussufer gefunden und ein Nachbar, ein pensionierter Lehrer des Chapleton College, verhaftet. Der exzentrische Einzelgänger ist der perfekte Kandidat für eine Hetzjagd der Medien. In der Untersuchungshaft trifft Michael Wolphram auf zwei Polizisten: den umsichtigen Ander und dessen ›Gegenspieler‹ Gary. Ander ist besonders wachsam, denn der Mann auf der anderen Seite des Tisches ist jemand, den er kennt. Jemand, den er seit fast dreißig Jahren nicht mehr gesehen hat. Entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, muss Ander sich auch seiner eigenen Geschichte stellen, die Jahrzehnte zurückliegt, aus seiner Zeit als Chapleton-Schüler.

 

GOLDMANN VERLAG

14.06.2022

Ian Rankin – Ein Versprechen aus dunkler Zeit

Hardcover, 978-3442315581, 480 Seiten, 22,00 €

© Goldmann

Mitten in der Nacht erhält John Rebus einen Anruf seiner Tochter Samantha. Ihr Ehemann Keith ist verschwunden. Völlig aufgelöst bittet sie ihren Vater um Hilfe. Rebus vermutet das Schlimmste, denn aus langjähriger Polizeiarbeit weiß er: Falls Keith etwas zugestoßen sein sollte, wird der erste Verdacht auf Samantha fallen. Besorgt macht Rebus sich auf in die kleine schottische Küstenstadt Naver. Doch ein guter Polizist und ein guter Vater zu sein, gestaltet sich schwieriger als erwartet, und bald muss sich der rastlose Ermittler aus Edinburgh fragen: Könnte das der erste Fall seiner Karriere sein, bei dem die Wahrheit besser nicht ans Licht käme?

 

HANSER BERLIN VERLAG

11.04.2022

Sarah M. Broom – Das gelbe Haus

Hardcover, 978-3446272279, 480 Seiten, 26,00 €

© Hanser Berlin

Ein gelbes Holzhaus in einem vernachlässigten Viertel New Orleans ist jahrzehntelang das Zentrum der Familie Mae Broom – bis Hurrikan Katrina es zerstört. Ein ganzer Stadtteil wird von der Landkarte gespült und mit ihm die Habseligkeiten und Erinnerungen der Familie. Doch Sarah M. Broom widersetzt sich dem Verlust und der Verdrängung. Lebhaft erinnert sie die Scham, die sie mit diesem Ort verband, die Liebe ihrer Familie und ihren stoischen Widerstand gegen die Gewalt der Natur und der amerikanischen Geschichte. Immer tiefer dringt sie in die Biografie eines Ortes und seiner Bewohner vor und deckt dabei die fatalen Ungleichheiten einer ganzen Gesellschaft auf. Das gelbe Haus ist ein berauschendes Memoir geschrieben mit der erzählerischen Intensität eines Romans.

 

HARPER COLLINS VERLAG

22.02.2022

Rosemary Sullivan – Mord an der Riviera

Hardcover, 978-3749901135, 432 Seiten, 24,00 €

© HarperCollins

Wer verriet Anne Frank? – Auf der Suche nach der Wahrheit. Eine Geschichte wider das Vergessen. „Das Tagebuch der Anne Frank“ gehört zu den meistgelesenen Texten unserer Zeit. Seit seiner Erstveröffentlichung 1947 hat es Generationen von Menschen dabei geholfen, die Schrecken des Holocaust zu begreifen. Zwei Jahre lang versteckten sich Anne Frank und ihre Familie in einem Hinterhaus der Amsterdamer Prinsengracht 263 vor den Nationalsozialisten. Bis sie im August 1944 entdeckt und deportiert wurden. Doch wer lieferte den entscheidenden Hinweis? Ein Team aus Wissenschaftlern ist dieser Frage nachgegangen. Unter Leitung des ehemaligen FBI-Agenten Vince Pankoke recherchierten sie in zahlreichen Archiven und überprüften Theorien, bis sich die Spur zu einem wahrscheinlichen Verräter verdichtete. Zwei Jahre lang hat die kanadische Bestsellerautorin Rosemary Sullivan das Ermittlerteam begleitet. Sachlich und zugleich ergreifend verbindet sie die Ereignisse der Vergangenheit mit den aktuellen Erkenntnissen. Eine Geschichte, in der Verzweiflung, Tragik und Menschlichkeit aufeinandertreffen.

 

HAYMON VERLAG

22.02.2022

Ellen Dunne – Boom Town Blues

Taschenbuch, 978-3709979396, 320 Seiten, 13,95 €

© Haymon

Patsy Logan, Kommissarin des Münchner LKA, nimmt sich Bildungszeit, so heißt es zumindest offiziell. Inoffiziell sucht sie in Dublin Zuflucht vor privaten Sorgen und beruflichem Ärger: Ihre Ehe kriselt, der unerfüllte Kinderwunsch belastet sie schwer und der verdiente Karrieresprung wird ihr zugunsten eines männlichen Kollegen verwehrt. Doch Patsy will in Irland nicht nur Abstand von ihrem Alltag gewinnen. Sie möchte auch Hinweisen von Menschen nachgehen, die ihren Vater lebend in Dublin gesehen haben wollen. Das ist einigermaßen verwirrend, denn: Patsys Vater ist seit vielen Jahren tot. Als in der österreichischen Botschaft eine junge deutsche Praktikantin mit Blausäure vergiftet wird, ist es mit Patsys Auszeit und ihren privaten Nachforschungen schlagartig vorbei und sie muss zurück zu ihrer alten Stärke finden. Zusammen mit dem irischen Team und dem Kollegen Sam Feuerstein nimmt sie die Ermittlungen auf – und blickt mitten in die hässliche Fratze von Ausbeutung und Kapitalismus.

 

HEYNE VERLAG

08.02.2022

Rob Hart – Trouble in Portland

Taschenbuch, 978-3453439863, 320 Seiten, 10,00 €

© Heyne

Ash McKenna ist gut darin, Leute aufzuspüren – aber nicht darin, einer guten Prügelei aus dem Weg zu gehen. Um seiner düsteren Vergangenheit in New York City zu entfliehen, zieht der Amateurdetektiv nach Portland, Oregon, wo er einen Job als Türsteher in einem veganen Stripclub annimmt. Als ihn die Tänzerin Crystal bei der Suche nach ihrer kleinen Tochter um Hilfe bittet, tritt er unbarmherzigen Drogendealern auf die Füße und wird in den Skandal um einen der mächtigsten Männer der Stadt verwickelt. Ash ist wild entschlossen, das Mädchen sicher zurückzubringen―selbst wenn er dafür alle Grenzen überschreiten muss…

11.07.2022

Matthias Wittekindt, Rainer Wittkamp – Fabrik der Schatten

Taschenbuch, 978-3453425095, 350 Seiten, 11,00 €

© Heyne

Deutsches Kaiserreich, 1910. Die Welt wird täglich komplexer. Um dem Rechnung zu tragen, hat der Große Generalstab einen eigenen Geheimdienst ins Leben gerufen. Als bei einem dramatischen Zugunglück in der Nähe von Wiesbaden mehrere Menschen ums Leben kommen, deutet einiges auf eine Verstrickung ausländischer Agenten hin. Major Albert Craemer, Leiter der Abteilung Spionage Frankreich, und seine Mitarbeiterin Lena Vogel beschließen, den Vorfall persönlich vor Ort zu untersuchen – und stechen in ein Wespennest aus Spionage, Kriegstreiberei und wirtschaftlichen Interessen.

 

HEYNE HARDCORE VERLAG

09.05.2022

Santiago Lorenzo – Wir alle sind Widerlinge

Hardcover, 978-3453273283, 240 Seiten, 20,00 €

© Heyne Hardcore

Aus Notwehr verletzt Manuel einen Polizisten und taucht in einem verlassenen Dorf in der Nähe von Madrid unter. Dort lebt er zurückgezogen und gibt sich mit dem Wenigsten zufrieden. Handwerklich begabt und voller Ideen richtet er sich in seinem Zufluchtsort ein. Genügsamkeit und Zeit sind sein Kapital, Einsamkeit und Kargheit werden seine Gefährten. Manuel findet das Glück. Bis Menschen aus der Stadt das Haus nebenan beziehen. Die Ruhe ist dahin. Es wird gelärmt und gefeiert, und Manuel beschließt, seine Freiheit zu verteidigen. Sprachlich elegant, ausdrucksstark und genau – ein kurzweiliger Roman, der nachdenklich stimmt und lange nachhallt.

 

HOFFMANN & CAMPE VERLAG

02.04.2022

Kotaro Isaka – Bullet Train

Hardcover, 978-3455013221, 384 Seiten, 22,00 €

© Hoffmann & Campe

Fünf Killer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, sitzen zusammen mit dem Opfer einer Entführung und einem Koffer voller Geld im japanischen Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen, der auf die Endstation zurast, an der sie einer der Bosse von Tokios Unterwelt erwartet. Erst kommt der Koffer abhanden, dann verstirbt das Entführungsopfer auf mysteriöse Weise. Die Reise wird zu einer mit aberwitzigen Dialogen gespickten Höllenfahrt, an deren Ende nur einer den Zug verlassen wird.

 

INSEL VERLAG

07.03.2022

Louis Bayard – Der denkwürdige Fall des Mr. Poe

Broschiertes Taschenbuch, 978-3458682035, 500 Seiten, 16,00 €

© Insel

1830: An der angesehenen West Point Academy wird ein junger Kadett tot aufgefunden – er wurde erhängt und sein Herz herausgeschnitten. Keinesfalls darf die Öffentlichkeit von dem grauenhaften Verbrechen erfahren, so beauftragt man August Landor, einen ehemaligen New Yorker Polizeidetektiv, mit den Ermittlungen. Schon bald folgen weitere brutale Morde, und der Fall wird immer rätselhafter. Doch Landor erhält unerwartet Hilfe – von einem jungen Kadetten mit dunkler Vergangenheit, Hang zum Trinken und poetischen Ader: Edgar Allan Poe …

11.04.2022

Anthony Horowitz – Der Tote aus Zimmer 12

Hardcover, 978-3458642879, 601 Seiten, 24,00 €

© Insel

Susan Ryeland, Lektorin außer Dienst, führt mit ihrem Lebensgefährten das zauberhafte kleine Hotel Polydoros auf Kreta. Aber ganz so idyllisch ist es dann doch nicht, denn der Alltag mit den ewig unzuverlässigen Lieferanten, unpünktlichen Angestellten und den nicht immer einfachen Gästen, macht das Inselleben anstrengender, als sie es sich vorgestellt hat. Auch ihre Beziehung leidet unter dem Stress, und Susan vermisst ihr altes Leben in London.

Da kommt das Ehepaar Treherne gerade recht. Sie erzählen eine bizarre Geschichte von einem Mord in ihrem Hotel Branlow Hall just am Hochzeitstag ihrer Tochter Cecily. Und als sie schildern, wie Cecily verschwunden ist, kurz nachdem sie Atticus unterwegs gelesen hat, den Roman, den Susan seinerzeit lektoriert hat, wird ihr klar, dass sie dringend nach England muss. Die 10.000 Pfund, die die Trehernes für Susans Hilfe anbieten, sind ein zusätzlicher Anreiz.

Aber bei dem Versuch das Rätsel zu lösen und Cecily zu finden, wird Susan in ein Labyrinth aus Lügen und Intrigen verstrickt und gerät selbst in tödliche Gefahr …

 

KAMPA VERLAG

27.01.2022

Roger Graf – Philip Maloney – Erzählungen

Hardcover, 978-3311125525, 400 Seiten, 24,90 €

© Kampa

Seine besten Freunde sind Whisky und Zigaretten, er schläft am liebsten auf dem Boden unter dem Schreibtisch in seinem nicht gerade repräsentativen Büro. Der kauzige Zürcher Privatdetektiv im beigen Regenmantel begeistert seit über dreißig Jahren zahllose Krimifans, und das nicht nur in der Schweiz. Auch in Deutschland ist Philip Maloney längst Kult, und seine haarsträubenden Fälle machen süchtig. Der vorlaute Schnüffler mit zweifelhaftem Charakter und ständigen Geldsorgen hat immer einen frechen Spruch auf den Lippen und hangelt sich geschickt von Fall zu Fall und von Leiche zu Leiche. Nur die Frauen hemmen mitunter seine Zielstrebigkeit – und die Ermittlungen. Und noch einen Störfaktor gibt es: Hugentobler, seines Zeichens Kripobeamter, der sehr viele Makel hat, was Maloney so auf den Punkt bringt: „Dümmer als Topflappen.“

22.02.2022

Graeme Macrae Burnet – Fallstudie

Hardcover, 978-3311100409, 368 Seiten, 24,00 €

© Kampa

„Ich bin davon überzeugt, dass Dr Braithwaite meine Schwester Veronica getötet hat. Damit meine ich nicht, dass er sie im üblichen Wort- sinn ermordet hat, dennoch ist er für ihren Tod verantwortlich, als hätte er sie mit seinen eigenen Händen erwürgt.“  Zwei Jahre zuvor, im Herbst 1963, ist Veronica am Bridge Approach in Camden von einer Überführung gesprungen und vom 4:45-Uhr-Zug nach High Barnet überfahren worden. Niemand hätte ihr das zugetraut. Am wenigsten ihre Schwester. Und so wird diese bei Dr Braithwaite, Veronicas charismatischem Therapeuten, vorstellig, allerdings unter falschem Namen: als zutiefst aufgewühlte Patientin Rebecca Smyth. Sie ist entschlossen, der seltsamen Beziehung zwischen Braithwaite und Veronica auf den Grund zu gehen, die Umstände des Selbstmords ihrer Schwester zu klären. Wird ihre Darstellung den Psychologen überzeugen? Ein hochspannendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen einem Therapeuten und seiner Patientin. Was ist wahr, was Täuschung? Wer ist wer, wer glaubt wem was – und was dürfen, was können wir Leser glauben?

10.03.2022

Michael Connelly – Tödliches Muster

Hardcover, 978-3311125549, 384 Seiten, 19,90 €

© Kampa

Die Glanzzeiten von Polizeireporter Jack McEvoy sind schon lange vorbei. Der einge- fleischte investigative Journalist, der zuletzt für die L. A. Times arbeitete, ist inzwischen bei einer Website namens Fair Warning angestellt, einem Nachrichtenportal, das sich dem Verbraucherschutz verschrieben hat und Miss- stände in Automobil-, Pharma- oder Tabakindustrie aufzeigt. Als er von dem brutalen Mord an Tina Portrero erfährt und sogar selbst unter Verdacht gerät, weil er vor einem Jahr einen One-Night-Stand mit ihr hatte, zögert McEvoy nicht lange. Gegen den Willen seines Chefs und der Polizei stürzt er sich in die Ermittlungen und macht eine furchtbare Entdeckung: Tina ist nicht die Einzige. Mehrere Frauen scheinen ein und demselben Mann zum Opfer gefallen zu sein: Alle wurden auf die gleiche Art getötet, alle haben kurz vor ihrem Tod ihre DNA an ein Analyseinstitut geschickt, um mehr über ihre Abstammung zu erfahren. McEvoy gerät in die düstersten Ecken des Darknet und sieht sich einem Gegner gegenüber, wie er noch nie einen hatte, einem Gegner, dem er womöglich nicht gewachsen sein wird und der schon sein nächstes Opfer im Visier hat.

 

KEIN & ABER VERLAG

10.05.2022

Richard Wright – Der Mann im Untergrund

Hardcover, 978-3036958736, 288 Seiten, 24,00 €

© Kein & Aber

Erstmals in ungekürzter Form: Der wiederentdeckte Roman von einem der bedeutendsten afroamerikanischen Autoren der USA. Es scheint ein Samstagabend wie jeder andere zu sein: Der schwarze Arbeiter Fred Daniels ist auf dem Weg nach Hause zu seiner hochschwangeren Frau, den Wochenlohn in der Hosentasche. Völlig unvermittelt halten ihn drei Polizisten an und verhaften ihn. Fred geht anfänglich noch von einem Missverständnis aus, aber als man ihn des Doppelmordes beschuldigt, ahnt er, in was für einen Albtraum er geraten ist. Schläge, Kreuzverhör, psychische Manipulation entfremden ihn von der Welt und der Realität: Er unterschreibt ein Geständnis, das ihm in einem schwachen Moment und unter falschen Versprechungen vorgelegt wird. So bleibt ihm nur die Flucht in den Untergrund – in das dunkle, nasse Labyrinth der Kanalisation.

 

KIEPENHEUER & WITSCH VERLAG

19.02.2022

Thomas Hüetlin – Berlin, 24. Juni 1922

Hardcover, 978-3462054385, 304 Seiten, 24,00 €

© Kiepenheuer & Witsch

Am 24. Juni 2022 jährt sich die Ermordung des deutschen Außenministers Walther Rathenau zum 100. Mal. Der Journalist und Buchautor Thomas Hüetlin lässt zu diesem Anlass die Ereignisse, die zu dieser verhängnisvollen Tat führten, in einer aufrüttelnden Reportage wieder auferstehen. Er erzählt vom Verlauf dieses tragischen Tages der deutschen Geschichte und den politischen Auswirkungen bis in unsere Tage hinein.

Wie in einem Thriller laufen die Operationen der »Organisation Consul« auf den Tag X zu – ebenso wie das Leben Walther Rathenaus, dieser herausragenden Persönlichkeit, in der sich auf schillernde Weise jüdische Herkunft und deutscher Patriotismus trafen. Kein Politiker konnte es an Charisma mit ihm aufnehmen – bis Adolf Hitler kam, dessen Politik das absolute Gegenteil dessen war, wofür Rathenau stand: für Frieden, Versöhnung, internationale Kooperation.

Der Leser taucht ein in die Welt der Täter, in eine düstere Welt toxischer, elitärer, antisemitischer Männerbünde und ihrer seriösen Unterstützer in der Justiz, im Militär und in der Politik, deren Taten mehr als ein Vorspiel der späteren Machtergreifung der Nazis waren. Die ideologischen Parallelen zu heutigen Rechtsradikalen und ihren Unterstützern sind beunruhigend. Und zugleich zeigt der Autor die faszinierende humanistisch-jüdische, großbürgerliche Welt Walther Rathenaus, deren Auslöschung mit den Morden der frühen Tage von Weimar schon begann.

 

KLETT COTTA VERLAG

19.03.2022

John Bude – Mord an der Riviera

Hardcover, 978-3608980837, 288 Seiten, 15,00 €

© Klett Cotta

Die Kingfisher Lodge in Colorado bietet exklusives Fliegenfischen für wohlhabende Kunden. Jack hofft, mit einem Job bei der Lodge zur Normalität zurückkehren zu können – nach einem jungen, von Verlusten geprägten Leben. Seine Aufgabe besteht darin, die Ausrüstung der Gäste zu tragen und sie zu den besten Forellen zu führen. Sein erster Gast ist die prominente Sängerin Allison, es macht Jack Spaß, mit ihr unterwegs zu sein. Doch bald wird klar, dass in der Lodge etwas nicht stimmt. Ist der Stacheldraht, der das Grundstück umgibt, zusammen mit anderen beunruhigenden Zeichen, dazu gedacht, Menschen draußen oder drinnen zu halten? Jack und Allison beschließen, der Sache nachzugehen…

 

KNAUR VERLAG

01.06.2022

Val McDermid – 1979 – Jägerin und Gejagte

Broschiertes Taschenbuch, 978-3426528822, 448 Seiten, 12,99 €

© Knaur

Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, muss sie sich ins Herz der Finsternis wagen: „1979 – Jägerin und Gejagte“ ist der erste Fall für Investigativ-Journalistin Allie Burns von Bestseller-Autorin Val McDermid.   Schneestürme, Stromausfälle, Streiks und ungeklärte Todesfälle: Der Winter 1979 beschert Schottland ein Debakel nach dem anderen. Für die junge Journalistin Allie Burns sind schlechte Nachrichten jedoch die einzige Chance, über etwas anderes als Familiendramen und Babywunder zu berichten und vom »Boys‘ Club« der Zeitung endlich ernst genommen zu werden. Mit ihrem Kollegen Danny Sullivan kommt Allie tatsächlich einer potenziellen terroristischen Bedrohung auf die Spur – doch kurz darauf liegt Danny tot in seiner Wohnung. Diesen Mord nimmt Allie persönlich und schmiedet einen Plan, bei dem jeder Schritt ihr letzter sein könnte …

 

LENOS POLAR VERLAG

31.03.2022

Yves Gaudin – Nur die Wahrheit

Hardcover, 978-3039250189, 190 Seiten, 22,00 €

© Lenos Polar

Émile Blanchard, ein ehemaliger Kommissar, überquert jeden Morgen mit geschlossenen Augen die Route nationale. Ein Ritual, um eines Tages überfahren zu werden und endlich seinem Leben zu entkommen. Seit dem Tod seiner Frau ist er einsam und verbittert, den Sohn sieht er nur noch gelegentlich. Zudem hadert er mit seinem Unvermögen, denn sein letzter schwieriger Fall blieb ungelöst: drei vergiftete Opfer, denen die Zunge abgebissen wurde – ein schrecklicher Serienmord an zwei Biologen und einem Mathematiker. Zwei von ihnen arbeiteten im selben Forschungslabor, zusammen mit einer jungen Biologin, die beste Beziehungen in einflussreiche Kreise unterhielt …

 

LIEBESKIND VERLAG

14.02.2022

Patrick Findeis – Paradies und Römer

Hardcover, 978-3954381418, 208 Seiten, 20,00 €

© Liebeskind

Sie sind zusammen aufgewachsen, in der Siedlung Paradiesstraße Ecke Römerstraße: Frankie, Danilo, Ferry und Ellen. Paradies und Römer, zwei Straßen, vier Wohnblocks. Ein Zuhause, aber vor allem ein Stigma. Seit dem ersten Ding, das sie gemeinsam gedreht haben, schien der Weg der vier Freunde vorgezeichnet. Danilo, der heute Schulden eintreibt, zweigt Geld in die eigene Tasche ab, damit die Zukunft seiner Töchter gesichert ist. Er will, dass sie mit Ellen in der richtigen Gegend wohnen, mit guten Nachbarn und guten Kindern. Er will, dass ihre Lehrer sie nicht schon am ersten Schultag abstempeln, weil sie da oder dort wohnen und so angezogen sind und so reden. Der Haken ist, dass Ellen sein schmutziges Geld nicht will. Also muss Frankie Danilo helfen, sie umzustimmen. Mit einem 635er BMW und dreihunderttausend Euro im Kofferraum machen sich die beiden auf die Suche nach ihr. Doch da sitzt ihnen längst die Wettmafia im Nacken …

 

NAGEL & KIMCHE VERLAG

14.03.2022

Ann Petry – The Narrows

Hardcover, 978-3755600169, 560 Seiten, 28,00 €

© Nagel & Kimche

Die Kingfisher Lodge in Colorado bietet exklusives Fliegenfischen für wohlhabende Kunden. Jack hofft, mit einem Job bei der Lodge zur Normalität zurückkehren zu können – nach einem jungen, von Verlusten geprägten Leben. Seine Aufgabe besteht darin, die Ausrüstung der Gäste zu tragen und sie zu den besten Forellen zu führen. Sein erster Gast ist die prominente Sängerin Allison, es macht Jack Spaß, mit ihr unterwegs zu sein. Doch bald wird klar, dass in der Lodge etwas nicht stimmt. Ist der Stacheldraht, der das Grundstück umgibt, zusammen mit anderen beunruhigenden Zeichen, dazu gedacht, Menschen draußen oder drinnen zu halten? Jack und Allison beschließen, der Sache nachzugehen…

11.04.2022

Peter Heller – Die Lodge

Hardcover, 978-3755600084, 288 Seiten, 24,00 €

© Nagel & Kimche

Die Kingfisher Lodge in Colorado bietet exklusives Fliegenfischen für wohlhabende Kunden. Jack hofft, mit einem Job bei der Lodge zur Normalität zurückkehren zu können – nach einem jungen, von Verlusten geprägten Leben. Seine Aufgabe besteht darin, die Ausrüstung der Gäste zu tragen und sie zu den besten Forellen zu führen. Sein erster Gast ist die prominente Sängerin Allison, es macht Jack Spaß, mit ihr unterwegs zu sein. Doch bald wird klar, dass in der Lodge etwas nicht stimmt. Ist der Stacheldraht, der das Grundstück umgibt, zusammen mit anderen beunruhigenden Zeichen, dazu gedacht, Menschen draußen oder drinnen zu halten? Jack und Allison beschließen, der Sache nachzugehen…

 

OKTOPUS VERLAG

10.03.2022

Susan Hill – Die Frau in Schwarz

Hardcover, 978-3311300304, 240 Seiten, 20,00 €

© Oktopus

Der aufstrebende junge Anwalt Arthur Kipps reist aus London in den Norden, in das kleine Dorf Crythin Gifford, um der Beerdigung einer verstorbenen Klientin beizuwohnen und ihren Nachlass zu regeln: Mrs. Alice Drablow von Eel Marsh House, wohnhaft in einem abgelegenen Haus im Moor. Was zunächst wie eine routinemäßige Abwicklung der Formalitäten scheint, entwickelt sich zu einem Strudel von Ereignissen und lang gehüteten Geheimnissen, die schrecklicher sind als jeder Albtraum: ein Schaukelstuhl im verlassenen Kinderzimmer, das unheimliche Klappern von Pferdehufen, der Schrei eines Kindes im Nebel und – für Kipps das Schlimmste – immer wieder eine Frau in Schwarz. Die Ein- heimischen sind nicht bereit, über die beunruhigenden Ereignisse zu sprechen, und Kipps ist gezwungen, die wahre Identität der Frau in Schwarz auf eigene Faust herauszufinden. Ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit …

 

PENDRAGON VERLAG

26.01.2022

James Lee Burke – Eine Zelle für Clete

Broschiertes Taschenbuch, 978-3865327529, 544 Seiten, 24,00 €

© Pendragon

Ein tiefer Einblick in die amerikanische Seele: Atmosphärisch, düster, brillant. Der skrupellose Mord an sieben jungen Frauen veranlasst Detective Dave Robicheaux, zusammen mit seinem besten Freund Clete Purcel, Ermittlungen anzustellen. Dabei geraten sie immer wieder an den berüchtigten Zuhälter Herman Stanga. Als der tot aufgefunden wird, kurz nachdem Clete ihn zusammengeschlagen hat, wird es heikel für Clete. Zudem muss Robicheaux auch noch um seine Tochter Alafair fürchten – sie hat sich mit dem erfolgreichen Autor Kermit Abelard eingelassen und Dave ist überzeugt davon, dass er in zwielichtige Geschäfte verwickelt ist, die auch Alafair bedrohen könnten. Dieser Fall wird ihm alles abverlangen.

16.02.2022

Florian Knöppler – Habichtland

Hardcover, 978-3865327819, 320 Seiten, 24,00 €

© Pendragon

Wie kann man leben und lieben, wenn die Welt im Irrsinn versinkt ? Deutschland 1941: Hannes und Lisa leben mit ihren Kindern zurückgezogen auf einem kleinen Hof in der Elbmarsch. Ein Stück Land für ein bisschen Glück. Lange gelingt es den beiden, sich aus allem rauszuhalten. Aber sie müssen vorsichtig sein, denn fast alle Dorfbewohner sind Anhänger der Nationalsozialisten. Angst und Misstrauen bestimmen den Alltag der Menschen. Selbst der Kirchgang macht verdächtig. Während Hannes noch immer mit den »richtigen Leuten« im Dorf Bier trinkt, um nicht aufzufallen, weiß Lisa schon längst, was sie zu tun hat. Im zweiten Teil seiner erfolgreichen Kronsnest-Trilogie erzählt Florian Knöppler mit großer sprachlicher Intensität von einer Familie, die an den Verhältnissen der Zeit zu zerbrechen droht.

16.02.2022

Stephen Crane – Geschichten eines New Yorker Künstlers

Hardcover, 978-3865327857, 320 Seiten, 24,00 €

© Pendragon

Paul Auster: „Crane war der erste große amerikanische Schriftsteller der Moderne“. Als Autor zwischen Impressionismus, Naturalismus und Moderne ist Crane einer der spannendsten Personen seiner Zeit. Er verbrachte Nächte unter Vagabunden in schmutzigen Schlafsälen, erlag den Vergnügungen der Stadt, nahm die Künstlerszene unter die Lupe und schrieb anschließend über seine Erfahrungen. Gesellschaftskritik, Schockmomente und stellenweise Ironie verbinden sich zu einem meisterhaften Lebenswerk, in dem deutlich wird, mit welcher Leidenschaft Crane dem Schreiben nachkam – und wie weit er für eine gute, authentische Story bereit war zu gehen. »Geschichten eines New Yorker Künstlers« enthält die zwei Romane »Maggie, ein Mädchen von der Straße« und »Georges Mutter« sowie acht Geschichten, von denen sechs erstmals auf Deutsch erscheinen.

09.03.2022

Kerstin Ehmer – Der blonde Hund

Broschiertes Taschenbuch, 978-3865327635, 280 Seiten, 18,00 €

© Pendragon

Rasant und bildgewaltig: Der dritte Fall für Spiro! Berlin im November 1925: Eine Leiche wird aus einem Berliner Kanal gezogen. Das Mordopfer ist ein Journalist, der für den „Völkischen Beobachter“ geschrieben hat. Während Spiro zweifelhafte Kontakte nutzt, um eine Spur zu finden, bewegt sich Nike in den spirituellen Kreisen von Berlin und nimmt an Séancen teil. Plötzlich taucht der Ausweis eines Jungen auf, der in Verbindung zum Toten stand. Aber der „blonde Hund“, wie er genannt wird, ist in München untergetaucht. In den Schwabinger Salons beginnen für Spiro nervenaufreibende Ermittlungen, die ihn durch ganz Deutschland führen.

 

PENGUIN VERLAG

28.02.2022

Dirk Kurbjuweit – Der Ausflug

Hardcover, 978-3328601715, 192 Seiten, 20,00 €

© Penguin

Amalia, Josef, Gero und Bodo, Freunde seit Kindheitstagen, haben sich zu einer sommerlichen Kanutour verabredet. Kaum sind sie an ihrem Ausflugsziel angekommen, verdichten sich die Anzeichen, dass sie hier nicht willkommen sind. Vor allem Josef, der Schwarz ist, bekommt die Ablehnung von Menschen zu spüren, die aus Prinzip gegen alles Fremd-Aussehende sind. Doch soll man sich von ein paar ewiggestrigen Provinzlern einschüchtern lassen? Einfach klein beigeben? – Amalia, Josef, Gero und Bodo entscheiden sich dafür, zu bleiben, und ab da gibt es kein Zurück mehr. Jeder Schritt weiter ist einer auf den Abgrund zu. Alle ahnen, dass dieser Ausflug kein gutes Ende nehmen wird. Doch keiner will es wahrhaben. Schon bald geht es nicht mehr um ein sommerliches Abenteuer, sondern nur noch darum, mit heiler Haut davonzukommen.

 

PIPER VERLAG

10.03.2022

Jens Eisel – Cooper

Hardcover, 978-3492059107, 224 Seiten, 22,00 €

© Piper

USA, 1971: im Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Unter den Passagieren eines Flugs nach Seattle ist ein Mann mit einem Aktenkoffer. Er wird als Dan Cooper in die Geschichte eingehen und doch ein Unbekannter bleiben. Mit einer selbst gebauten Bombe erpresst er eine hohe Summe, springt mit dem Fallschirm ab und verschwindet. Jens Eisel erzählt feinfühlig von einem Vietnamveteranen, der alles wagt, um seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Und von einer Crew, die alles dafür tut, ein friedliches Ende zu sichern. Ein semidokumentarischer Roman über den Mut der Verzweiflung, die Zukunftsgläubigkeit der USA unter Nixon und die Härte des Lebens.

28.04.2022

Joël Dicker – Die letzten Tage unserer Väter

Hardcover, 978-3492071383, 432 Seiten, 24,00 €

© Piper

1940 verlässt der junge Paul-Emile überstürzt seine Heimatstadt Paris. Nicht einmal sein Vater weiß, wohin er geht. Denn Paul schließt sich einer geheimen Spionageeinheit an, die Winston Churchill ins Leben gerufen hat. Mit einer Handvoll französischer Freiwilliger, Stan, Gros, Flaron, Cucu und Laura, lehrt man ihn die Kunst des geheimen Krieges. Die Aufträge sind gefährlich, und die Missionen scheinen nie zu enden. So wird ihnen die Gruppe zur zweiten Familie, in der Loyalität, Sicherheit, Freundschaft und Liebe alle zusammenschweißen. In der Hoffnung, gemeinsam die letzte Mission zu überstehen.

26.05.2022

Simon Scarrow – Verdunkelung

Broschiertes Taschenbuch, 978-3492063418, 464 Seiten, 15,00 €

© Piper

Berlin im Winter 1939. Der Zweite Weltkrieg hat begonnen. Immer weiter schränkt das Nazi-Regime die Freiheit der Bevölkerung ein. Doch in der Hauptstadt wird der sich ankündigende Schrecken der Kriegsjahre von einer tiefgreifenden Angst überschattet. In den kalten Stunden der Verdunkelung, die die diktatorische Regierung zum Schutz gegen Fliegerangriffe ausspricht, zieht ein brutaler Mörder durch die Metropole. Als die Leiche einer jungen Frau gefunden wird, gerät Kriminalinspektor Horst Schenke unter erbarmungslosen Druck. Seine Weigerung, in die Nazipartei einzutreten, bringt ihn in große Gefahr – und als eine zweite Frau ermordet wird, entdeckt Schenke eine Spur, die bis ins Zentrum der Macht führt. Seine Stunden scheinen gezählt …

 

POLAR VERLAG

15.01.2022

Doug Johnstone – Eingeäschert

Hardcover, 978-3948392420, 380 Seiten, 25,00 €

© Polar

Drei Generationen von Frauen übernehmen das Familienunternehmen der Skelfs in Edinburgh. Ein Bestattungsinstitut mit angeschlossener Privatdetektei. Die Leiche des ehemaligen Familienoberhaupts äschern sie auf seinen Wunsch hin illegal in ihrem Garten ein. Bald darauf entdecken seine Frau Dorothy, seine Tochter Jenny und seine Enkelin Hannah mysteriöse Zahlungen an eine andere Frau, die darauf hindeuten, dass Jim nicht der Ehemann war, für den sie ihn gehalten haben. Damit nicht genug, verschwindet eine Freundin der Enkelin spurlos von der Universität. Die Polizei ist nicht an Ermittlungen interessiert, also beschließt Hannah, das selbst in die Hand zu nehmen, um festzustellen, dass sie ihre beste Freundin eigentlich gar nicht kannte. Jenny, die Tochter und Journalistin, vervollständigt das Chaos, als sie bei einer Totenwache einen Fall übernimmt. Ein Ehebruch, aber wie bei allem anderen trügt auch hier der Schein.

15.02.2022

Steph Post – Lightwood

Broschiertes Taschenbuch, 978-3948392444, 350 Seiten, 16,00 €

© Polar

Judah Cannon ist der mittlere Sohn des berüchtigten Cannon-Clans, der von Sherwood, seinem unerschrockenen und kompromisslosen Patriarchen, angeführt wird. Als Judah nach einem Gefängnisaufenthalt in seine ländliche Heimatstadt Silas, Florida, zurückkehrt, ist er entschlossen, in seinem Leben voranzukommen und mit seinem besten Freund aus Kindertagen und seiner neu entdeckten Liebe Ramey Barrow ein sauberes Leben zu führen. Alles gerät jedoch außer Kontrolle, als ein Anruf von Sherwood Judah und Ramey in ein kompliziertes Netz aus Diebstahl, Brutalität und Verrat verstrickt. Unter dem Druck der unerbittlichen Blutsbande nimmt Judah am Raub der Scorpions teil, einer Gruppe Methkochender Biker, die außerhalb des Gesetzes stehen. Ohne Wissen der Cannons gehört jedoch die Hälfte des gestohlenen Bargelds in den Harley-Satteltaschen Schwester Tulah, einer größenwahnsinnigen P ngstpredigerin, die ihre Anhänger ermutigt, Gift zu trinken und auf ihr Geld zu verzichten. Als Schwester Tulah von dem Raub erfährt, schwört sie, sowohl die Cannons als auch die Scorpions dafür bezahlen zu lassen. Als Judahs jüngerer Bruder Benji das zufällige Opfer in einem Handgemenge wird, nimmt Judah es auf sich, ihn zu rächen, ungeachtet des Schadens, der ihm und seinen Mitmenschen zugefügt wird. Judah wird ein getriebener Mann, geblendet von seinem Bedürfnis nach Rache und hinterfragt alles, woran er glaubte. Mit Ramey an seiner Seite ist Judah gezwungen, es mit den Scorpions und Schwester Tulah aufzunehmen, während er darum kämpft, das Richtige in einer Welt voller Unrecht zu tun.

15.03.2022

David Heska Wanbli Weiden – Winter Counts

Broschiertes Taschenbuch, 978-3948392468, 448 Seiten, 16,00 €

© Polar

Virgil Wounded Horse ist der örtliche Vollstrecker im Rosebud-Indianerreservat in South Dakota. Wenn das amerikanische Rechtssystem oder der Stammesrat die Gerechtigkeit verweigern, kommt Virgil zum Zuge. Dann wird Virgil beauftragt, dem Recht Genüge zu tun und seine eigene Strafe zu verhängen. Als Heroin den Weg in das Reservat ndet und es auch Virgils Ne en betri t, wird seine Wachsamkeit dem Unrecht gegenüber plötzlich persönlich. Er bittet seine Ex-Freundin um Hilfe und macht sich auf den Weg, um zu erfahren, woher die Drogen kommen und wie man den Drogen uss stilllegen kann. Sie folgen einer Spur nach Denver und stellen fest, dass Drogenkartelle expandieren und schreckliche Allianzen bilden. Zurück im Reservat wirft eine neue Stammesratsinitiative unangenehme Fragen zu Geld und Macht auf. Als Virgil beginnt, die Teile miteinander zu verbinden, muss er sich seinen eigenen Dämonen stellen und seine Identität als indigener Amerikaner zurückerobern. Virgil erkennt, dass ein hoher Preis zu bezahlen ist, um im 21. Jahrhundert ein amerikanischer Ureinwohner zu sein.

15.04.2022

William Boyle – Brachland

Hardcover, 978-3948392482, 360 Seiten, 25,00 €

© Polar

Auf den ersten Blick scheint „Brachland“ an Boyles Debüt „Gravesend“ anzuknüpfen, in dem er von den Auswirkungen eines Verbrechens in Brooklyn erzählt. Diesmal handelt es sich um den Mord an einem Spieler, der dem Maoso Tony Ficalora Geld schuldet. Der Polizist Donnie soll den Rückstand für ihn eintreiben. Doch Donnies leicht aufbrausendes Temperament wurde vor kurzem durch den Selbstmord seines Sohnes völlig hemmungslos. Donnie wirft den Spieler von einer Brücke. Zwei Jahre später wird er aus dem Polizeidienst entlassen, weil er einen Vorgesetzten geschlagen hat, und arbeitet von da an für Tony Ficalora. Der Sohn des Opfers, Mikey Baldini, hat das College abgebrochen und ist zu seiner Mutter zurückgekehrt, die Schwierigkeiten hat, die Schulden ihres Mannes zu bezahlen. Tommy schlägt Mikey vor, für ihn als Eintreiber zu arbeiten, um die Schulden schneller zu tilgen. Es geht um zwei Generationen, die ihr Leben gefangen zwischen Sackgassen und skurrilen Fluchtversuchen verbringen.

16.05.2022

Erik Pruitt – Das schnelle Leben

Hardcover, 978-3948392505, 350 Seiten, 25,00 €

© Polar

Die drogensüchtigen Betrüger Jack Jordan und Summer Ashton legen ihre Namen ab und nehmen jedes Mal eine neue Identität an, wenn einer ihrer Drogendeals furchtbar schiefgeht. Sie machen sich auf den Weg nach Lufkin, Texas, wo sie mit dem Kilo Koks, das Jack in einer ausgehöhlten Bibel versteckt hat, einen großen Coup landen wollen. Er ist charmant, engagiert und extrem paranoid. Summer Ashton, mehr durchgeknallte Partnerin als Frau, an seiner Seite. Zusammen sind sie durch dick und dünn gegangen. In letzter Zeit lässt Ashtons Verstand nach, was es schwer macht, nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Die beiden haben sich gegenseitig so viele Lügen erzählt, dass es schwer fällt, sich an die Wahrheit zu erinnern. Außer den beiden Regeln, die sie stets befolgen: Bullen erzählen sie nie etwas, und in eine Notaufnahme zu gehen, bedeutet, ins Gefängnis zu wandern. In Lufkin treen sie auf einen jovialen Guru und einen Trupp zugedröhnter Teenager, die nach Sicherheit suchen, wo es keine gibt. Verlorene allesamt.

15.06.2022

Peter Farris – Letzter Aufruf für die Lebenden

Broschiertes Taschenbuch, 978-3948392529, 350 Seiten, 16,00 €

© Polar

Für den Bankangestellten Charlie Colquitt war es nur ein weiterer Samstag. Für Hobe Hicklin, einen Ex-Häftling, der nichts zu verlieren hatte, war es nur ein weiteres Ziel. Für Hobes drogensüchtige, sexbesessene Freundin waren es nur mehr Lust, Gewalt und Drogen. Aber in dieser packenden Erzählung ist nichts so, wie es scheint. Hicklins erster Fehler bestand darin, seine Partner in der Aryan Brotherhood zu betrügen. Sein zweiter Fehler war, eine Geisel zu nehmen. Aber er und Charlie können sich nur so lange in den Bergen im Norden Georgias verstecken, bis die Sünden aus Hicklins Vergangenheit sie einholen. Auf Hicklins Spur sind zwei rücksichtslose Soldaten der Bruderschaft, die bereit sind, einen Pfad des Mordens und des Chaos zu brennen, um sich zu rächen. GBI Special Agent Sallie Crews und Sheri Tommy Lang, selbst keine Fremden des Bösen, zu dem Menschen fähig sind, bekommen es mit dem Fall zu tun. Bald knüpft Crews gefährliche Verbindungen, während für den trinkfesten, mutlosen Lang die Rettung von Charlie Colquitt der Schlüssel zur persönlichen Rettung sein könnte.

 

PULP MASTER VERLAG

31.03.2022

Gerald Kersh – Hirn und zehn Finger

Taschenbuch, 978-3927734975, 128 Seiten, 11,80 €

© Pulp Master

Jugoslawien, 1943. Eine kleine versprengte Partisanentruppe wacher, verzweifelter Männer flieht in den Wald, nachdem sie ein Munitionsdepot der italienischen
Besatzer überfallen hat. Ihre Beute: Dynamit und Zünder für den Widerstand. Einer stirbt für den anderen, damit der Rest an einem anderen Tag weiterkämpfen
kann. Darunter ist der junge Andrej, dessen Dorf in Slowenien von den Faschisten dem
Erdboden gleichgemacht wurde und der hier in ebenfalls versprengten Serben und Kroaten Gleichgesinnte gefunden hat. Doch die rettende Holzbrücke wurde vom Hochwasser fortgerissen und die Verfolger sind nicht mehr weit …

31.03.2022

Mark SaFranko – Amerigone

Taschenbuch, 978-3946582106, 300 Seiten, 14,80 €

© Pulp Master

Für den Hightechmanager Parker Saturn beginnt der sonnige Septembertag in New York etwas ungewöhnlich. Der ihm bis dato unbekannte Kollege Ivan Rubleski aus der Dependance an der Westküste hat ihn zu einer Besprechung in ein Hotel in Manhattan bestellt. Trotz einer quälenden Migräne fühlt Parker sich fit für einen langen Arbeitstag mit anschließendem Geschäftsessen und einer Tour durch die Nachtlokale. Doch es kommt alles ganz anders: Rubleski führt sich plötzlich auf, als hätte er jahrelang im New Yorker Schlachthof gearbeitet. Der Eindruck eines außer Kontrolle geratenen Gulag-Golems verstärkt sich, als Rubleski Parker seine Lebens- und Todesphilosophie erklärt und immer wieder an blutigen Beispielen eindrucksvoll demonstriert, wie der neoliberale Raubtierkapitalismus der USA ausgelebt werden sollte.

31.03.2022

Les Edgerton – Primat des Überlebens

Taschenbuch, 978-3927734937, 270 Seiten, 14,80 €

© Pulp Master

Jake Bishop ist voll resozialisiert und träumt gemeinsam mit seiner Frau Paris den amerikanischen Traum, der sich als eigener Friseursalon materialisieren soll. Doch seine kriminelle Vergangenheit holt Bishop ein, und zwar in Gestalt seines ehemaligen Zellenkumpels Walker, der ihm im Knast das Leben rettete und nun, frisch entlassen, im Gegenzug etwas Starthilfe einfordert. Sich des über seinem Kopfe schwebenden Damoklesschwertes bewusst – einer bei der nächsten Verurteilung anstehenden lebenslangen Haftstrafe –, lehnt Jake entschlossen ab. Doch der Auftraggeber im Hintergrund hat Jakes Schwachstelle längst ausgemacht und zwingt ihn, den Einbruch bei einem lokalen Juwelier durchzuziehen …

30.04.2022

Charles Willeford – Filmriss

Taschenbuch, 978-3946582175, 250 Seiten, 15,00 €

© Pulp Master

Richard Hudson, ein begnadeter Gebrauchtwagenverkäufer, kennt die Schwachstellen der Männer und Frauen wie ein Zuhälter. Seine Anpreisungen rechtfertigt er mit einer höchst perversen Logik, bis auch er erkennt, dass er sein Leben mit der sinnlosen Jagd nach Geld vergeudet. Er muss sich an etwas Kreativem versuchen – einem ehrgeizigen und risikoreichen Filmprojekt. Doch Kräfte, die sich seiner Kontrolle entziehen, machen ihm einen Strich durch die Rechnung. Der wütende und gedemütigte Gebrauchtwagenverkäufer trinkt sich daraufhin durch die Unterwelt von Los Angeles und nimmt monströse Rache an allen, die ihm in die Quere gekommen sind. Im Zentrum von Willefords Roman steht die Erfolgsethik des amerikanischen Traums, wonach alle, die im Sinne des Hyperkommerz nicht konkurrenzfähig sind, gnadenlos ausgestoßen werden. Kreativität bleibt auf der Strecke; Kultur versackt in einer grausam verzerrten Masse.

 

ROWOHLT VERLAG

25.01.2022

Paul Auster – In Flammen

Hardcover, 978-3498001674, 1200 Seiten, 34,00 €

© Rowohlt

Paul Auster nimmt den Leser mit auf eine lebhafte Reise durch die kurzen 29 Jahre von Stephen Cranes Leben. Crane war der strahlende Stern der US-Literatur zur Jahrhundertwende, ein Frühvollendeter in jeder Hinsicht – wichtigster Vertreter des amerikanischen Naturalismus und Autor des legendären Bürgerkriegsromans «The Red Badge of Courage» («Die rote Tapferkeitsmedaille»). In den wenigen Jahren, die ihm vergönnt waren, verfasste er neben diesem ikonischen Roman ein reiches Werk aus Lyrik, Kurzgeschichten und Novellen und führte ein abenteuerliches, ja fiebriges Leben u. a. als Kriegskorrespondent im Spanisch-Amerikanischen und im Griechisch-Türkischen Krieg. Er erlitt Schiffbruch vor der kubanischen Küste, wurde in eine skandalöse Liebesaffäre verwickelt, die ihn zwang, seine Heimat zu verlassen, bereiste mehrere Kontinente, wurde in Kriegseinsätzen beschossen – all dies vor dem Hintergrund des pulsierenden, sich rapide wandelnden Lebens im blühenden Industriezeitalter. Und so ist Austers liebevoll genaues und detailreiches Porträt des Schriftstellers Crane auch eines seiner Zeit und der Welt im Fin de Siècle des neunzehnten Jahrhunderts am Übergang zum zwanzigsten.

 

ROWOHLT BERLIN VERLAG

15.02.2022

Szczepan Twardoch – Demut

Hardcover, 978-3737101219, 464 Seiten, 25,00 €

© Rowohlt Berlin

Eben noch kämpfte Alois Pokora im Weltkrieg. Dann erwacht er im Krankenhaus in Berlin – und die Welt ist eine andere: das Jahr 1918, der Kaiser geflohen, die alte Ordnung zerbricht. Der Bergmannssohn Alois, der Erste in der Familie mit Schulbildung, sehnt sich nach seiner Liebe Agnes – lässt sich aber bald von der soghaften neuen Freiheit erfassen, geistig, revolutionär, auch erotisch. Er gerät in die Berliner Halbwelt, schult für die dubiose „Baronin“ eine Kampftruppe, trifft Rosa Luxemburg. Nach einer Schießerei mit Kaisertreuen rund ums Berliner Schloss kann er gerade noch heim ins verwunschene Schlesien flüchten. Wo sich ebenfalls alles verändert hat. Unerwartet muss Alois sich der eigenen Herkunft stellen – und steht endlich Agnes gegenüber. Doch Alois ist zwischen alle Fronten geraten.

 

S. FISCHER VERLAG

23.02.2022

Greg Buchanan – Sechzehn Pferde

Hardcover, 978-3103974881, 448 Seiten, 22,00 €

© S. Fischer

Sechzehn Pferdeköpfe werden auf einer Farm des sterbenden englischen Küstenorts Ilmarsh entdeckt. Kreisförmig eingegraben in den Ackerboden, nur ein einziges Auge blickt in die rote Wintersonne. Die Veterinärforensikerin Dr. Cooper Allen wird zum Tatort gerufen. Früher wollten sie Tierleben retten, heute diagnostiziert sie ihren Tod. Dann entspinnt sich eine unvorhergesehene Kette weiterer Verbrechen. Durch die Kadaver in der Erde verbreitet sich eine Infektion, die Gemeinde wird unter Quarantäne gestellt. Die Außenseiterin soll mit dem örtlichen Polizisten Alec Nichols die schockierenden Fälle aufdecken. Doch was, wenn das Böse nicht nur im Boden lauert, sondern in den Menschen selbst? Etwas Böses, das Allen selbst immer tiefer in einen Strudel aus Schuld und Vergeltung hinabzieht?

09.03.2022

Reinhard Kaiser-Mühlecker – Wilderer

Hardcover, 978-3103971040, 352 Seiten, 24,00 €

© S. Fischer

Jakob führt den Hof der Eltern und kämpft gegen den Niedergang. Als die Künstlerin Katja sich als Praktikantin anbietet, scheinen sich die Dinge zum Guten zu wenden. Gemeinsam bauen sie eine biologische Tierhaltung auf, sie heiraten und bekommen einen Sohn. Doch Jakob findet keine Ruhe, sein grausamer Zorn bricht immer wieder hervor. Hat Katja ihn getäuscht, hat sie nur mal einen wie ihn haben wollen, einen Bauern? Reinhard Kaiser-Mühlecker erzählt von Herkunft und existentieller Verlorenheit in einer Welt, die sich radikal wandelt.

30.03.2022

Charlotte McConaghy – Wo die Wölfe sind

Hardcover, 978-3103971002, 432 Seiten, 22,00 €

© S. Fischer

Inti Flynn kommt nach Schottland, um Wölfe in den Highlands wiederanzusiedeln. Als Wissenschaftlerin weiß sie, dass die wilden Tiere die einzige Rettung für die zerstörte Landschaft sind. Als Frau hofft sie auf einen Neuanfang. Sie ist nicht mehr die, die sie einst war, hat sich von den Menschen zurückgezogen. Denn die Wolfsbiologin besitzt die seltene Fähigkeit, Gefühle von anderen Lebewesen körperlich nachzuempfinden. Als ein Farmer tot aufgefunden wird und eine Hetzjagd auf ihre Tiere beginnt, muss sie sich ihren Ängsten stellen: Ist der Wolf oder der Mensch die Bestie in den Wäldern? Und wird sie je wieder menschliche Nähe zulassen können – oder von der Wildnis verschlungen werden, die sie retten will?

 

SUHRKAMP VERLAG

11.04.2022

Marie Rutkoski – Real Easy

Broschiertes Taschenbuch, 978-3518471432, 400 Seiten, 14,95 €

© Suhrkamp

Irgendwo in den Südstaaten, 1999: Das Lovely Lady ist ein Stripclub in dem eine Schar junger Frauen beinahe rund um die Uhr arbeiten. Eines Nachts verschwinden zwei der Tänzerinnen – eine wird schon bald ermordet aufgefunden, die andere ein paar Wochen später. Die Detectives Holly Meylin und David Baer glauben, dass hier ein Serientäter am Werk ist, da sich die Morde mit älteren Fällen vereinbaren lassen. Klar ist: Irgendjemand aus dem Umfeld des Clubs muss der Täter sein – oder ein Polizist, der auch mit dem Laden zu tun hat …

19.06.2022

Jonathan Moore – Poison Artist

Broschiertes Taschenbuch, 978-3518472644, 400 Seiten, 16,95 €

© Suhrkamp

Caleb Maddox ist Schmerzforscher und Toxikologe und wird als solcher zeitweilig von der Polizei von San Francisco als Berater bei Mordfällen hinzugezogen. Und die braucht gerade dringend seine Expertise, da in den letzten Wochen immer wieder wohlsituierte Männer tot aus der Bay gezogen werden, die unter unbeschreiblichen Schmerzen gestorben sein müssen. Maddox hilft gerne, auch wenn er zurzeit Krach mit seiner Freundin hat und daher lieber durch alle Bars der Stadt zieht. Dabei lernt er die geheimnisvolle Emmeline kennen, der er rasch verfällt. Emmeline scheint direkt aus einem Film Noir der 1940er zu stammen, eine Femme fatale, stylish, mysteriös, extravagant. Die Nebel wallen über der Bay Area, der Asphalt glänzt regennass, und Emmeline führt Maddox an die unwahrscheinlichsten Orte. Aber nichts, gar nichts ist so, wie es scheint …

19.06.2022

Johannes Groschupf – Berlin Heat

Taschenbuch, 978-3518472491, 254 Seiten, 10,95 €

© Suhrkamp

Berlin ist kochend heiß im ersten Sommer nach der Pandemie. Die Touristen sind zurück in der Party City, überall wird exzessiv gefeiert, die Menschen genießen die Zeit nach dem Lockdown. Gut für Tom Lohoff, der für das Partyvolk aus aller Welt Wohnungen, Drogen jeglicher Art, Sex und Zugang zu Top-Clubs im Angebot hat. Schlecht für ihn, dass er hohe Spielschulden bei einem fiesen Gangster hat. In seiner Geldnot trifft er ein paar Wochen vor den Bundestagswahlen eine fatale Entscheidung: Er beteiligt sich an der Entführung eines stadtbekannten Politikers, der sich als Rechtsaußen für law and order einsetzt …

 

TROPEN VERLAG

21.05.2022

Stephen Mack Jones – Princess Margarita Illegal

Broschiertes Taschenbuch, 978-3608504859, 320 Seiten, 17,00 €

© Tropen

Eine Leiche treibt im Detroit River. In einem Prinzessinnenkleid. Zur gleichen Zeit schickt die Einwanderungsbehörde Sondereinheiten nach Mexicantown, um Illegale zu deportieren. August Snow, einer gut gekühlten Margarita nie abgeneigt, kocht vor Wut. Höchste Zeit, dass jemand wieder für Gerechtigkeit eintritt …

Die Dinge stehen gerade nicht zum Besten in Mexicantown. Die US-Einwanderungsbehörde macht willkürlich Razzien, die Einwohner leben in Angst. Als die Leiche einer jungen mexikanischen Frau aus dem Detroit River gezogen wird, schaltet der Gerichtsmediziner Bobby Falconi seinen alten Freund August Snow ein. Denn die als Prinzessin verkleidete Tote war Opfer sexueller Gewalt und illegal im Land.

Offenbar hatte die Einwanderungsbehörde sie aufgegriffen, doch wie ist sie dann im Fluss gelandet? Eine Spur der Korruption tut sich auf, die von der Behörde in die höchsten Kreise der Gesellschaft und zu einem internationalen Menschenhandelsring führt.

Zeit für August Snow, die Samthandschuhe abzulegen und für ein bisschen gute alttestamentarische Gerechtigkeit zu sorgen.

21.05.2022

Anna Burns – Amelia

Hardcover, 978-3608500141, 384 Seiten, 25,00 €

© Tropen

1969 begannen in Irland die Troubles. Doch das kümmert Amelia Boyd Lovett erst einmal wenig. Noch klettert sie jede Nacht und jeden Tag in ihr Versteck, um sich ihre Schätze anzugucken: ein kleines Plastikschaf, ein Groschen mit einem eingeprägten Gebet, eine Tube Glitzer. Und siebenundreißig Gummigeschosse. Eins für jeden Tag, seitdem die britische Armee angefangen hat, damit zu schießen.

Amelia ist ein Buch über Gefühle, Familie und Irland während der Troubles. Aber erzählen Sie das nicht der achtjährigen Amelia. Immerhin ist sie es, die in einer verrückten Familie, in einer verrückten Gesellschaft aufwachsen muss und vergessen will, was um sie herum passiert. Denn das ist so einiges: Schülerinnen, die bewaffnet herumspazieren; Babies, die Bomben sein könnten oder auch nicht; Achtjährige, die merkwürdige Dinge sammeln. Wenn Amelia überleben soll, muss sie ihren eigenen Weg finden. Aber kann sie das an einem Ort, an dem die Menschen weder auf sich selbst noch andere Acht geben?

 

ULLSTEIN VERLAG

31.03.2022

James Ellroy – LAPD ’53

Taschenbuch, 978-3548291345, 224 Seiten, 14,00 €

© Ullstein

Der unumstrittene Meister der Kriminalliteratur hat sich mit dem Los Angeles Police Museum zusammengetan, um ein erstaunliches Werk über das L.A. des Jahres 1953 zu verfassen. Beim Durchforsten des Museumsarchivs entdeckte Ellroy, dass dieses Jahr zahlreiche ungewöhnliche Bilder hervorgebracht hat und hat zu einigen von ihnen kurze Texte geschrieben, in denen er die Verbrechen und die Arbeit der Polizeit beleuchtet: Die Stadt der Engel, ein Hexenkessel vor dem Herrn!

27.05.2022

James Ellroy – Allgemeine Panik

Hardcover, 978-3550201608, 400 Seiten, 26,00 €

© Ullstein

Ein Leben wie das von Freddy Otash kann nur an einem einzigen Ort enden: im Fegefeuer. Dort sitzt er, den im Los Angeles der 50er-Jahre jeder kannte, seit nunmehr 28 Jahren. Seine Karriere füllt mehrere Leben, sein Leben mehrere Bücher: Marine im Zweiten Weltkrieg, Polizist beim LAPD, Privatdetektiv, Zuhälter, Betrüger, schließlich Kopf des Schundmagazins CONFIDENTIAL, das all den Schmutz der amerikanischen Prominenz – von Marilyn Monroe über James Dean, Richard Burton bis hin zu Liz Taylor – mit größtem Vergnügen am Skandal an die Oberfläche zerrte und der Öffentlichkeit zum Fraß vorwarf. Aber jetzt will er da endlich raus, und dazu muss er die Wahrheit sagen, und so ruft er seinen himmlischen Peinigern zu: „Baby, it’s time to CONFESS.“

 

ZSOLNAY VERLAG

14.02.2022

Dirk Schümer – Die schwarze Rose

Hardcover, 978-3552072503, 608 Seiten, 28,00 €

© Rowohlt

Als Ketzer denunziert, muss sich im Jahr 1328 der berühmte deutsche Prediger Eckhart von Hochheim am Hof des Papstes in Avignon der Inquisition stellen.
In Begleitung seines Novizen Wittekind wird Meister Eckhart Zeuge eines blutigen Raubüberfalls. Als Wittekind selbst angegriffen wird, ahnen die beiden, dass sie in einen Finanzbetrug von europäischem Ausmaß hineingezogen werden. Im Schatten des Papstpalasts ist auch der geheimnisvolle Franziskaner William von Baskerville den Tätern auf der Spur. Dort, wo Umberto Ecos „Der Name der Rose“ aufhört, setzt Dirk Schümers packender historischer Roman an. Wir erleben eine finstere Metropole der Religion, in der nur ein Credo gilt: Gold.

 

 

 

 

 

Die Nackten und der Tote

© Ullstein

Ein Jahr nach dem Edgar Award prämierten Kriminal-Debütroman „In der Hitze der Nacht“ ließ John Dudley Ball seinen zweiten Band aus der Reihe um den schwarzen Detektiv Virgil Tibbs aus Pasadena folgen.

Totes Zebra zugelaufen“, so der deutsche Titel, brachte es hierzulande nur zu einer Veröffentlichung im Jahre 1967 beim Ullstein Verlag. Danach verschwand der Titel, wie auch die meisten restlichen Werke John Balls, komplett vom deutschen Büchermarkt. Selbst die Hoffnung, dass im Rahmen der Fischer Crime Classics Reihe einer der Bände eine Neuausgabe erfahren würde, währte schließlich, wie auch die Reihe selbst, nicht lange. Wer also gern heutzutage chronologisch die Fälle von Virgil Tibbs lesen möchte, muss weiterhin antiquarisch suchen. Aber diese Suche lohnt – ganz sicher.

Totes Zebra zugelaufen“ führt uns in die kalifornische Nudisten-Kolonie „Sun Valley Lodge“ Mitte der 60er Jahre. Dort ist ein fremder Mann nackt im Schwimmbecken aufgefunden worden. An sich nichts Ungewöhnliches an diesem Ort, nur ist dieser „Badegast“ tot und treibt mit dem Rücken nach oben. Ein Mord ist mehr als wahrscheinlich, wobei sich der Täter alle Mühe gegeben hat, eine Identifizierung zu erschweren, denn neben neben der Kleidung wurde ihm gleich auch noch das Gebiss entwendet. Nur soviel ist klar. Der Unbekannte ist kein Mitglied der Kolonie, sondern ein „Zebra“. (Um die Hüften herum ist er weiß, sonst braun. Bei einem Nudist fehlen diese Streifen.)

Für den ortsansässigen Sheriff ist dies ein mysteriöses Rätsel. Er zieht sogleich Virgil Tibbs von der Mordkommission zurate, der sich nicht nur aufgrund seiner Hautfarbe zwischen all diesen weißen Sonnenanbetern ziemlich fehl am Platz fühlt. Besonders die Nacktheit einer äußerst attraktiven Zeugin macht ihm sichtlich zu schaffen. Schnell kommt der sonst so kühle Denker ins schwitzen, zumal die Suche nach der Identität der Leiche ebenfalls früh in einer Sackgasse zu enden scheint. Bis schließlich ein Landpolizist der kalifornischen Polizei einen wichtigen Hinweis gibt und Tibbs damit auf die richtige Spur gebracht wird …

Nein, die Intensität und Wirkung des Erstlings erreicht „Totes Zebra zugelaufen“ leider nicht. Ein überdurchschnittlich guter Krimi ist er aber dennoch, was gleich mehrere Gründe hat. John Ball beweist auch diesmal viel Mut und scheut sich nicht vor Konfliktthemen. Nachdem es sein Schützling Virgil Tibbs zuvor noch mit rassistischen Cops im kleinen Südstaatenkaff Wells zu tun hatte, sieht er sich nun anderweitig ausgegrenzt. Seine Hautfarbe ist dabei weniger von Belang, als vielmehr die Tatsache, dass er sich angezogen auf dem Gebiet der Nackten bewegt. Ball, selbst einen großen Teil seines Lebens lang Nudist, führt der Gesellschaft hier geschickt, pointiert und mit viel Witz ihr falsches Denken vor, ohne groß mit der Moralkeule zu schwingen. Zwischen dem schwarzen Cop und den weißen Nudisten besteht, und das müssen beide Seiten schnell feststellen, eine schon fast ironische Gemeinsamkeit. Beide werden, der eine wegen der Hautfarbe, die anderen wegen ihres Lebensstils, abfällig beäugt. Das Intelligenz, Kompetenz und Charakterstärke aber vom äußeren Schein unabhängig sind, kann Tibbs erneut brillant unter Beweis stellen.

Auffällig ist dabei hier, dass er sich der Unterstützung der ortsansässigen Polizei sicher sein kann, welche die Fähigkeiten des schwarzen Ermittlers schätzt und sich auch nicht schämt, ihre eigene Unkenntnis einzugestehen. Hier ist er nicht einfach nur Virgil, sondern Mr. Tibbs. Geachtet und anerkannt, nimmt er sich in bester Holmes-Manier des Falles an, wobei der Leser (wie die Leiche) direkt zu Beginn ins kalte Wasser geworfen wird. Ball hält sich nicht allzu lang mit einer großen Einführung auf, sondern lässt den Detective mittels Deduktion und Kombinationsgabe wichtige Indizien noch am Tatort entschlüsseln. Während man selbst noch irritiert über Gründe und Motive rätselt, scheint Tibbs bereits sein Netz enger um den Täter zu ziehen.

Es ist die große Stärke dieses Autors, die Genialität seines Ermittlers herauszustellen, obwohl der Leser, dem die gleichen Hinweise zur Verfügung stehen, völlig im Dunkeln tappt. Ob man will oder nicht. Staunend sieht man Tibbs bei der Arbeit über die Schulter. Und obwohl das Buch (das in der Fassung von Ullstein wieder einige Kürzungen erfahren musste) gerade mal knapp 160 Seiten umfasst, und damit ein wenig mehr Umfang als eine Kurzgeschichte hat, fesselt der Plot von Beginn, überzeugt Ball mit Sprachstil und detaillierten Beschreibungen, die uns das Kalifornien der 60er Jahre vor den Augen wieder auferstehen lassen. Krimikenner mit dem genauen Blick werden übrigens dabei erkennen, dass sich hier eine gewisse Entwicklung von klassischen „Whodunit“ zum „Police Procedural“ vollzieht, den vor allem Ed McBain seit Mitte der 50er aus der Taufe gehoben hatte.

Totes Zebra zugelaufen“ ist der würdige Nachfolger eines großartigen ersten Bands, welcher zwar dessen Qualität nicht ganz erreicht, aber mit einem intelligenten, sehr scharfsinnigen Plot unterhält und neben dem eigentlichen Mordfall noch eine ganze Menge Tiefgang mitliefert. Ein kurzes, aber lohnendes Lesevergnügen, das, zumindest derzeit, zu moderaten Preisen aus zweiter Hand zu bekommen ist.

Wertung: 86 von 100 Treffern

einschuss2
  • Autor: John Dudley Ball
  • Titel: Totes Zebra zugelaufen
  • Originaltitel: The Cool Cottontail
  • Übersetzer: Mechtild Sandberg-Ciletti
  • Verlag: Ullstein
  • Erschienen: 1967
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 160 Seiten
  • ISBN: –

Life played out on a field

© Dumont

Von allen drei großen Sportarten in den Vereinigten Staaten von Amerika – Basketball, Football und Baseball – ist es wohl die letztere, für die ich seit jeher am wenigsten Interesse aufbringen konnte. Nicht zuletzt vielleicht deshalb, weil wir im Sportunterricht der Oberstufe ein bisschen zu oft in den Genuss ihrer Ausübung kamen. Das wiederum dürfte dann auch einer der Gründe gewesen sein, warum Chad Harbachs Roman „Die Kunst des Feldspiels“ eine „etwas“ längere Zeit auf dem „Zu-lesen-“Stapel neben dem Fernseher verbringen durfte – und immer wieder wie von Zauberhand einen Platz weiter nach unten wanderte.

Eine Geringschätzung, welche das Werk rückblickend sicherlich so nicht verdient gehabt hat, wenngleich ich aber auch nicht ganz in die oft sehr hymnischen Einordnungen manch anderer Rezensenten einstimmen kann und will, was ich aber – und deswegen schiebe ich diese Besprechung schon seit Wochen vor mir her – nur schwer in Worte gefasst bekomme.

Und wie immer wenn ich einer Schreibblockade erlege, deren Ursache ich nicht ergründen kann – und Abstand nehmen nicht mehr hilft – nutze ich diese doch jetzt einfach als Einstieg in die Rezension, ist schließlich dieses Symptom auch eine direkte Auswirkung der Lektüre, welche ich einerseits sehr genossen habe, mich aber gerade zum Ende hin mit gemischten Gefühlen zurückgelassen hat. Chad Harbach macht in „Die Kunst des Feldspiels“ einfach unheimlich viel richtig, hat ein typisches „Great American Novel“ zu Papier gebracht, dem man mit der Einordnung als Sportroman bei weitem nicht gerecht wird, da auch Themen wie Bildung, gesellschaftlicher Aufstieg und vor allem das „Coming-of-Age“ eine gewichtige Rolle in ihm spielen. So divers diese Mischung ist, so unterschiedlich auch die Charaktere, welche die Handlung bevölkern, die sich zwar weitestgehend im Mikrokosmos Universitätscampus abspielt, aber dennoch eben – aufgrund ihrer Figuren – universale Themen und Konflikte anspricht.

Ihren Anfang nimmt sie in der tiefsten Provinz in Lankton, South Dakota. Hier spielt im örtlichen Baseballteam der 17-jährigen Henry Skrimshander. Ein schmächtiger, relativ kleiner und wortkarger Bursche, der jedoch ein beinahe unglaubliches Talent besitzt, die Flugbahn eines Balles zu lesen und mit formvollendeter Eleganz diesen nicht nur jedes Mal in verschiedensten Positionen zu fangen, sondern auch gleich direkt dorthin zu werfen, wo er ihn haben will – das alles in einer scheinbar einzigen, fließenden Bewegung. Bei einem Spiel gegen Chicago wird schließlich der Student Mike Schwartz auf dessen unfassbare Begabung aufmerksam. Er ist Kapitän der Baseballmannschaft des Westish College und hofft das dortige Team der Harpooners, bis dato relativ erfolglos, mit Skrimshander zu verstärken. Nach kurzer Bedenkzeit stimmt Skrimshander zu und beginnt in Nordost-Wisconsin, an den Ufern des Lake Michigan, eine neues Leben.

Eine Entscheidung, die sich von Beginn an direkt für ihn auszuzahlen scheint. Nicht nur findet er schnell neue Freunde in Westish – mit seinem schwulen Mitbewohner Owen verbindet ihn bald eine enge Kameradschaft – auch auf dem Baseball-Feld läuft für ihn alles wie am Schnürchen. Sein „goldener Arm“, den er, wie den Rest seines Körpers, täglich in härtesten Übungen mit Mike Schwartz trainiert, wird zur entscheidenden Waffe im Spiel und führt die Harpooners von Sieg zu Sieg. Wie besessen versucht Skrimshander seine Fähigkeiten noch zu verbessern, wobei ihm vor allem „Die Kunst des Feldspiels“, die Baseball-Bibel des (fiktiven) großen Spielers Aparicio Rodriguez – ehemals selbst Shortstop wie Skrimshander – als Leitfaden dient. Schon bald säumen Scouts der Profi-Ligen den Spielfeldrand und versuchen einander mit höher dotierten Vertragsangeboten zu übertreffen. Alles läuft wie erhofft, bis es eines Tages plötzlich zu einem Unglück kommt, welches seinen bis hierhin kometenhaften Höhenflug jäh beendet. Bei einem eigentlich recht einfachen Wurf verfehlt der sonst so treffsichere Junge sein Ziel – und erwischt den auf der Bank lesenden Owen mitten im Gesicht.

Von jetzt auf gleich sieht sich nicht nur Skrimshander mit der eigenen Fehlbarkeit und bisher unbekannten Zweifeln konfrontiert – auch für den Präsidenten des College, Guert Affenlight, ist dieser Moment von entscheidender Bedeutung. Der renommierte Melville-Experte und national anerkannte Akademiker, ein typischer „Ladys Man“, muss sich eingestehen, dass er erstmals in seinem Leben wirklich verliebt ist. Und das ausgerechnet in den schmerzlich getroffenen Owen. Ohnehin ist es leitenden Angestellten am College untersagt, Beziehungen zu den ihnen anvertrauten Studenten zu unterhalten – doch auch noch eine homosexuelle? Affenlight, dessen Tochter Pella nach einer gescheiterten Ehe zu ihm zurückgekehrt ist, will, allen Risiken zum Trotz, seinen Gefühlen nachgeben.

Währenddessen steht auch Skrimshanders unerbittlicher Förderer Mike Schwartz, dessen Körper von Jahren des Spiels gezeichnet ist, vor einer alles entscheidenden Frage: Was kommt eigentlich nach dem College?

Schon dieser kurze Anriss des Plots sollte verdeutlichen, dass die Sportart Baseball nun wahrlich keine Hürde für den Einstieg in dieses Buch darstellt (auch wenn eine gewisse Vorkenntnis sicherlich nützlich ist), denn die Geschichte hätte auch sicher mit Football oder Basketball ähnlich gut funktioniert. Voraussetzung ist aber in jedem Fall die amerikanische Prägung, denn gerade das beschriebene Leben zwischen College-Sport und Campus-Leben hat natürlich seine Wurzeln jenseits des großen Teichs – und ist auch eben darum dort am besten aufgehoben. Vielleicht ein Grund, weshalb es vergleichbare Literatur für Fußball hierzulande nicht gibt bzw. die in den meisten Fällen von eher minderer Qualität ist. Harbach gelingt es äußerst kunstvoll und vor allem unheimlich wortgewandt, die Träume, Wünsche und Ziele der jungen Studenten, aber auch ihre Ängste, Zweifel und Niederlagen vor dem Hintergrund dieses Spiels, das sie alle vereint, zu verbildlichen und gleichzeitig äußerst einfühlsam mit den Entscheidungen des älteren Guert Affenlight zu spiegeln, der im fortgeschrittenen Alter die Sinnhaftigkeit des eigenen, konfliktlosen Wegs in Frage stellt.

So traumwandlerisch sicher wie Skrimshander seine Bälle ins anvisierte Ziel bringt, so sicher erweist sich Chad Harbach auch in der Zeichnung seiner Figuren, für die ihm meines Erachtens auch das allergrößte Lob gebührt. Lange ist es her, dass mir Protagonisten – auch aufgrund der warmherzigen, gefühlvollen Sprache – so schnell und vor allem intensiv ans Herz gewachsen sind, mich ihr Scheitern hat derart leiden lassen und eine neu gefundene, wahre Liebe so berührt hat. Wenn sich Owen Dunne und Guert Affenlight näher und näher kommen, kann man (selbst als heterosexueller Leser) schlicht nicht anders, als sich mit beiden zu freuen, da Harbach hierbei eine Verbindung schildert, nach der sich wohl ein jeder sehnt, der denjenigen bzw. diejenige im echten Leben noch nicht gefunden hat. Und er tut das wohlgemerkt mit einer sichtbaren Sensibilität, viel (langvermisste) Toleranz und ohne diese Liebe mit unnötigen Kitsch zu überfrachten – oder zu sehr ins Detail zu gehen. Eine Versuchung, welcher der ein oder andere Autor an dieser Stelle wahrscheinlich erlegen wäre.

Desweiteren verzichtet Harbach – zumindest im ersten Drittel – auch auf übertrieben bedeutungsschwangere Passagen, zeigt sich stilistisch äußerst leichtfüßig und lebhaft, findet lange Zeit genau das richtige Maß zwischen Wortwitz und Einfühlsamkeit. Während wir dabei Henry Skrimshander irgendwann nicht mehr wirklich näher kommen, er dem Leser aufgrund seinem überbordenden Perfektionismus und dem Bedürfnis nach Isolation von den anderen zunehmend entrückt, ist es dann vor allem das Schicksal von Mike Schwartz, dem wir mit besonderem Mitgefühl unsere Aufmerksamkeit widmen.

Er steht beinahe stellvertretend für alle Sonnen- und Schattenseiten dieses Sports, verkörpert sowohl die zielgerichtete Professionalität in Form seines besessenen Trainings und seiner fast schon quälenden Selbstdisziplin, als auch das verbindende Element zwischen den Spielern, welches mit strenger Hand dafür sorgt, dass die Kameradschaft innerhalb der Mannschaft nie unter dem Konkurrenzkampf leidet. Und wie so oft, ist es gerade der Anführer, der Leader, welcher sich daraus resultierend als isoliert wiederfindet, sein eigenes Leben und eigene Träume für jemand anderes – in diesem Fall Skrimshander – opfert. Damit dessen Automatismen wieder greifen, sein Wunsch Profi-Spieler zu werden doch noch in Erfüllung geht, tut der Musterathlet Schwartz mit leidenschaftlicher Hingabe alles – und droht am Ende dabei selbst auf der Strecke zu bleiben.

Die Szenen, in denen sich Schwartz, nur noch zusammengehalten von Schmerzmitteln, Bandagen und Tapes, durch die Spiele kämpft, vorangeht und doch immer noch den Blick für das große Ganze beweist – sie hallen lange und eindringlicher nach, als das Schicksal Skrimshanders, der außer seinem Talent nicht allzu viel an bemerkenswerten Eigenschaften mitbringt. Und der, als er es plötzlich verliert, sich in sich selbst zurückzieht, in Selbstzweifeln und Selbstmitleid versinkt – und damit auch gleichzeitig die von Schwartz in ihn gesetzten Hoffnungen als neuer Staffelträger zerstört. Für ihn, seinen Entdecker, ist aber gerade dieses Scheitern auch ein Moment der Erweckung, erkennt er doch nun wie fehl ihn seine Ambitionen geleitet haben, dass sein Scheitern im Spiel auch seine weitere fragile Existenz als solches bedroht, wenn er es einfach geschehen lässt und sein Augenmerk nicht endlich auf die eigene Zukunft richtet.

Harbach kreidet den Pursuit of Happiness damit literarisch auf einem Baseballfeld ab. Ein Ort, der metaphorisch für ein ganzes Land steht, welches alles dem Erfolg unterordnet – und in dem augenscheinlich auch nur der Erfolgreiche glücklich sein darf. Erwartungen, Sehnsüchte und Hoffnungen zerschellen nicht selten an der bitteren Realität, die letztlich auch bedeutet: Selbst in einer Mannschaft kämpft jeder für sich allein, bedeutet Gemeinschaft nicht folgerichtig auch die Abwesenheit von Einsamkeit. Vielmehr teilt sich auch im Baseball alles zwischen Gewinnern und Verlierern – eine Welt voller Obsessionen, in der man sich eben beweist oder das Feld geschlagen verlassen, in der man nach einer Niederlage wieder aufsteht oder mit dessen Schande leben muss. Wie Harbach diese bittere Wahrheit zunehmend verdichtet und dabei noch Zeit hat, sich in literarisch-philosophischen Betrachtungen unter anderem dem Lebenswerk Herman Melvilles zu widmen, das ist durchaus beeindruckend und zeugt von großem Talent, wird aber meines Erachtens durch eine gewisse mangelnde Konsequenz im letzten Viertel des Romans etwas getrübt.

Anstatt seiner vorigen Linie treu zu bleiben, wendet sich hier für meinen Geschmack etwas zu viel und vor allem zu schnell zum Besseren, zielt das zu glatt und präzis inszenierte Finale zu sehr auf Hollywood, um im Kontext zum Rest der Geschichte glaubhaft zu bleiben – und unterwandert damit auch dessen eigentliche Tragik. In der allerbesten Manier und Tradition des US-amerikanischen Kinos endet der Weg in einem prall gefüllten Stadion applaudierender Zuschauer – die in der Sonne wehenden Stars und Stripes darf sich der Leser noch dazudenken. Gerade auf diesen letzten Metern erweist sich Harbach damit einen Bärendienst, hätte er doch weiterhin dem Plot seinen Lauf und seine Bilder wirken lassen sollen, anstatt derart offensichtlich manipulativ einzugreifen. Zumindest habe ich es entsprechend empfunden.

Nein, das ändert nichts daran, dass jeder Freund des großen amerikanischen Romans Chad Harbachs „Die Kunst des Feldspiels“ unbedingt eine Chance geben und diese fantastischen Protagonisten kennenlernen sollte, die lange über das Ende der Lektüre hinaus in Erinnerung bleiben dürften. Mögen meine Worte also als (äußerst persönliche) Kritik auf höchstem Niveau verstanden und diesem Werk über die Irrungen und Wirrungen des Lebens dennoch möglichst viele Leser zuteil werden.

Wertung: 83 von 100 Trefferneinschuss2

  • Autor: Chad Harbach
  • Titel: Die Kunst des Feldspiels
  • Originaltitel: The Art of Fielding
  • Übersetzer: Stephan Kleiner, Johann Christoph Maass
  • Verlag: Dumont
  • Erschienen: 11.2012
  • Einband: Hardcover
  • Seiten: 608
  • ISBN: 978-3832196264

Die Reise des Rob Jeremy Cole

© Heyne

Vor wenigen Tagen – genauer gesagt am 22. November 2021 – starb der US-amerikanischer Autor Noah Gordon im respektablen Alter von 95 Jahren. Bekannt geworden war er vor allem durch sein historisches Epos „Der Medicus“ – ein Buch, das sich mir bei der ersten Lektüre im Jugendalter noch aufgrund der eher ausschweifenden, detaillierten Erzählweise etwas in den Weg gestellt bzw. dessen Faszination sich mir nicht wirklich erschlossen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch eher Ken Folletts und Rebecca Gablés Stil gewöhnt. Zwei Kollegen/innen, welche zwar ähnlich komplex ihre Welt aufbauen, aber in ihren Büchern dann doch auch immer auf ein relativ zügiges Vorankommen des Lesers Wert legen.

Gut fünf Jahre später wagte ich dann einen zweiten Anlauf und erinnerte mich an die Worte von Doris Lessing, welche mal in einem (nebenbei bemerkt äußerst lesenswerten) Interview mit dem Diogenes-Verlag behauptet hatte:

Man muss ein Buch zur richtigen Zeit lesen. (…) denn es ist der Schlüssel zum Vergnügen an der Literatur.

Insofern musste der erste Versuch zur falschen Zeit geschehen sein, da ich nun die Lektüre nicht nur auf ganzer Länge genießen konnte, sondern seitdem auch Gordons großes literarisches Verdienst er- und anerkennen kann, das er sich mit diesem Buch zweifelsfrei erschrieben hat. (Die Tatsache, dass mir viele Einzelheiten in den Jahren dazwischen entfallen sind, kam dem Lesespaß natürlich zusätzlich entgegen) Die Geschichte des Buches sei schnell angerissen:

London im Jahre 1021. Der neun Jahre alte Rob Jeremy Cole muss die ganze Härte des Lebens erfahren, als seine Mutter bei der Geburt des jüngsten Bruders stirbt und ihr kurze Zeit später der Vater nach einer schweren Krankheit folgt. Nachdem die Londoner Zimmermannszunft seine Geschwister in verschiedenen anderen Familien untergebracht hat, bleibt nur Rob alleine zurück. Ihm droht schon das Leben eines Unfreien in den gefährlichen Eisenminen, als ihn eines Tages ein Bader unter seine Fittiche nimmt. Gemeinsam ziehen sie quer durch England und Wales, wobei der junge Rob nicht nur die Kunst des Jonglierens trainiert, sondern gleichzeitig auch einfache Griffe in der Medizin und bei der Versorgung der Kranken erlernt. Zu seiner großen Freude macht ihn der Bader dann schließlich sogar zu seinem Lehrling. Es folgen glückliche und vor allem profitable Jahre, da sich Robs Gabe, den Tod bei kranken Menschen zu spüren, als äußerst nützlich erweist. Als der Bader dann jedoch eines Tages ebenfalls eines plötzlichen Todes stirbt, steht Rob am Scheideweg. Sein Wissensdurst bezüglich der Heilung ist noch nicht annähernd gestillt und so beschließt er, sich auf den Weg nach Persien zu machen, um sich in Isfahan als Arzt ausbilden zu lassen.

Rob reist quer durch Zentraleuropa bis nach Konstantinopel, wobei er nicht nur unterschiedlichsten Kulturen und Menschen begegnet, sondern auch innerhalb der Zweckgemeinschaft einer Karawane seine große Liebe findet. Von den mitreisenden Juden erlernt er zudem vorsorglich das Wichtigste ihrer Religion, da ihn das Erreichen der Grenzen des Abendlands nämlich vor ein neues Problem stellt: Christen ist das Studium im Heiligen Land auf Todesstrafe verboten. Fortan gibt sich Rob als Jude aus. Unter dem Namen Jesse ben Benjamin durchquert er die heutige Türkei, um nach vielen Monaten endlich Isfahan zu erreichen und dort festzustellen, dass die Zeit des Lernens erst jetzt wirklich beginnt …

Vorneweg: Wer Tolkiens „Der Herr der Ringe“ bereits nach wenigen Seiten gelangweilt abgebrochen hat, der wird höchstwahrscheinlich auch an Gordons „Medicus“ (zumindest anfangs) kaum Gefallen finden, denn wie beim großen Fantasywerk, so nimmt auch hier das Umherreisen reichlich viel Platz innerhalb der Handlung ein. Und wie Tolkien, so nutzt auch Gordon diesen Platz, um seine Protagonisten näher auszuarbeiten und im weiteren Verlauf die Unterschiede der verschiedenen Kulturen, Religionen und Landschaften ausführlicher zu skizzieren. Das wird bei Freunden geradliniger Bücher vielleicht für nur wenig Begeisterung sorgen. Fakt ist aber: Noah Gordon gelingt damit die Wiederbelebung der schillernden Welt des Mittelalters, welche der Leser Seite um Seite mit einem ähnlich kindlichen Staunen betrachtet wie der junge Rob Jeremy Cole. Bader und Gaukler, marodierende Ritter, reisende Kaufleute, pilgernde Christen, Pest, Hungersnöte und blinder religiöser Fanatismus. Der Autor hat in „Der Medicus“ eine einfach stimmige Mischung auf Papier gebracht, welche zwar nur auf wenigen überlieferten Fakten beruht (Gordon gibt dazu im Nachwort eine aufschlussreiche Erklärung ab) und sich einige Ungenauigkeiten herausnimmt (z.B. Steinburgen gab es in der Zeit vor William, dem Eroberer noch nicht; es existierte kein Gildensystem; England war unter dänischer Herrschaft – entsprechend passt der Name Cole nicht), dafür jedoch die persönliche Geschichte von Jeremy Cole schlichtweg passend in die damalige Zeit einbettet.

Und dieser ist ohne Frage das Zugpferd der gesamten Geschichte. An seinem Schicksal nimmt man, nicht zuletzt wegen seiner nahbaren, menschlichen Art, ziemlich früh Anteil. Man betrauert familiäre Verluste und berufliche Rückschläge, fiebert beim Werdegang des Waisenjungen mit. Stets in der Hoffnung, er möge eines Tages sein Ziel erreichen und als ausgebildeter Medicus nach England zurückkehren. Bis dahin ist es für Cole und den Leser ein weiter, aber lohnenswerter Weg, an dessen Rand man immer wieder Neues entdecken kann. Für Zartbesaitete könnte dieser Weg allerdings mitunter beschwerlich sein, schildert doch Gordon medizinische Eingriffe und Operationen nicht selten bis in kleinste, blutige Detail (Die blumige Ausdrucksweise dürfte für die ganz konservativen unter den Iny-Lorentz-Lesern vielleicht nur schwer zu verkraften sein).

Auch die lange Feindschaft zwischen den Christen und den Juden wird intensiv beleuchtet, wobei hier Gordon (selbst Jude) ein großes Lob für die äußerst moralfreie Betrachtung dieser Thematik auszusprechen ist. Dass die differenzierte Darstellung der kulturellen Gegensätze trotzdem bis zum heutigen Tag noch aktuell ist, ist weniger Gordon, als vielmehr der gesamten Menschheit anzulasten, auf welche folgender Ausspruch wohl immer noch am besten passt: „Aus der Geschichte lernen wir, dass wir nichts aus der Geschichte lernen.

Nach mehr als 700 Seiten schließt das Buch dann mit einem unerwarteten und unkonventionellem Ende, das allerdings gerade auch deswegen so befriedigend ist und dazu nochmals den Eindruck verstärkt, mit Gordons „Medicus“ ein ganz besonderes Buch gelesen zu haben.

Der Medicus“ ist ein farbenprächtiges und lebendiges Historien-Epos, das Unterhaltung und Tiefgang sehr bemerkenswert in Einklang bringt und dabei sogar die eigene Wissbegierde weckt. Ein Klassiker des Genres, der auch nach fast einem Vierteljahrhundert immer noch seinen Platz in den Regalen der Buchhandlungen sicher hat und durch zwei weitere Bände zu einer Trilogie komplettiert wurde.

Wertung: 91 von 100 Trefferneinschuss2

  • Autor: Noah Gordon
  • Titel: Der Medicus
  • Originaltitel: The Physician
  • Übersetzer: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
  • Verlag: Heyne
  • Erschienen: 04.2011
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 864
  • ISBN: 978-3453471092

Sherlock Holmes‘ letzte Verbeugung

© Insel

Schon der erste Blick auf das Cover der „Insel“-Ausgabe dürfte vielleicht den ein oder anderen interessierten Leser stutzig machen und irritieren, wird doch der legendäre Detektiv Sherlock Holmes in den meisten Medien, und dadurch auch im allgemeinen Verständnis, mit dem Viktorianischen Zeitalter in Verbindung gebracht – Droschken, Gaslichtlaternen, nasses Kopfsteinpflaster, der Gentleman in Frack und mit Zylinder auf dem Kopf. Es sind diese Bilder, welche unsere Erinnerungen an Sir Arthur Conan Doyles Helden beleben, weshalb das auf dem Deckblatt abgebildete Automobil für viele einen ungewohnten Stilbruch darstellt.

Fakt ist aber: Bei Veröffentlichung der Kurzgeschichtensammlung „Seine Abschiedsvorstellung“ im Jahr 1917 war die Regentschaft Königin Victorias schon lange beendet, befand sich das englische Empire in den Wirren des Ersten Weltkriegs verstrickt, welcher weiteren imperialen Bestrebungen einen Dämpfer verpasste und bis zum Kriegsende im November 1918 noch Millionen Menschen das Leben kosten sollte. Für viele bedeutete das Grauen an der Westfront nicht nur persönliches Leid, sondern auch ein Ende der Sicherheit. Trotz zahlreicher Konflikte, Missernten, Hungersnot und einer in Arm und Reich geteilten Gesellschaft – viele Zeitgenossen sahen das Viktorianische Zeitalter rückblickend als Ära des Reichtums und der Stabilität, als „gute alte Zeit“.

Für Sir Arthur Conan Doyle, der bereits 1893 entschied, das Leben seines Protagonisten Holmes zu beenden, da das regelmäßige Verfassen neuer Geschichten zu viel seiner Zeit in Anspruch nahm und er seine schriftstellerische Arbeit auf andere Werke konzentrieren wollte, war der von vielen geliebte Schnüffler mit der Lupe mittlerweile zu einem Mühlstein am Hals geworden, der lediglich aus finanziellen Gründen weitergetragen wurde. Der Ehrgeiz, der Fleiß und diese einstmals gewohnte komplette Hingabe – sie flossen längst vermehrt in andere Projekte (u.a. schuf er 1912 mit Professor Challenger eine zweite, sehr populäre Figur), was sich, wie auch der Tod von Doyles Sohn an der Front, in der Qualität der späteren Fälle niederschlug, welche heute, im Verbund mit dem letzten Sammelband „Sherlock Holmes‘ Buch der Fälle“, zu den am wenigsten bekannten und von Sherlockians auch am wenigsten geschätzten Geschichten zählen. Ein Grund sich ihnen erst gar nicht zu widmen? Mitnichten, denn auch wenn „Seine Abschiedsvorstellung“ nicht mehr die Klasse und die Brillanz der frühen Holmes-Fälle erreicht – ein Quäntchen des Flairs, der Stimmung und der Leichtigkeit konnte Doyle, der uns die deduktive Arbeitsweise einmal mehr mit überraschenden Wendungen kredenzt, in diese neue Zeit retten.

Folgende acht Kurzgeschichten sind in „Seine Abschiedsvorstellung“ enthalten:

  • Wisteria Lodge
  • Die Pappschachtel
  • Der rote Kreis
  • Die Bruce-Partington-Pläne
  • Der Detektiv auf dem Sterbebett
  • Das Verschwinden der Lady Frances Carfax
  • Der Teufelsfuß
  • Seine Abschiedsvorstellung

Bis auf die bereits 1893 geschriebene Geschichte „Die Pappschachtel“, welche vor allem in britischen Ausgaben des Kanons der Kurzgeschichtensammlung „Die Memoiren des Sherlock Holmes“ zugerechnet wird – amerikanische Verleger befanden die Geschichte damals aufgrund des Ehebruch-Themas als zu brisant und druckten sie erst später in der „Abschiedsvorstellung“ ab (die meisten deutschen Verleger haben diese Vorgehensweise übernommen) – sind alle weiteren Fälle zwischen 1908 und 1913 in unregelmäßigen Abständen im „Strand Magazine“ und später auch im „Collier’s Weekly“ veröffentlicht worden. Das damals enthaltene kurze Vorwort Doyles fehlt leider in der „Insel“-Ausgabe, wird aber durch die Anmerkungen im Anhang durchaus wettgemacht, welcher u.a. einzelne veraltete Begrifflichkeiten und Anspielungen erläutert, weshalb man auch gern während der Lektüre einer Geschichte darauf zurückgreift.

Die Zusammenstellung der Geschichten in dieser Anthologie ist – den großen Abständen in denen sie veröffentlicht worden geschuldet – bunt gemischt, wenngleich auffällig ist, dass sich Doyle vom ursprünglichen Ton entfernt, seine Figur Sherlock Holmes etwas massentauglicher gemacht hat. Zwar immer noch belehrend in seinen Ausführungen, fehlt hier doch zumeist diese gerade in frühen Geschichten und Romanen präsente emotionale Kälte und Distanz, welche den Detektiv nicht nur von allen anderen in seinem Umfeld (besonders Dr. Watson) unterscheidet, sondern ihn auch erst in die Lage versetzt, die Kunst der Deduktion bei der Lösung eines Falles anzuwenden. Das nun Holmes in „Seine Abschiedsvorstellung“ zeitweise sogar lächelt oder sich als mitfühlendes Wesen erweist, mutet dann schon fast seltsam an. Doyle hat anscheinend selbst gemerkt und versucht, dies in den Geschichten teilweise sogar zu erklären. Dennoch: Das Profil des früheren Kokain-süchtigen Holmes hat eindeutig an Ecken und Kanten verloren – und die Vermutung liegt nahe, dass man damit ein noch breiteres Publikum erreichen wollte.

Es entbehrt dann nicht einer gewissen Ironie, dass die zu lösenden Fälle selbst um einiges düsterer geraten sind. Geschichten wie „Der Teufelsfuß“ oder „Die Bruce-Partington-Pläne“ haben nur noch wenig mit dem rätselhaften Spaß eines „blauen Karfunkels“ gemeinsam – sie sind ernster, dunkler, dreckiger und, in der Beschreibung des ausgeübten Verbrechens, auch drastischer und unverblümter geraten. Der Trend, welcher mit „Der Hund der Baskervilles“ und „Das Tal der Angst“ begann, er wird hier fortgeführt, was der Stimmung und auch dem Spannungsgehalt sicherlich zuträglich ist, gleichzeitig aber auch nochmal betont, dass der gemütlich im Arbeitszimmer in der Baker Street ausdiskutierte Fall der Vergangenheit angehört. Für mich zählen die beiden obigen Kurzgeschichten dann auch zu den Höhepunkten dieser Sammlung. Insbesondere „Der Teufelsfuß“ gehört schon allein aufgrund der Wahl des atmosphärischen Schauplatzes (ein abgelegenes Hochmoor nahe der Steilküste) zu Doyles besten Werken, wiewohl die Auflösung und Perfidität des Verbrechens das Setting noch übertrifft. Genau die richtige Lektüre für den stürmisch-verregneten Herbstabend vor dem Kamin, wohingegen Holmes in „Die Bruce-Partington-Pläne“ stattdessen deduktiv nochmal zur Höchstform aufläuft.

Im direkten Vergleich können die anderen Fälle dann leider nicht alle überzeugen, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass Doyle hier streckenweise ein bisschen bei sich selbst klaut. Besonders „Wisteria Lodge“ weckt in Aufbau und Verlauf gewisse Erinnerungen: Der alte Mann mit der dunklen Vergangenheit. Die Flucht in ein anderes Land. Der über viele Jahre gehegte Wunsch nach Rache. Hier ist schon die ein oder andere Parallele zu „Das Zeichen der Vier“ zu erkennen, was den Lesegenuss für Neueinsteiger zwar nicht schmälert, Kennern des Kanons aber allenfalls ein wissendes Lächeln abringt. Weit besser gelingt dann der Abschluss mit der titelgebenden Erzählung „Seine Abschiedsvorstellung“, in der Holmes, welcher sich inzwischen im Ruhestand befindlich der Bienenzucht widmet, am Tag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs nochmal für seine Majestät aktiv wird und einem deutschen Agenten mit gewohnter Nonchalance das Handwerk legt. Ein herrlich kurzweiliges und auch ein wenig wehmütig stimmendes Finale vor dem letzten Akt, der abschließenden Anthologie „Sherlock Holmes‘ Buch der Fälle“.

Seine Abschiedsvorstellung“ ist Sherlock Holmes‘ letzte tiefe Verbeugung („Sherlock Holmes‘ Buch der Fälle“ habe ich immer als nachgereichten Fanservice verstanden) vor seinem wie immer erstaunten Publikum. Und auch wenn der Detektiv inzwischen in die Jahre gekommen ist – auch Doyles spätes Werk hat sich das Prädikat des immer noch lesenswerten Klassikers redlich verdient, was allein schon daran deutlich wird, dass sich aktuell immer wieder zahlreiche Autoren daran verheben, den lockeren Stil des Originals zu kopieren. Den echten, den richtigen Sherlock Holmes – ihn konnte nur sein Schöpfer, Sir Arthur Conan Doyle.

Wertung: 85 von 100 Treffern

einschuss2
  • Autor: Sir Arthur Conan Doyle
  • Titel: Seine Abschiedsvorstellung
  • Originaltitel: His Last Bow
  • Übersetzer: Leslie Giger
  • Verlag: Insel
  • Erschienen: 11/2007
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 318 Seiten
  • ISBN: 978-3458350200

Nachtrag: Ich habe mich bei der Verlinkung des Titels bewusst für die ältere Insel-Ausgabe entschieden, da sie – leider gibt es den Haffmans Verlag ja in dieser Form nicht mehr und die Kein & Aber Ausgabe ist ebenfalls vergriffen – vor allem optisch der äußerst lieblosen Fischer-Version vorzuziehen ist. Ansonsten sollte vor allem bei antiquarischen Stücken darauf geachtet werden, dass es sich um die Übersetzungen von Gisbert Haefs, Hans Wolf etc. handelt. Von gekürzten Ausgaben oder gar solchen, wo Holmes und Watson sich duzen, ist abzuraten.

Meine Name ist Poirot, Hercule Poirot

© Atlantik

Während sie in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit immer größeren Erfolg verbuchen kann – mit „Alibi“ gelang ihr endgültig der große Durchbruch – verlaufen die 20er Jahre privat für Agatha Christie eher unglücklich. Aus beruflichen Gründen lässt ihr Mann sie häufig allein und Ende 1926 stirbt auch ihre geliebte Mutter, welche als erstes ihr schriftstellerischen Talent erkannt hatte und förderte. Dieses Ereignis, und die Tatsache, dass sie die Villa Ashfield, das Zuhause in dem sie aufgewachsen war, räumen muss, nehmen sie stark mit. Dem Geständnis ihres Mannes, er habe eine Affäre mit einer Golfpartnerin, folgt schließlich der totale Zusammenbruch.

Nach einem heftigen Streit zwischen den Eheleuten verlässt Agatha Christie am 3. Dezember 1926 das Haus und wird nach einer spektakulären Suchaktion erst zehn Tage später, unter einem falschen Namen, in einem Hotel in Harrogate aufgefunden – mit einem fast kompletten Gedächtnisverlust bezüglich des gesamten Zeitraums. Und auch im Anschluss kommt die Autorin nicht richtig auf die Beine, gerät zunehmend in Geldnot und bald auch aufgrund ihres Vertrages unter Zeitdruck, denn ein weiteres Buch muss dringend veröffentlicht werden. Doch Christie fehlen Muße und Ideen, um irgendetwas zu Papier zu bringen. Es scheint, als neige sich ihre Karriere dem Ende entgegen.

Ein rettender Einfall kommt dann von ihrem Schwager Campbell Christie, der ihr vorschlägt, doch einfach die im Jahr 1924 bereits im The Sketch Magazine (Ausgaben 1614 bis 1625) erschienenen Kurzgeschichten (zwölf an der Zahl) zu einem Roman zu verarbeiten. Campbell hilft ihr bei diesem „Recycling“ sogar, den Anfang und das Ende der einzelnen Erzählungen so zu verändern, dass sie besser in den Fluss (wenn man bei diesem Werk davon sprechen kann) des Romans passen – wohlgemerkt ohne dabei die Reihenfolge zu verändern. Als das Ergebnis, „Die großen Vier“, am 27. Januar 1927 veröffentlicht wird, entwickelt es sich in Rekordzeit zu ihrem bisher dahin größten Erfolg, wobei dieser vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen ist: Der anhaltenden kontroversen Diskussion um den Vorgängerroman „Alibi“ und dem Aufruhr rund um ihr Verschwinden. Agatha Christie selbst urteilte rückblickend:

Ich habe einmal in einer Position, wo ich schreiben wollte, um Geld zu verdienen, gemerkt, dass ich es nicht kann – das ist so ein nervenaufreibendes Spiel. Hätte ich damals nur ein Manuskript im Ärmel gehabt, es hätte einen riesigen Unterschied gemacht. Das war die Zeit, als ich das scheußliche Buch „Die großen Vier“ produzierte und mich selbst zu „Der blaue Express“ zwang.“

Ihre nachträgliche Selbstkritik ist ebenso ehrlich wie zutreffend, denn „Die großen Vier“ gehört in der Tat zu ihren schlechtesten Werken, da es von Beginn an unter der nur folgerichtigen Inkohärenz leidet und sich in etwa so flüssig liest, wie es geschrieben wurde. Die Handlung – auch ein Begriff mit dem man hier vorsichtig sein muss – sei dennoch zum besseren Verständnis kurz angerissen:

Einige Monate nach den Ereignissen aus „Alibi“. Captain Hastings kehrt aus Argentinien nach London zurück, um dort seinen alten Freund Hercule Poirot in dessen Wohnung zu überraschen, der selbst gerade im Begriff ist, nach Südamerika abzureisen, gelockt von einem gut bezahlten Job des Multimillionärs Abe Ryland. Ihre Wiedersehensfeier wird allerdings von einem unbekannten Mann gesprengt, der vollkommen abgerissen und verwirrt wiederholt Poirots Adresse murmelt, um schließlich immer wieder Vieren auf ein Stück Papier zu schreiben. Bezieht er sich vielleicht auf die geheimnisvolle Organisation „Die großen Vier“, von welcher der belgische Detektiv Gerüchte gehört hat? Bevor sie viel mehr aus ihm herausbringen können, fällt der Mann in Ohnmacht und sie geben ihm Zeit zum Ausruhen – nur um ihn bei der Wiederkehr ermordet vorzufinden. Vergiftet durch Blausäure.

Poirot und Hastings beginnen gemeinsam Nachforschungen anzustellen und stoßen dabei auf ein international agierendes Verbrecherkartell, das nichts geringeres als die Weltherrschaft anstrebt und sich dabei als erstes den Sturz des britischen Empires zum Ziel gesetzt hat. An der Spitze der Organisation scheint ein Chinese namens Li Chang Yen zu stehen, der zusammen mit einer Französin, einem US-Amerikaner und einem Mann unbekannter Nationalität sämtliche Strippen zieht und Kontakte in die höchsten internationalen politischen Ämter hat. Letzterer ist dabei vor allem als eiskalter Vollstrecker tätig und führt das Ermittler-Duo durch diverse Verkleidungen immer wieder auf eine falsche Fährte. In Folge dessen kommt Poirot gleich mehrfach einen Schritt zu spät und muss dann stets am Fundort einer weiteren Leiche die Spur wieder mühsam aufnehmen. Dennoch: Die „Vier“ empfinden seine Einmischung alsbald als lästig – und Poirot und Hastings geraten plötzlich selbst in Lebensgefahr …

Bereits jetzt sollte dem geneigten Christie-Leser auffallen, dass „Die großen Vier“ so überhaupt nichts mit der Art von gemütlichen Kriminalroman zu tun hat, welche man gemeinhin sonst bei einem Titel aus der Poirot-Reihe erwarten dürfte. Oder um es noch deutlicher zu sagen: Es handelt sich hierbei in der Tat nicht um einen klassischen Whodunit, sondern um den eindeutig äußerst bemühten Versuch der Queen of Crime aus ganz viel Stückwerk irgendwie einen rasanten Agententhriller – ein Genre, das zum damaligen Zeitpunkt auch immer mehr Zulauf bekam – zusammenzubauen. Ein Versuch, den man auf ganzer Linie als gescheitert erklären darf, denn bis heute merkt man dem Werk die Hast an, in der dieses Buch wohl damals „verfasst“ worden sein muss. „Die großen Vier“ liest sich an keiner Stelle homogen, krankt an der episodischen Erzählweise, welche der Herkunft aus den Kurzgeschichten geschuldet ist und verhindert, dass überhaupt so etwas wie ein Lesefluss aufkommen kann. Sind die einzelnen Fälle für sich genommen noch irgendwie interessant, da Poirot sie einmal mehr mit der ihm eigenen Genialität und den „kleinen grauen Zellen“ zu lösen vermag, bilden sie im Verbund eine verwirrend, oftmals gänzlich unlogische Geschichte, die einen roten Faden einfach vermissen lässt.

Stattdessen ist man als Leser einer schon fast penetranten Hektik der Figuren unterworfen, die scheinbar vollkommen kopflos – und entgegen ihrem Charakter – von einem Ort zum nächsten hetzen. Hercule Poirot, der sonst am liebsten gar nicht erst sein Büro verlässt, um sein Schuhwerk sauber zu halten und in „Alibi“ bereits als alt und gebrechlich gezeichnet wurde, muss hier nun zwangsweise zum Actionhelden mutieren, dem nur noch eine Walther PPK und eine gepflegte Partie Baccara zu fehlen scheinen. Wenn die Bezeichnung „out of character“ je zugetroffen hat, dann wohl bei „Die großen Vier“. Da hilft es dann auch nichts, dass Christie die körperlichen Handycaps des Belgiers alle Nase lang erwähnt und diesen über jeden zweiten Schritt stöhnen lässt. Ganz im Gegenteil: Wenn er dann bei nächster Gelegenheit wieder wieselflink seinen Häschern entkommt, fühlt man sich – vollkommen zurecht – einfach am Nasenring durch die Manege gezogen.

Und in dieser wird leider auch vom Zirkus ein Programm geboten, das uns so gar nicht vom Hocker reißen will, da Christie – oder ihr Schwager – schlichtweg nicht erkannt haben, was einen Thriller eigentlich wirklich ausmacht und vollkommen falsche Schwerpunkte setzen. Und das obwohl sich fleißig bei den Genrekollegen bedient wird. Nicht nur findet der geneigte Leser hier gleich einige Parallelen zu Doyles Holmes-Geschichten „Das letzte Problem“ und „Seine Abschiedsvorstellung“, auch Li Chang Yen ist mehr als offensichtlich von Sax Rohmers Fu Manchu inspiriert worden – und damit vom britischen Ressentiment gegen die „gelbe Gefahr“, welche den armen, unschuldigen Engländer immer wieder gegen seinen Willen in die verraucht-exotischen Opiumhöhlen der Hafenviertel lockt, wo das Verbrechen unkontrolliert prosperieren kann – und in diesem Fall nebenbei noch gleich der Putsch gegen den Staat geplant wird. Die Art und Weise, wie die „Vier“ dabei ihr Ziel erreichen wollen, lässt selbst manchen Bond-Bösewicht im Rückblick feinfühlig und taktvoll erscheinen.

Apropos Bond. Es erscheint nur logisch, dass der finale Showdown uns in eine Alpenfestung in den Dolomiten führt, wo Poirot dem Oberbösewicht höchstpersönlich in einer von Sprengstoff gespickten Höhle (Ken Adam hätte seine Freude daran gehabt) entgegentritt. Was, damit habe ich zu viel verraten? Nun, ganz ehrlich, ich war nicht davon ausgegangen, dass sie das Buch dennoch lesen wollen. Das sollte man in der Tat nur dann anstreben, wenn man ein hartnäckiger Christie-Komplettist ist, nichts anderes mehr im Bücherschrank stehen hat oder sich einfach mal vor Augen halten will, wie man es eben nicht macht. Allen anderen rate ich tatsächlich hiervon die Finger zu lassen und stattdessen zu Eric Ambler oder dem eben erst wiederentdeckten John Mair zu greifen, der in „Es gibt keine Wiederkehr“ eine ähnliche Geschichte weit geschickter und gekonnter zu erzählen weiß.

Wertung: 68 von 100 Treffern

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  • Autor: Agatha Christie
  • Titel: Die großen Vier
  • Originaltitel: The Big Four
  • Übersetzer: Giovanni Bandini
  • Verlag: Atlantik
  • Erschienen: 09/2015
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 224 Seiten
  • ISBN: 978-3455650532

Die Geburtsstunde des Goldenen Zeitalters

© Fischer

Als Ende der 2000er Jahre der Fischer Verlag in Kooperation mit der Website „Krimi-Couch“ im Rahmen der Reihe „Fischer Crime Classics“ die Wiederveröffentlichung einiger klassischer Kriminalromane ankündigte, war die Vorfreude unter vielen Usern im damals noch recht lebendigen Forum entsprechend groß. Nicht nur waren einige der dort eingeplanten Autoren hierzulande seit langem vergriffen – auch an das Konzept einer inhaltlich verbundenen Serie hatten sich die Verlagshäuser seit der DuMont-Kriminalbibliothek kaum noch herangewagt. Eine Renaissance des Whodunits, sei sie auch nur so klein, hatte sich daher durchaus ein kleiner Teil der Leserklientel erhofft. Allein, diese Hoffnungen wurden enttäuscht, was rückblickend unterschiedliche Gründe gehabt haben dürfte.

In erster Linie war dies wohl der mangelnde (oder anders bzw. optimistischer kalkulierte?) Absatz der Titel, welcher der „Fischer Crime Classics“-Reihe nach bereits zwei kurzen Staffeln ein jähes Ende bescherte und nicht nur einem begrenzten Käuferkreis, sondern auch der Zusammenstellung und der austauschbaren, vollkommen einfallslosen Cover- und Buchrückengestaltung geschuldet war. Sticht beim fleißigen Sammler ein Titel von Pulp Master, aus Rotbuchs „Hard Case Crime“-Reihe oder aus eben der bereits genannten DuMont-Kriminalbibliothek schon im Regal heraus, gestaltet sich bei den Fischer-Büchern dieser Serie eine Suche in der hauseigenen Bibliothek eher schwierig.

Lieblos war ein Adjektiv, das daher im Zusammenhang mit diesen Neuauflagen – alle gedruckten Werke waren in Deutschland bereits schon einmal veröffentlicht worden – häufiger fiel. Meines Erachtens zurecht, denn mehr als zehn Jahre später sind die „Fischer Crime Classics“ auch dadurch vollkommen in Vergessenheit geraten – und damit leider gleichzeitig ein paar Spannungsromane, welche für Kenner der Geschichte des Kriminalromans (oder solche die es werden wollen) sicherlich von Interesse sein dürften. Nicht zuletzt auch wegen dem stets sehr ausführlichen und vor allem kenntnisreichen Nachwort von Lars Schafft, dem ehemaligen Betreiber der Krimi-Couch.

Dies ist im Fall des vorliegenden Titels wieder äußerst lesenswert, arbeitet es doch den besonderen Stellenwert von Edmund Clerihew Bentleys „Trent’s letzter Fall“ auf eine Art und Weise heraus, welche eigentlich eine zusätzliche Besprechung weitestgehend überflüssig macht. Da aber gerade dieser Titel für die Entwicklung des Genres von enormer Bedeutung ist, sei dennoch dieser Versuch gewagt, wobei ich mit einer kurzem Anriss der Handlung beginnen möchte:

England, Anfang der 1910er Jahre. Der freie Journalist, Künstler und Amateur-Detektiv Philip Trent wird von seinem Chefredakteur Sir James Molloy kontaktiert, welcher einen neuen Auftrag für ihn hat. Sigsbee Manderson, Multimillionär, Geschäftstycoon und Börsenspekulant, wurde tot im Obstgarten vor seinem Landhaus „White Gables“ aufgefunden. Weil die Wall Street tobt und Scotland Yard bei seinen Ermittlungen komplett im Dunkeln tappt, soll Trent seine Unterstützung anbieten. Diese wird in Person des alten Bekannten Inspector Murch sehr gerne angenommen, der den Privatschnüffler nicht nur einen Blick auf die Leiche gewährt, sondern ihn auch das Haus und den Rest des Grundstücks untersuchen sowie alle Beteiligten verhören lässt. Neben den Toten sind das unter anderem Mandersons Frau Mabel, seine beiden Sekretäre Calvin Bunner (Amerikaner und allein schon deswegen verdächtig) und John Marlowe, den Diener Martin und das Dienstmädchen Célestine. Nathaniel Cupples, ein weiterer alter Freund von Trent und angeheirateter Onkel, weilt zur selben Zeit noch in einem Hotel im Nachbardorf.

Nach und nach wird Trent immer mehr in den Fall hineingezogen, der sich nicht nur als schwierigster seiner Karriere herausstellen soll, sondern auch einige Überraschungen für ihn bereithält. So findet er bald heraus, dass die Eheleute alles andere als in Harmonie gelebt haben und sieht sich irgendwann auch von der Witwe mehr und mehr angezogen. Doch welches Spiel spielt sie wirklich? Und wer ist nun eigentlich der Mörder?

Bereits im Jahr 1941 titulierte der Autor Howard Haycraft den ersten Band der Reihe, der ironischerweise aber „Trent’s letzter Fall“ heißt, als „Eckpfeiler der Detektivgeschichte“ – und in der Tat stellt dieses Werk den Beginn einer neuen Ära da, die wir heute auch als „Golden Age“ des Kriminalromans bezeichnen. Zwar ebnet Bentleys Buch als Inbegriff des Cosys, des beschaulichen Landhauskrimis, vor allem einer Vielzahl bekannter Autoren wie Agatha Christie, Dorothy L. Sayers und John Dickson Carr den Weg – dennoch war es dem Autor vor allem wichtig seinen Detektiv nicht zwingend als kalten, rein logischen und damit auch künstlichen Übermenschen zu zeichnen – und sich damit natürlich auch so weit wie möglich von Doyles großem Sherlock Holmes zu entfernen, der zuvor den Kriminalroman wie kaum ein anderer – vor allem in Großbritannien – geprägt hat.

Trent versteht sich somit als Gegenentwurf zu dem Pfeife rauchenden Meisterdetektiv aus der Baker Street, was Bentley auch deutlich herausarbeitet. So ist der Privatschnüffler hier ein äußerst umgänglicher, ja, freundlicher und empathischer Zeitgenosse, dessen Vorliebe für Kriminalistik eher spielerischer Natur ist und somit beim Leser weit weniger intellektuell ausgerichtetes, aber weiterhin anspruchsvolles Miträtseln voraussetzt. Damit soll sich direkt zu Beginn ein heimeliges Wohlbehagen einstellen – eine willkommene Ablenkung vom Alltag, der sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Romans im Jahr 1913 zusehends unter den Schatten des drohenden kriegerischen Konflikts der damaligen Weltmächte verdüsterte. Eine Entwicklung, welche Bentley genauso konsequent ausblendet, wie jeglichen Schwermut, so dass sich „Trent’s letzter Fall“ vor allem wie ein kurzweiliges Kammerstück liest, ein literarisch abgebildetes, fast spielerisches Ringen zwischen Mörder und der Detektiv, welche natürlich immer Gentleman bleiben. Ohne es zu wissen, hatte er damit die Blaupause des Whodunit geschrieben, welcher vor allem in Großbritannien das Genre bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs weitestgehend dominieren sollte. Das „Golden Age“ der Detektivgeschichte – es war angebrochen.

Hierzulande ist Bentleys Name nur noch Krimi-Kennern geläufig, was insofern wenig verwundert, da sein Roman zwar eine neue Richtung eingeschlagen, aber in Punkto Spannung wenig neue Maßstäbe gesetzt hat. „Trent’s letzter Fall“ liest sich gefällig, bietet entschleunigende Kurzweil für den Sonntagnachmittag auf dem Sofa, kommt jedoch besonders zu Beginn nur ziemlich behäbig in Gang. Wem diese klassische, britische Gemütlichkeit liegt, wird an der altertümlichen, doch schönen Übersetzung bestimmt Gefallen finden und sich vor allem an Bentleys Talent zu Beschreibungen erfreuen können. Insbesondere seine stimmungsvollen Darstellungen des Landhauses bleiben in Erinnerung und projizieren ein gutes Bild vom Tatort. Dem ein oder anderen wird dabei vielleicht auffallen, dass der Autor mit Zitaten nicht geizt. Warum er dies tut, wird im Nachwort nochmal näher erläutert, das auch weitere tiefe Einblicke in die Gedankenwelt Bentleys gewährt. Dieser wiederum widmete sein Werk Gilbert Keith Chesterton, dem er übrigens 1936 als Präsident des elitären und bekannten Detection Clubs nachfolgte. Ihm folgte dreizehn Jahre später Dorothy L. Sayers, welche „Trent’s letzter Fall“ zu ihren Lieblingsromanen und wichtigsten Inspirationen zählte.

Doch zurück zum Krimi selbst und damit dem wichtigsten Punkt: Die Auflösung. Interessanterweise bricht Bentley für diese mit einigen der späteren (nicht immer streng ausgelegten; siehe „Alibi“) Regeln des Detection Clubs, denn er legt nicht alle Indizien offen, welche eigentlich benötigt werden, um als Leser selbst den Fall zu knacken. Er spielt schlicht unfair, was allerdings dem Plot geschuldet ist, der knapp in der Mitte eine Wendung erfährt, mit der so wohl die wenigsten gerechnet haben. Zumindest wenn sie meinem Rat folgen, nicht zuvor den Klappentext zu lesen, der ärgerlicherweise viel zu viel verrät. Ein weiterer Wermutstropfen ist zudem die tatsächlich unheimlich ätzende Liebesgeschichte, die einem irgendwann genauso auf den Keks geht, wie Trents mitunter affektiertes Gehabe.

Was bleibt am Schluss: Immer noch ein durchaus lesenswerter, früher Vertreter des klassischen Detektivromans, den alle Freunde des „Golden Age“ uneingeschränkt genießen dürften – und mit Adleraugen betrachten sollten, legt er doch das Fundament, auf dem Jahre später Agatha Christie und Co. ihre Erfolge bauen werden.

Wertung: 80 von 100 Treffern

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  • Autor: Edmund Clerihew Bentley
  • Titel: Trent’s letzter Fall
  • Originaltitel: Trent’s Last Case
  • Übersetzer: Monika Elwenspoek
  • Verlag: Fischer
  • Erschienen: 02/2009
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 288 Seiten
  • ISBN: 978-3596182473

Auf der Suche nach sich selbst

© Heyne

Nach der Lektüre des zweiten Bands des lose zusammenhängenden „Revelation-Space“-Zyklus muss ich ganz klar konstatieren: Alastair Reynolds hat mich infiziert. Und das war angesichts des doch sehr zähen Auftakts durch „Unendlichkeit“ so wirklich nicht zu erwarten. Was jedoch letztlich überzeugt, ist Reynolds Konzept.

Im Gegensatz zu einem Großteil der Konkurrenz, welche im Sci-Fi-Genre die Grenzen des derzeit Machbaren weit hinter sich gelassen hat, beinhalten die Bücher des Waliser Autors eine stets glaubwürdige und realistische Physik, die seine „Space Opera“ dem Leser auf gewisse Art und Weise bekannt erscheinen lässt. Seine Raumschiffe, nicht fähig Überlichtgeschwindigkeit zu erreichen, sind nicht mehr und nicht weniger als eine konsequente Weiterentwicklung der heutigen Raketen. Und mit diesen kennt sich der Physiker Reynolds, der neben seinem Schriftstellertum auch im wissenschaftlichen Bereich der Raumfahrt arbeitet, scheinbar bestens aus. Diese Atmosphäre des dreckigen, düsteren und doch so vertrauten Universums hat mich schließlich zu „Chasm City“ greifen lassen, mit dem Reynolds die klassische Science-Fiction aus „Unendlichkeit“ hinter sich lässt und stattdessen nun in den Gefilden von „Cyberpunk“ und „Noir“ wildert.

Obwohl im gleichen Universum wie der Vorgänger angesiedelt, präsentiert sich „Chasm City“ als eigenständiges Werk, das chronologisch vor den Ereignissen von „Unendlichkeit“ spielt und lediglich auf den Schauplatz sowie einige Figuren zurückgreift, um den bekannten Look beizubehalten. Dies vorweg als Information für all diejenigen, die mit der Aussicht auf eine Fortsetzung von der Resurgam-Expedition herangegangen sind. Sie werden dennoch mehr als entschädigt, bietet Reynolds doch nicht nur eine äußerst gelungene Mischung aus Chandler, Dick und Miéville, sondern gleichzeitig auch einen größeren Einblick in das komplexe Gefüge des „Revelation“-Universums.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der ehemalige Elitesoldat Tanner Mirabel, der nach einen 15jährigen Kryo-Schlaf im Orbit des Planeten Yellowstone erwacht und nur langsam seine Erinnerung zurückgewinnt. Das einzige was er sicher weiß: Er ist von Sky’s Edge hierhin gereist, um den Tod seines ehemaligen Arbeitgebers Cahuella, eines begeisterten Jägers und Waffenschmugglers, zu rächen. Sein Ziel: Argent Reivich, ein unsterblicher Aristokrat, der in Chasm City untergetaucht ist. Doch in den vielen Jahren der bewusstlosen Kälte hat sich hier viel verändert. Aus dem einstmals strahlenden Juwel des Epsilon Eridani Systems, dem Utopia der Menschheit, ist ein verrottender, baufälliger Moloch geworden, der sich fest in den Fängen der Schmelzseuche (Leser von „Unendlichkeit“ werden sich erinnern) befindet. Jede Form von Technologie, welche über die simple Mechanik hinausgeht, schmilzt wortwörtlich dahin. Millionen mit Nanotechnologie behandelter Menschen sind ihr bereits zum Opfer gefallen. Während der reiche Teil der Bevölkerung sich ihrer Implantate entledigen konnte oder als Hermetiker in der noch einigermaßen prächtigen Oberwelt, dem „Baldachin“, residiert, bleibt für alle anderen nur ein hoffnungsloses Dasein in der von Smog und Abgasen durchsetzten Unterwelt, dem „Mulch“.

Neben der immer noch nicht gebannten Gefahr durch die Schmelzseuche wird Tanners ohnehin schon gefährliche Ausgabe durch ein weiteres Hindernis erschwert. Offensichtlich ist er mit dem Haussmann-Virus infiziert worden, der von der gleichnamigen sektenähnlichen Religion entwickelt wurde, um alle Befallenen mittels Stigmata und regelmäßigen Visionen zu ihren Anhängern zu machen. Während Mirabel sich einen Weg durch die düsteren Abgründe von Chasm City sucht, erhält er immer wieder neue Einblicke in das Leben von Sky Haussmann, der einst Sky’s Edge seinen Namen gab und als Anführer einer von der Erde gestarteten Flottille zu den großen Pionieren der Menschheit zählt.

Doch bald regen sich bei Tanner Zweifel. Ist es wirklich nur das harmlose Haussmann-Virus oder steckt gar mehr dahinter? Warum sieht er nun Dinge aus Skys Leben, welche in keiner offiziellen Chronik verzeichnet sind? Die Suche nach Antworten auf seine Frage führt ihn nicht nur tief in den Kern von Yellowstone, sondern auch weit zurück in seine eigene Vergangenheit – wenn es denn überhaupt die seine ist…

Wie schon im Auftakt „Unendlichkeit“, so bedient sich Reynolds auch diesmal mehrerer Schauplätze und chronologisch verlagerter Handlungsstränge, um seine komplexe Geschichte zu erzählen. Im Gegensatz zum Erstling ist dieser Balanceakt diesmal jedoch auch vollends gelungen, stimmt die Gewichtung der einzelnen Rädchen, welche, immer mehr ineinander verzahnt, den Plot vorantreiben und ihn letztlich in einem mehr als stimmigen Finale abrunden. Auf dem Weg dorthin geizt Reynolds nicht mit Twists und Turns, die stets aufs Neue am Status Quo zweifeln und uns das soeben gelesene aus einem anderen Blickwinkel betrachten lassen. Auffällig dabei: Egal, welche Erzählebene man so eben betritt, der Rhythmus kommt an keiner Stelle aus dem Takt. Im Gegenteil: Ob im Dschungel von Sky’s Edge, dem vor Dreck triefenden „Schlund“ oder in der Düsternis der Siedlerschiffe – jeder Handlungsstrang fasziniert auf seine Art, trägt eine weitere Facette zum Renyoldschen‘ Universum bei. „Chasm City“ ist, trotz mehr als 800 Seiten, durchgängig spannend, seine Figuren, wenngleich in ihren Fähigkeiten hier und da überzeichnet, unheimlich lebensecht.

Als Freund klassischer „Hardboiled“-Geschichten fielen mir persönlich da vor allem die „Privat-Eye“-Anleihen bei Tanner Mirabel ins Auge, welche sich allerdings mit dem Sci-Fi-Umfeld in keinster Weise beißen, sondern vielmehr zur Dynamik beitragen und „Chasm City“ mit dieser gewissen Portion Coolness versehen. Überhaupt lässt sich die Atmosphäre im Buch mit dem Messer schneiden. Hinter jeder dunklen Ecke lauert das Unbekannte, jeder neue Bekannte Tanners wird scharf und misstrauisch beäugt. Wo er kann, sät Reynolds die Saat des Zweifels aus, was die vielen Kehren in der Geschichte umso eindrucksvoller macht und zur Vielschichtigkeit des Ganzen genauso beiträgt, wie die undurchschaubaren und moralisch schwer einzuordnenden Charaktere. Übertroffen wird all dies nur noch von der Kulisse, die fast schon selbst eine eigenständige Figur darstellt und, trotz Anleihen aus anderen bekannten Werken (z.B. Dicks „Blade Runner“, „Shadowrun“ oder auch „Star Wars“), durchgehend fasziniert. Da verzeiht man es dem Autor sogar, dass die große Überraschung am Schluss wohl viele Leser nicht überraschen wird bzw. in Punkto Aha-Effekt nur mäßig zündet.

Chasm City“ ist eine hervorragende Mischung aus knallharten „Noir“, visionärer „Space Opera“ und dystopischen „Cyberpunk“, die mich über mehrere Tage mit Erfolg in meinen Schlaf- und Essensgewohnheiten gestört und über die volle Distanz bestens unterhalten hat. Ein ganz starker, eindrucksvoller Roman, der viele Fragen beantwortet, aber noch genug offen lässt, um nach den weiteren Bänden des „Revelation-Space“-Zyklus gieren zu lassen.

Wertung: 90 von 100 Treffern

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  • Autor: Alastair Reynolds
  • Titel: Chasm City
  • OriginaltitelChasm City
  • Übersetzer: Irene Holicki
  • Verlag: Heyne
  • Erschienen: 12/2006
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 832 Seiten
  • ISBN: 978-3453522213