Die Nackten und der Tote

© Ullstein

Ein Jahr nach dem Edgar Award prämierten Kriminal-Debütroman „In der Hitze der Nacht“ ließ John Dudley Ball seinen zweiten Band aus der Reihe um den schwarzen Detektiv Virgil Tibbs aus Pasadena folgen.

Totes Zebra zugelaufen“, so der deutsche Titel, brachte es hierzulande nur zu einer Veröffentlichung im Jahre 1967 beim Ullstein Verlag. Danach verschwand der Titel, wie auch die meisten restlichen Werke John Balls, komplett vom deutschen Büchermarkt. Selbst die Hoffnung, dass im Rahmen der Fischer Crime Classics Reihe einer der Bände eine Neuausgabe erfahren würde, währte schließlich, wie auch die Reihe selbst, nicht lange. Wer also gern heutzutage chronologisch die Fälle von Virgil Tibbs lesen möchte, muss weiterhin antiquarisch suchen. Aber diese Suche lohnt – ganz sicher.

Totes Zebra zugelaufen“ führt uns in die kalifornische Nudisten-Kolonie „Sun Valley Lodge“ Mitte der 60er Jahre. Dort ist ein fremder Mann nackt im Schwimmbecken aufgefunden worden. An sich nichts Ungewöhnliches an diesem Ort, nur ist dieser „Badegast“ tot und treibt mit dem Rücken nach oben. Ein Mord ist mehr als wahrscheinlich, wobei sich der Täter alle Mühe gegeben hat, eine Identifizierung zu erschweren, denn neben neben der Kleidung wurde ihm gleich auch noch das Gebiss entwendet. Nur soviel ist klar. Der Unbekannte ist kein Mitglied der Kolonie, sondern ein „Zebra“. (Um die Hüften herum ist er weiß, sonst braun. Bei einem Nudist fehlen diese Streifen.)

Für den ortsansässigen Sheriff ist dies ein mysteriöses Rätsel. Er zieht sogleich Virgil Tibbs von der Mordkommission zurate, der sich nicht nur aufgrund seiner Hautfarbe zwischen all diesen weißen Sonnenanbetern ziemlich fehl am Platz fühlt. Besonders die Nacktheit einer äußerst attraktiven Zeugin macht ihm sichtlich zu schaffen. Schnell kommt der sonst so kühle Denker ins schwitzen, zumal die Suche nach der Identität der Leiche ebenfalls früh in einer Sackgasse zu enden scheint. Bis schließlich ein Landpolizist der kalifornischen Polizei einen wichtigen Hinweis gibt und Tibbs damit auf die richtige Spur gebracht wird …

Nein, die Intensität und Wirkung des Erstlings erreicht „Totes Zebra zugelaufen“ leider nicht. Ein überdurchschnittlich guter Krimi ist er aber dennoch, was gleich mehrere Gründe hat. John Ball beweist auch diesmal viel Mut und scheut sich nicht vor Konfliktthemen. Nachdem es sein Schützling Virgil Tibbs zuvor noch mit rassistischen Cops im kleinen Südstaatenkaff Wells zu tun hatte, sieht er sich nun anderweitig ausgegrenzt. Seine Hautfarbe ist dabei weniger von Belang, als vielmehr die Tatsache, dass er sich angezogen auf dem Gebiet der Nackten bewegt. Ball, selbst einen großen Teil seines Lebens lang Nudist, führt der Gesellschaft hier geschickt, pointiert und mit viel Witz ihr falsches Denken vor, ohne groß mit der Moralkeule zu schwingen. Zwischen dem schwarzen Cop und den weißen Nudisten besteht, und das müssen beide Seiten schnell feststellen, eine schon fast ironische Gemeinsamkeit. Beide werden, der eine wegen der Hautfarbe, die anderen wegen ihres Lebensstils, abfällig beäugt. Das Intelligenz, Kompetenz und Charakterstärke aber vom äußeren Schein unabhängig sind, kann Tibbs erneut brillant unter Beweis stellen.

Auffällig ist dabei hier, dass er sich der Unterstützung der ortsansässigen Polizei sicher sein kann, welche die Fähigkeiten des schwarzen Ermittlers schätzt und sich auch nicht schämt, ihre eigene Unkenntnis einzugestehen. Hier ist er nicht einfach nur Virgil, sondern Mr. Tibbs. Geachtet und anerkannt, nimmt er sich in bester Holmes-Manier des Falles an, wobei der Leser (wie die Leiche) direkt zu Beginn ins kalte Wasser geworfen wird. Ball hält sich nicht allzu lang mit einer großen Einführung auf, sondern lässt den Detective mittels Deduktion und Kombinationsgabe wichtige Indizien noch am Tatort entschlüsseln. Während man selbst noch irritiert über Gründe und Motive rätselt, scheint Tibbs bereits sein Netz enger um den Täter zu ziehen.

Es ist die große Stärke dieses Autors, die Genialität seines Ermittlers herauszustellen, obwohl der Leser, dem die gleichen Hinweise zur Verfügung stehen, völlig im Dunkeln tappt. Ob man will oder nicht. Staunend sieht man Tibbs bei der Arbeit über die Schulter. Und obwohl das Buch (das in der Fassung von Ullstein wieder einige Kürzungen erfahren musste) gerade mal knapp 160 Seiten umfasst, und damit ein wenig mehr Umfang als eine Kurzgeschichte hat, fesselt der Plot von Beginn, überzeugt Ball mit Sprachstil und detaillierten Beschreibungen, die uns das Kalifornien der 60er Jahre vor den Augen wieder auferstehen lassen. Krimikenner mit dem genauen Blick werden übrigens dabei erkennen, dass sich hier eine gewisse Entwicklung von klassischen „Whodunit“ zum „Police Procedural“ vollzieht, den vor allem Ed McBain seit Mitte der 50er aus der Taufe gehoben hatte.

Totes Zebra zugelaufen“ ist der würdige Nachfolger eines großartigen ersten Bands, welcher zwar dessen Qualität nicht ganz erreicht, aber mit einem intelligenten, sehr scharfsinnigen Plot unterhält und neben dem eigentlichen Mordfall noch eine ganze Menge Tiefgang mitliefert. Ein kurzes, aber lohnendes Lesevergnügen, das, zumindest derzeit, zu moderaten Preisen aus zweiter Hand zu bekommen ist.

Wertung: 86 von 100 Treffern

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  • Autor: John Dudley Ball
  • Titel: Totes Zebra zugelaufen
  • Originaltitel: The Cool Cottontail
  • Übersetzer: Mechtild Sandberg-Ciletti
  • Verlag: Ullstein
  • Erschienen: 1967
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 160 Seiten
  • ISBN: –

Hit the Road, Jack!

© Eichborn

„Ich suche Elmore Leonard.“
„Elmore wer?“
„Na, Elmore Leonard. „Schnappt Shorty“, „Out of Sight“ und „Jackie Brown“ basieren auf seinen Büchern.“ „Ach, der.“

Zugegebenermaßen ein fiktiver Dialog, der jedoch möglicherweise mal im Umfeld einer Buchhandlung so stattgefunden haben könnte, denn, wie Horst Eckert in Bezug auf Elmore Leonard äußerst treffend in dessen Kurzbiographie auf der Krimi-Couch bemerkt:

Seine Bücher stehen im Schatten ihrer Verfilmungen. Sie gelten bei uns als Insidertipps, und das in einem Land, dessen Krimileser doch traditionell nach Amerika schielen.“

Bei eben dieser Klientel wagte der Eichborn Verlag vor mehr als zehn Jahren mit Leonards (bisher) vorletzten Roman „Road Dogs“ nochmals einen neuen Versuch. Und „wagen“ ist in diesem Fall wörtlich zu nehmen, da es dieses Werk, trotz einer sehr gelungenen Übersetzung durch die Damen Conny Lösch und Kirsten Riesselmann, inmitten des tristen Mainstream-Wühltischs aus depressiven Forensikern, romantischen FBI-Ermittlern und schlachtenden Serienkillern auf dem deutschen Büchermarkt wieder schwer haben wird.

Kurz zur Geschichte: Jack Foley (George Clooney spielte seine Rolle in Steven Soderberghs Verfilmung des Vorgängerromans „Zuckerschnute / Out of Sight“) ist ein cooler Bankräuber. Und ein schwer zu bekehrender dazu. Das FBI vermutet, dass an die zweihundert, stets unbewaffnete Überfälle auf sein Konto gehen. Foley selbst hat ein paar weniger gezählt. Im Knast, in den er dank der (oder des?) zielsicheren US-Marshall Karen Sisco wieder gewandert ist, zollen ihm selbst die Schwerverbrecher Respekt. Man ist ein wenig stolz auf die Bekanntschaft mit einen Mann, der mehr Banken geknackt als John Dillinger oder William „Willie“ Sutton. Von dieser Prominenz profitiert auch der Exil-Kubaner Cundo Rey, der hinter Gittern zu Foleys bestem Kumpel wird. Sie passen aufeinander auf, halten sich den Rücken frei – werden „Road Dogs“. Cundo, der nicht mehr lange einsitzen muss, will Foley zu einer drastischen Strafminderung verhelfen. Da er selbst, dank der geschickten Arbeit seines Verwalters „Monk“, mit Immobilien ein Vermögen gescheffelt hat, bezahlt er eine erstklassige Anwältin, welche Foleys dreißigjährige Haftstrafe kurzerhand auf ebenso viele Monate runterkürzt, so dass dieser sogar noch vor Cundo ungesiebte Luft atmen kann.

So schön die Freiheit nun ist, Foley hat kein gutes Gefühl. Er schuldet Cundo einen ganzen Batzen Geld und fühlt sich diesem verpflichtet. Wie soll er die Kohle auftreiben? Wieder eine Bank ausrauben? Was für ihn früher ein Leichtes war, wird nun durch die Tatsache erschwert, dass der übereifrige FBI-Agent Lou Adams seine ganze berufliche Karriere aufs Spiel setzt, um Foley beim nächsten Mal auf frischer Tat zu ertappen. Der Mann, der sich schon als neuer Melvin Purvis sieht, plant sogar ein Buch über die Verhaftung des „netten Bankräubers“. Dieser taucht erst einmal in einer von Cundos Villen in Venice Beach unter, wo dessen attraktive Frau Dawn Navarro bereits auf ihn wartet. Sie hat die letzten Jahre für ihren Mann vorgeblich wie eine Heilige gelebt und steigt jetzt sogleich mit Foley in die Kiste. Auf die Chance, ihren Gatten um sein Geld zu erleichtern, hat sie lange hingearbeitet. Und wer könnte ihr da besser helfen als ein trickreicher Bankräuber? Foley, der nicht weiß, wem er trauen kann, ist gefangen zwischen den weiblichen Reizen Dawns und seiner Schuld bei Cundo. Während jeder den anderen übers Ohr zu hauen versucht und nichts so ist wie es scheint, muss Foley einen Weg finden, um Heil aus dem Ganzen herauszukommen …

Ein klassischer Leonard: lakonisch, schnell, voll herrlicher Dialoge und überraschend bis zur letzten Seite. Große Unterhaltung mit Soul.

Wieso sich als Rezensent große Mühe machen, wenn die Werbung des Eichborn-Verlags im Klappentext bereits ein treffendes Urteil abgibt? Elmore Leonard, der im Jahr 2013 gestorben und in seiner langen, nicht selten schwierigen Karriere als Autor von Westernheften und später Gaunerkomödien unter anderem mit drei Edgar Allan Poe Awards und einem Grand Master Award ausgezeichnet worden ist, bleibt sich auch mit „Road Dogs“ treu. Und auch wenn er seinen amerikanischen Kultstatus nie gänzlich auf Europa übertragen konnte, so schimmern doch zwischen den Zeilen immer die Gründe hervor, warum er ihn überhaupt erhalten hat.

Fakt ist: Ob es auf dem Cover draufstehen würde oder nicht, einen Leonard erkennt man sofort. Hier sitzt jedes Wort am richtigen Platz, sind die Dialoge geschliffen wie die schärfsten Messer. Da ist kein Satz zu viel, ist jede Zeile im Einklang mit dem Rhythmus. Egal, welche Wege der Autor in seinem Plot einschlägt, stets beherrscht sein trockener Humor die Szenerie, überzeugen die Bilder mit einer Lässigkeit und Coolness, welche man woanders vergebens sucht. Während andere Schriftsteller die Gänge durchjagen, das Gaspedal ihrer Story auf Vollgas durchtreten, bedeutet die Lektüre eines Leonards chilliges und geradliniges Cruisen. Der rote Faden ist hier so gerade wie ein amerikanischer Highway, sein Sound einmalig. Diesem gerecht zu werden, ihn richtig zu treffen, bedeutet für die Übersetzer Schwerstarbeit. Leonards unverwechselbaren Klang, seine Vorliebe für knappe, lakonische Dialoggewitter kann man nur mühsam und unzulänglich ins Deutsche übertragen. Vielleicht ein Grund, warum der amerikanische Autor hierzulande bisher nur so wenige Leser gefunden hat.

An den Plots selbst kann es jedenfalls nicht liegen, denn wie Leonard in ein auf den ersten Blick so triviales Handlungsgerüst derart viel Tiefgang hineinpackt, dass muss zwangsläufig beeindrucken. Mal leicht und spritzig, mal boshaft und brutal. Der Autor balanciert stets mit unbekümmerter Leichtigkeit auf dem dünnen Seil, zieht dessen Fäden erst gegen Ende zusammen, das zwar nicht mit den Twists und Turns heutiger Thriller aufwartet, aber dennoch immer die ein oder andere Überraschung bereithält. Bis dahin lebt der Krimi vom Zusammenspiel der Figuren, in diesem Fall von Foley, Cundo und Dawn, deren verstrickte Dreiecksbeziehung an eine Pokerpartie gemahnt, bei der die Blätter auf der Hand auch für den Beobachter allesamt verdeckt bleiben. Es wird getäuscht, geblufft, gereizt und letztlich auch verzockt, während der Leser zwischen den vielen Andeutungen und Unklarheiten die wahren Absichten zu entdecken versucht. Es bleibt bei einem Versuch, denn Leonard schreibt mit traumwandlerischer Sicherheit und entpuppt sich in den eigenen eng gesteckten Grenzen als Meister seines Fachs.

Vom Moralisieren hält Leonard auch in „Road Dogs“ nichts. Die tragenden Säulen der Geschichte stammen zwar aus unterschiedlichen Milieus, sind jedoch, jeder auf ihre Weise, kriminell. Selbst FBI-Agent Lou Adams vermag die Rolle des „Guten“ nicht auszufüllen, da er in seiner verbissenen Jagd auf Foley das normale Maß der Gesetzesvollstreckung bereits weit überschritten hat. Genau diese genaue Schilderung, diese präzise gezeichneten Individuen (eine Femme Fatale darf natürlich auch nicht fehlen), machen Leonards Bücher aber auch immer so besonders. Er gewährt einen detaillierten Einblick in einen Grenzbereich der Gesellschaft, wo Kleinkriminelle, Spitzel, Starlets oder Prostituierte ihr Leben fristen und der (zumindest in den meisten Fällen) weit weg von den alltäglichen Erfahrungen des Lesers liegt.

Elmore Leonards „Road Dogs“ ist dynamischer und bitterer Pulp mit einem Schuss Erotik und sommerlichem Kalifornien-Flair. Eine klassisch-elegante Geschichte, die schnurrt wie ein Kätzchen. Und die mag ja bekanntlich auch nicht jeder.

Wertung: 84 von 100 Treffern

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  • Autor: Elmore Leonard
  • Titel: Road Dogs
  • Originaltitel: Road Dogs
  • Übersetzer: Conny Lösch, Kirsten Riesselmann
  • Verlag: Eichborn
  • Erschienen: 01.2011
  • Einband: Hardcover
  • Seiten: 304 Seiten
  • ISBN: 978-3821861197

Prinz der Nacht

© Liebeskind

Edward Bunkers Debütroman „Lockruf der Nacht“ ist das nächste Opfer einer meiner regelmäßigen kreativen Durststrecken, ward er doch bereits vor einigen Monaten gelesen, ohne dass ich mich anschließend mit einer Rezension des Werks auseinandergesetzt hätte. Eine zeitliche Distanz, welche sich naturgemäß – und daher auch hier – rächt, wenn es darum geht die so lang zurückliegende Lektüre korrekt einzuordnen.

Doch so wenig aussichtsreich das Unterfangen auch sein mag, so notwendig ist es auch, denn Bunkers posthum (im Jahr 2008) veröffentlichtes Erstlingswerk ist ein Paradebeispiel des Pulp-Genres der frühen 60er Jahre, das im Gegensatz zu seinen späteren Romanen auch noch weit ungeschliffener, kantiger und roher daherkommt. Zwangsläufig möchte man behaupten, hat er doch seine ersten Schritte als Literat im Gefängnis von San Quentin gemacht, wo er gleich mehrfach in seinem Leben einsaß. Überhaupt lohnt an dieser Stelle ein kurzer Blick in die Autobiografie dieses Schriftstellers, um das vorliegende Buch entsprechend einordnen zu können.

Bunker, 1933 in Hollywood, Kalifornien geboren, wächst in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Seine frühesten Kindheitserinnerungen handeln von der wechselseitigen Gewalt seiner Eltern, die nur durch das Eingreifen der Polizei unterbunden wird. Nach deren Scheidung landet er selbst im Heim, aus dem er flieht, nur um im Anschluss in immer noch strengeren Einrichtungen einkaserniert zu werden. Doch kein Ort kann ihn auf Dauer halten und selbst in der Disziplin einer Militärschule findet er keinerlei Heimat. Ganz im Gegenteil: Er kommt er stets aufs Neue mit dem Gesetz in Konflikt, greift schließlich sogar seinen Vater körperlich an und entwickelt ein tief empfundenes Misstrauen gegen jegliche Autorität und staatliche Institutionen. Wegen Ladendiebstahl muss er schließlich in den Jugendknast, wo er sich den Angriffen anderer junger Krimineller erwehren muss.

Obwohl weit jünger und kleiner als viele seiner Mitinsassen, lernt er seine Angst zu verstecken und erkennt, dass einem persönlich nur die Wahl zwischen Jäger und Beute bleibt. Er beschließt ersteres zu sein. Im Alter von sechzehn Jahren – inzwischen sitzt er im Los Angeles County Jail für Erwachsene ein – ersticht er einen anderen Insassen und erarbeitet sich damit endgültig den Ruf als furchtloser Mann. Nur ein Jahr später wird ihm dann die fragwürdige Ehre zuteil, der jüngste Insasse in eben jenem bereits erwähnten San Quentin State Prison zu sein. Hier nimmt er Kontakt zu Caryl Chessman auf, der in der Todeszelle auf die Vollstreckung seines Urteils wartet. Chessman, den Bunker schon aus früheren Jahren kennt, lässt ihm das erste Kapitel seines Buches („Cell 2455, Death Row“) zukommen, was diesen wiederum dazu inspiriert, seine eigenen Geschichten zu schreiben.

Seine Liebe zur Literatur soll fortan nicht mehr abbrechen, auch wenn er, nach viereinhalb Jahren auf Bewährung entlassen, bald aufgrund weiterer Straftaten erneut zu vierzehn Jahren Haft verurteilt wird, von denen er diesmal sieben – ebenfalls in San Quentin – absitzen muss. In dieser Zeit entsteht schließlich auch „Lockruf der Nacht“, dessen Manuskript über Jahrzehnte verschollen blieb, bis es durch Zufall kurz nach seinem Tod im Jahr 2005 entdeckt wurde. Ein Glücksfall, ist es doch sowohl unverwässertes Zeitdokument, als auch das erste Ausrufezeichen eines äußerst talentierten Autors, der hierzulande jedoch wohl den meisten eher aufgrund seiner kleinen Nebenrollen in Kinofilmen wie „Reservoir Dogs“, „Running Man“ oder „Tango & Cash“ ein Begriff ist. Insofern ist diese Rezension nun auch die passende und beste Gelegenheit, um eine andere Facette von Edward Bunker zu beleuchten.

Lockruf der Nacht“ führt uns in das Kalifornien des Jahres 1962, genauer gesagt nach Ocean View. Ernie Stark ist gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden und versucht seine Karriere als Kleinkrimineller voranzutreiben, als ihn Detective Lieutenant Patrick Crowley, der ihn bereits seinen längerem im Auge hat, vor die Wahl stellt: Entweder er findet heraus wer den örtlichen Dealer Momo Mendoza mit Drogen beliefert oder Crowley sorgt dafür, dass er wieder im Knast landet. Bei aller Ehre unter Ganoven, Stark hat keinerlei Bedarf nach einem weiterem Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen und willigt ein, zumal er seine Chance sieht, selbst zu der großen Nummer aufzusteigen, für die er sich schon seit jeher hält. Keine einfache Aufgabe, da er, trotz immerwährender Selbstbeteuerungen, inzwischen längst selbst zum Junkie geworden ist und hoffnungslos an der Nadel hängt. Es bedarf einiger Raffinesse und noch mehr Skrupel, um Momos Vertrauen zu gewinnen, doch schließlich gelingt es ihm, dessen Interesse an einem großen Deal zu wecken und diesen anschließend auch erfolgreich durchzuziehen. Von jetzt an wird er als Momos Partner akzeptiert – die Drogenquelle jedoch, sie bleibt weiter ein Geheimnis. Kompliziert wird das Ganze durch Momos Frau, Dorie Williams, in der sich Stark selbst wiedererkennt und die ihre eigenen Gründe hat, den Dealer ans Messer zu liefern. Doch kann er ihr trauen? Stark muss jeden seiner Schritte vorsichtig abwägen, um am Ende lebend aus der Sache herauszukommen …

Es verwundert kaum, dass sich schon in dieser kurzen Inhaltsbeschreibung einige Parallelen zu Edward Bunkers eigenem Leben wiederfinden und natürlich fließen in die Figur Ernie Stark gleich mehrere Elemente aus dessen Biographie mit ein. Mehr noch als die Charakterisierung des Hauptprotagonisten fällt aber vor allem die messerscharfe Skizzierung des Drogenmilieus ins Auge, durch die der Leser vollkommen ungefiltert in das Nachtleben des Kaliforniens der 60er Jahre eintaucht. Bar jeder künstlichen Ausschmückung erwartet uns hier eine fast fotografische Wiedergabe der damaligen kriminellen Unterwelt, welche Bunker mit beinahe selbstverständlicher Ruhe porträtiert, ohne groß moralisch die Handlungen der Beteiligten zu hinterfragen. „Lockruf der Nacht“ will nicht polarisieren oder belehren – es bildet schlicht den Status Quo ab, mit dem sich alle Beteiligten inklusive des Detectives abfinden, ohne das eigene Schicksal groß zu bedauern. Es ist wie es ist – das scheint das übergeordnete Motto zu sein, dem sich auch der Autor selbst Zeit seines Lebens ausgeliefert sah und dementsprechend damit umgehen musste.

Rückblickend dürfte diese Lektüre daher für den ein oder anderen heutigen Leser ungewohnt unbequem daherkommen, taugt doch keine der Figuren irgendwie zum Sympathieträger oder Anti-Held. Allesamt sind auf ihre Art und Weise Verbrecher oder zumindest korrupt. Und wenn ein Leben genommen werden muss, um das eigene damit zu sichern, dann ist das eben so. Wer sich mit dieser Tatsache abfindet, vor dem wälzt sich ein Plot aus, der geradlinig wie ein kalifornischer Highway seinem Ende entgegensteuert und trotz der Düsternis, in der er sich bewegt, keinerlei Schwermut verströmt und – das sei besonders betont – seit seiner Entstehung keinerlei Staub angesetzt hat. So wie die Werke von Paul Cain oder Lawrence Block, so ist auch Bunkers „Lockruf der Nacht“ ein typisches Exemplar zeitloser Pulp-Fiction. Zwar durchaus eingebettet in den historischen Kontext, doch gleichzeitig von einer erschreckenden Aktualität, haben sich doch allenfalls gewisse Methoden, aber nicht die Zustände in diesen gesellschaftlichen Abgründen geändert.

Natürlich muss auch festgehalten werden: Ohne Kenntnis von Bunkers Lebenslauf verliert auch diese gänzlich fettfreie und schnörkellose Gangster-Geschichte etwas von ihrer Faszination. Wer sich jedoch klar macht, dass der Autor selbst durch diese dreckigen Straßen lief, sich dieselben Drogen durch die Adern gejagt und mit denselben Huren und Mafiosis verkehrt hat (mit dem mexikanischen Mafia-Boss Joe „Pegleg“ Morgan war er gar eng befreundet) – vor dessen Augen entfaltet dieser auf den ersten Blick so schlichte Roman noch eine weit tiefere, kantigere Dimension. Oder anders gesagt: Ohne Bunkers eigene Erfahrungen würde „Lockruf der Nacht“ nicht so gut funktionieren, wie er das tut.

Edward Bunkers Debüt ist ein schmerzhaft ehrliches und schroffes Zeitzeugnis, das wenig überraschend seitens des exzellenten Liebeskind-Verlages für das deutsche Lesepublikum entdeckt worden, allerdings mittlerweile auch schon wieder vergriffen ist. Allen Freunden des Pulp-Genres sei an dieser Stelle aber die antiquarische Suche unbedingt ans Herz gelegt. Es lohnt sich.

Wertung: 84 von 100 Treffern

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  • Autor: Edward Bunker
  • Titel: Lockruf der Nacht
  • Originaltitel: Stark
  • Übersetzer: Jürgen Bürger
  • Verlag: Liebeskind
  • Erschienen: 02.2009
  • Einband: Hardcover
  • Seiten: 224 Seiten
  • ISBN: 978-3935890618

In den Straßen von San Francisco

© Pulp Master

Während im Hintergrund die Musik von Lana Del Reys Album „Honeymoon“ aus den Lautsprechern schwebt, werfe ich einen seligen Blick auf unsere hauseigene Bibliothek und registriere zu meiner Erleichterung, dass dort noch drei weitere ungelesene Romane aus der Feder des amerikanischen Autors Jim Nisbet auf mich warten. Und damit ein volles Magazin herausragender Literatur – zumindest lässt dies die Lektüre des vorliegenden Werks „Welt ohne Skrupel“ annehmen, welche ich mit der, für Pulp Master Titel üblichen, höheren Erwartung in Angriff genommen habe, nur um diese am Ende noch übertroffen vorzufinden.

Verflucht nochmal, Jim – wo warst du all die Jahre? Dieser Gedanke, er begleitete mich über die gesamte Distanz dieses sprachlichen Filetstücks des Genres Noir, welches man gar nicht schnell lesen, sondern lieber Seite für Seite auf der Zunge und mit Genuss zergehen lassen will. Nisbets Wortakrobatik, sie ist von solch finsterer Lakonie und doch auch stilsicherer Eleganz, dass darüber die Handlung an sich fast in den Hintergrund rückt. Wie gesagt nur fast, denn auf verhältnismäßig kleinstem Raum gelingt ihm nicht nur das Kunststück in die Fußstapfen des großen James M. Cain zu treten, sondern auch der klassischen Femme Fatale zu einem einprägsamen Comeback zu verhelfen. Und damit nun etwas genauer zur Story:

Klinger ist der Typ, bei dessen Anblick wir in der Regel die Straßenseite wechseln und gleichzeitig auch noch das Vorhandensein der Geldbörse am Körper checken. Ein Ganove und Gauner der alten Schule, der seine Finger nicht bei sich lassen kann und für den ehrliche Arbeit so etwas wie gesellschaftlicher Ausschlag ist, der aber nicht genug juckt, um ihm längere Aufmerksamkeit zu widmen. Und so sind es kleine und mittelgroße Dinger, die Klinger dreht und deren Ertrag er in erster Linie in einen Drink und eine warme Mahlzeit investiert. Sein letzter Überfall ist jedoch wenig von Erfolg gekrönt. Auf der Flucht vor der Polizei setzt er den Wagen kurzerhand gegen einen Lichtmast, lässt seinen Komplizen zurück und einbuchten, während er das Geschehen aus sicherer Distanz verfolgt. Gelegenheit macht jedoch bekanntlich Diebe und bereits kurze Zeit später versucht er sich mit Kumpel Frankie „Geeze“ an einem Mann, der sich gerade ein Bündel Dollar an einem Bankautomaten gezogen hat. Die Pechsträhne hält aber an und kurz darauf ist der Kumpel tot und das vorgesehene Opfer, der erfolgreiche App-Entwickler Philipp Wong, liegt bewusstlos im Krankenhaus. Vom Raubzug bleibt Klinger allein dessen Smartphone.

Aber was damit anfangen? Klingers Welt ist strikt analog und weder hat er eine Ahnung wie er es entsperren, noch wie er daraus Profit schlagen soll. Auftritt Marci, Chefin des App-Unternehmens und ehemalige Geliebte des ans Bett gefesselten Wong. Sie weiß um die neue Dating-App auf dessen Phone und will die Gelegenheit nutzen, diese auf eigene Faust zu Geld zu machen. Zu ihrer Überraschung ist Klinger nur wenig an einer Bezahlung in Naturalien interessiert, sondern verlangt Bares. Sie beschließt, die Fähigkeiten des streetsmarten Diebs zu nutzen, um den mittlerweile wieder wachen Wong um sein Passwort zu erleichtern …

The great theme of Noir is, ‚You’re fucked‘.

Wahre Worte des großen James Ellroy, die sich natürlich auch in „Welt ohne Skrupel“ letztlich bewahrheiten, denn Klinger – das wird relativ schnell klar – ist ein Relikt einer vergangenen Zeit, das es versäumt hat, sich an die gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. Menschen wie er und Frankie „Geeze“ verkörpern eine längst vergangene Ära, welche Nisbet zwar in seiner Diktion wiederbelebt, durch die äußeren Umstände aber doch auch stets konterkariert. Die Regeln des Kapitalismus mögen für Klinger zwar nicht gelten, dennoch fühlt er sich dessen Gesetzen unterworfen. Geld regiert die Welt. Und es reicht schon lange nicht mehr, dies nur zu besitzen – man muss es vermehren. Eine Fähigkeit, die diesem altmodischen Gangster schlichtweg vollkommen abgeht und dadurch folgerichtig seine Erfolglosigkeit bedingt. Längst ist er kein Profiteur des Systems mehr, wirft der Griff in die Brieftasche des vorbeihuschenden Passanten nicht mehr genug ab. Und doch ist Klinger unfähig diese Entwicklung zu sehen, seine Einstellung zu seiner monetären Situation zu ändern.

(…) „Verstehen Sie mich nicht falsch, (…) ich schätze Geld. Tu ich tatsächlich. Es ist nur so, dass Geld wie ein Fluch auf meiner Existenz lastet. Mein ganzes Leben lang, (…) lastete Geld wie ein Fluch auf meiner Existenz.“ (…)

Jim Nisbet macht in jeder Zeile deutlich, dass die Zukunft ohne Klinger auskommen muss, dass das große Spiel ohne ihn weitergespielt werden wird. Diese digitale neue Realität, sie frisst ihn, der seine Taubheit in Alkohol ertränkt, auf, um ihn achtlos auf die Straßen San Franciscos zu spucken. Ein Milieu, das der Autor vollkommen leidenschaftslos und mit schwermütiger Melancholie in Szene setzt, ohne, wie sonst in Noirs üblich, sich zu oft dunkelster Schattierungen zu bedienen. So bleiben zwar auch hier die Bordsteinkanten die Parkbänke der Abgehängten und Verlierer, aber es bedarf keiner größerer Dramatik oder düsterer Brutalität um dies zu betonen. Es scheint fast als wäre selbst diese einstmals so nachtschwarze Unterwelt kein sicherer Zuflucht mehr für einen Versager wie Klinger, der unbeteiligt und abgehängt durch sein Viertel flaniert. Ein Philosoph der Straße, dem, außer seinen Kneipenfreunden, schon lange niemand mehr Gehör schenkt.

(…) „Klinger war reif für alles, außer der Zukunft. Oder die Vergangenheit. Oder, wie sich herausstellte, für die Gegenwart.“ (…)

So wohnt dem Zusammentreffen mit Marci schließlich eine gewisse Unvermeidlichkeit inne. Wie die Spinne am Rande des Netzes, die geduldig auf den einen Dummen wartet, der sehendes Auges in sein klebriges Verderben läuft. Klingers Frühwarnsystem, es hat seit Jahren keinerlei Updates mehr erfahren und taugt allenfalls für die Gefahren der Straße. Bei einer verführerischen Frau wie Marci schlägt es jedoch nicht an, was es ihr wiederum so einfach macht, ihn zu manipulieren und als willigen Handlanger für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Was wir als Leser wiederum mit einem nicht unerheblichen Maß an Amüsement goutieren.

Überhaupt – „Welt ohne Skrupel“ ist trotz all der menschlichen Tristesse eine unheimlich kurzweilige Lektüre, zumal Nisbets musikalische Gossenpoesie seinen ganz eigenen Rhythmus hat, der einen leichtfüßig über die Seiten trägt. Dass man dennoch zwischendrin inne hält, um die Worte wirken zu lassen und sich der sprachlichen Magie herzugeben, spricht für die enorme Klasse dieses mit viel Feingefühl modernisierten Noirs, der mich über die Maßen beeindruckt hat.

Wertung: 91 von 100 Treffern

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  • Autor: Jim Nisbet
  • Titel: Welt ohne Skrupel
  • Originaltitel: Snitch World
  • Übersetzer: Ango Laina, Angelika Müller
  • Verlag: Pulp Master
  • Erschienen: 03/2019
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 233 Seiten
  • ISBN: 978-3927734630

Ozean ist Sein, Welle ist der Verstand

© Fischer

Die Vater-und-Sohn-Thematik ist nicht nur ein sehr beliebtes Motiv in der Literatur, sondern scheint auch unerschöpfliche, neue Möglichkeiten zu bieten, diese prägende Beziehung innerhalb der Familie in den verschiedensten Facetten darzustellen. In den vergangenen Jahren machte u.a. David Gilmour mit „Unser allerbestes Jahr“ auf sich aufmerksam, in welchem der Autor die Geschichte von sich und seinem schulmüden Sohn schildert, den er mittels einfallsreicher DVD-Pädagogik zurück auf den rechten Weg gebracht hat. In der Werbung hoch gepriesen, stellte sich das Werk bei näherer Betrachtung als recht banale Unterhaltungslektüre mit wenig Tiefgang heraus. Vielleicht ein Grund, warum ich eher zögerlich zu Norman Ollestads „Süchtig nach dem Sturm“ gegriffen habe, das, wie Gilmours Buch, auf einer wahren Begebenheit beruht und rückblickend in Ich-Form von einer wahrlich außergewöhnlichen Kindheit in den 70er Jahren erzählt.

Süchtig nach dem Sturm“ ist dabei aber mehr als nur eine autobiographische Erinnerung. Es ist ein Blick zurück in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, in eine Zeit, in der der Wunsch nach Freiheit das Leben vieler bestimmte und besonders von einer Gruppierung auf den Wogen des Meeres ausgelebt wurde: den Surfern. Einer davon ist auch Norman Ollestads Vater, den alle nur „Big Norm“ nennen und der an den Küsten Kaliforniens stets aufs Neue sportlich an seine körperlichen Grenzen geht. Nur bei waghalsigen Abenteuern und unter halsbrecherischem Risiko findet er die Seligkeit, kann er der Angst ins Gesicht lachen, welche er als einzige Beschränkung in seinem Leben sieht. Diese Erfahrung lehrt der unersättliche Lebemann auch seinen Sohn, den er schon in jungen Jahren zu Höchstleistungen auf Skipisten, Eishockeyfeldern und den Wellen antreibt, dem er alles abverlangt, um ihm dieselbe Freiheit spüren zu lassen. „Big Norm“ braucht das Adrenalin, ist süchtig nach dem Sturm und soll schließlich auch in diesem ums Leben kommen.

Während eines Fluges über die winterlich verschneiten San Gabriel Mountains im Jahre 1979 stürzt er aufgrund eines Pilotenfehlers mitsamt seiner Freundin und dem gerade mal 11-jährigen Norman ab. Die beiden Erwachsenen sterben am eisigen Gipfel. Norman meistert als einziger den gefahrvollen Abstieg von der Absturzstelle und überlebt. Überlebt, weil sein Vater ihm gelehrt hat, die Angst zu meistern und er es schafft, weit über seine Grenzen hinauszugehen…

Norman Ollestad schildert in zwei parallel laufenden Handlungssträngen seinen Überlebenskampf am Berg und die ungewöhnliche Kindheit im Surfer-Milieu Kaliforniens. Und besonders der letztere Teil der Geschichte ist es, der den Leser zu fesseln und zu rühren vermag. Als Scheidungskind aufgewachsen, sieht Norman seinen Vater stets nur an den Besuchstagen, welche bis auf die letzte Sekunde im Freien ausgenutzt werden. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird das Surfbrett herausgeholt. Und selbst wenn der Sohn keine Lust hat, so empfindet er doch zu viel Respekt und Ehrfurcht davor, seinem Vater etwas abzuschlagen. Dessen leuchtende Augen, dessen Begeisterung. Sie ist ansteckend. Voller Stolz und doch auch ängstlich, versucht er seinem Dad gerecht zu werden. Er taucht in die Tunnel derselben riesigen Wellen ein, nimmt im Winter an den steilsten Ski-Abfahrten teil. Keine Herausforderung ist zu groß, keine Kompromisse werden gemacht. In Abwesenheit seiner Mutter und des alkoholkranken Stiefvaters Nick ist die Freiheit sein Antrieb und das Ziel zugleich. Er ist ein junges Abbild des Vaters, eines Mannes, der eine charismatische Persönlichkeit gewesen sein muss, und in seiner Karriere als FBI-Mann sogar dem allmächtigen Direktor J. Edgar Hoover die Stirn geboten hat. Zu zweit sind Vater und Sohn immer auf der Suche nach der nächsten Welle. So auch während eines Trips nach Mexiko, den sie eigentlich unternehmen, um Normans dort lebenden Großeltern eine Waschmaschine zu bringen.

Eigentlich, denn „Big Norm“ muss natürlich auch aus dieser einfachen Reise durch Mexiko ein echtes Abenteuer machen und jeden surffähigen Strand auf dem Weg ansteuern. Es sind besonders die farbenfrohen und facettenreichen Schilderungen Ollestads in diesem Abschnitt, welche mich letztlich für dieses Buch begeistert haben und zudem andeuten, dass der Autor mehr kann, als nur aus der Erinnerung heraus zu erzählen. Musste man sich, wie der junge Ollestad, noch vorher durch die Eiswüste der Berge durchbeißen, kommt hier nun das Lebensgefühl des Vaters voll zum tragen. Man spürt den Freiheitsgeist, diesen Spirit der 70er Jahre, lässt sich von der Sonne, den Stränden und Wellen gleichermaßen mitreißen. Nichts kann uns aufhalten. Wir sind golden. Was Norman Ollestad rückblickend beschreibt und neu zum Leben erweckt, macht die Faszination dieses Buches aus.

Für die ältere Generation ist es die Wiedererweckung von Erinnerungen, für die heutige, ein Einblick in eine komplexe, aber auch sehr intensive und liebevolle Vater-Sohn-Beziehung aus den 70er Jahren, welche besonders nochmal im letzten Drittel dem Leser nahe geht und ihn schlucken lässt. Zwar hätte „Süchtig nach dem Sturm“ zweifellos auch ohne diese Dramatik des Flugzeugabsturzes funktioniert. Gerade aber für den Abschluss der Geschichte, in der quasi der Stab an den nächsten Sohn weitergegeben wird, ist sie schließlich enorm wichtig.

Süchtig nach dem Sturm“ ist eine auf jeder Seite energiegeladene Erzählung über eine besondere Freundschaft innerhalb einer Familie. Eine Erzählung, die den Leser geistig auf Reisen nimmt und in eine völlig andere Zeit versetzt. Kein Meisterwerk, aber eine Lektüre, welche man aufgrund ihrer plastischen Lebendigkeit nicht zur Seite legen will.

Wertung: 88 von 100 Treffern

einschuss2
  • Autor: Norman Ollestad
  • Titel: Süchtig nach dem Sturm
  • Originaltitel: Crazy For The Storm: A Memoir Of Survival
  • Übersetzer: Brigitte Heinrich
  • Verlag: Fischer
  • Erschienen: 8/2011
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 352 Seiten
  • ISBN: 978-3596185511

„Die Leute werden immer rücksichtsloser …“

© Kiepenheuer & Witsch

Ursprünglich als Abschlussarbeit für den Creative-Writing-Kurs am Bennington College in Washington geschrieben, war Bret Easton Ellis‘ damaliger Professor derart beeindruckt von „Unter Null“ (engl. „Less than Zero“), dass er den 21-jährigen Studenten dazu motivierte, die Arbeit als Roman im Jahr 1985 zu veröffentlichen.

Ein Glücksfall für Autor wie Leser gleichermaßen, ist doch Ellis‘ Erstlingswerk knapp dreißig Jahre später längst zum Kultbuch einer ganzen Generation avanciert. Zugleich stellt es den Ausgangspunkt einer Reihe weiterer stilistisch wie inhaltlich ähnlicher Titel des Schriftstellers dar, die alle eins gemeinsam haben – sie sind nichts für die kurzweilige Lektüre für zwischendurch, sondern verstörend-düstere Milieuschilderungen aus der Upper-Class, von denen Zartbesaitete besser von vorneherein ihre Finger lassen sollten. Wenngleich ich mich selbst nicht zu den Letzteren zähle, hat doch mich insbesondere die Verfilmung von „American Psycho“ lange von einer Lektüre des Autors abgehalten. Zu Unrecht, wie ich nach Beendigung des Buches feststellen muss. „Unter Null“ ist ein harter, dunkler, bitterer Trip, aber letztlich in allen Belangen lohnenswert.

Die Story, welche eigentlich genauso belanglos ist, wie das Treiben ihrer Protagonisten, sei an dieser Stelle zum Verständnis dennoch kurz angerissen:

Erzählt wird die Geschichte des privilegierten und bis über alle Maßen verwöhnten Studenten Clay, welcher über Weihnachten und Neujahr für einen Familien-Besuch nach Los Angeles zurückkehrt, sich letztlich von dieser aber sogleich distanziert, um sich stattdessen in das alte Vor-College-Leben zu stürzen und gemeinsam mit seinen Kumpels von früher, allesamt aus ähnlich reichen Verhältnissen stammend, in das Party-Leben der High Society einzutauchen. Frei von jeglichen sozialen oder beruflichen Verpflichtungen besteht das einzige Problem darin die Zeit im sonnigen Kalifornien irgendwie totschlagen zu können. Die Tage sind ausgefüllt mit Drogen- und Alkoholexzessen, sexuellem Verkehr mit Männern wie Frauen, ziellosen Autofahrten in teuren Autos über die Boulevards von L.A. – ständig auf der Suche nach dem schnellem Kitzel, dem Kick, der wenigstens für eine kurze Zeit die Langeweile vertreibt und die sinnlose Leere des Alltags füllt. Ein Kick, der aber am Ende doch stets ausbleibt.

Wie lebende Tote wandeln Clay und seine Freunde von Party zu Party, von einer Line Koks zur nächsten – gefangen in einem Teufelskreis immer extremerer Beschäftigungen, denen diese Kinder ebenso oberflächlicher und verstörender Eltern nach und nach erliegen. So schaut Clay tatenlos mit zu, wie sich sein ehemals bester Freund Julian durch seine Heroinabhängigkeit prostituiert, wie sein Drogendealer Rip mit mehreren anderen ein 12-jähriges gefesseltes Mädchen bestialisch vergewaltigt, wie sich gleich eine ganze Gruppe an der Brutalität eines Snuff-Films erfreut. Obwohl durchaus angewidert vom moralischen Verfall seiner alten Clique, besitzt Clay am Ende doch keinen über sich selbst hinausweisenden eigenen Antrieb. Unfähig zur Aktion, dazu zu fühlen, zu lieben und taub vom sinnentleerten Leben bleibt ihm am Ende als Ausweg nur die Abreise … und damit das zu tun, was ihm seit der Ankunft am Flughafen auf einem Reklameschild immer wieder entgegen geprangt hat: „Verschwinde von hier!

Was Jack Kerouac einst in „On the Road“ als Genre aus der Taufe und zum Programm erhob – in „Unter Null“ wird es auf eine neue und leider wahrscheinlich nicht mal finale Ebene gestemmt, in der der Wille zur sexuellen und ethischen Freiheit im Verbund mit der Bewusstseinserweiterung durch Drogen längst nicht mehr der Intensivierung des Lebensgefühls dient, als vielmehr zur Betäubung eben dieses. Während ein Irvine Welsh in „Trainspotting“ und weiteren Werken genau dieses Phänomen aus der Sicht der sozialen Unterschicht schildert, führt Ellis mehr als eindringlich vor Augen, dass der moralische Verfall keinerlei Unterschiede mehr macht und keine gesellschaftlichen Grenzen kennt. Ob Arm oder Reich – das Ende der klassischen Familie, die ergebnislose Suche nach der eigenen Bestimmung finden wir inzwischen in allen Bereichen vor. Und seit Burgess „Clockwork Orange“ habe ich persönlich kein Buch mehr in den Händen gehabt, das die stumpfsinnige Maschinerie unserer in so vielen Belangen degenerierten und emotionslosen Gesellschaft derart intensiv und sprachlich präzise auf Papier übertragen hat, wie Bret Easton Ellis „Unter Null“. Gerade die völlige Abwesenheit gefühlsmäßiger Regungen, diese kalte, abgebrühte, ekelhaft sachliche Sprache angesichts schlimmster Ereignisse, hat mich tief getroffen und schockiert. Und das nicht weil eine fiktive Geschichte hier gut funktioniert, sondern weil einem in jeder Zeile im Bewusstsein bleibt, dass das Buch ein gänzlich realistisches Spiegelbild der 80er Jahre im mondänen Kalifornien darstellt – und es sich seitdem dort und auch andernorts sicherlich nicht verbessert hat. Im Gegenteil.

Es entbehrt also nicht einer gewissen Ironie, dass es gerade ein vollkommen gefühlskaltes Buch ist – in dem sich übrigens der Autor eines moralischen Zeigefingers vollkommen enthält und es zwischen all den hassens- und bedauernswerten Figuren keinerlei „Helden“ gibt – das uns auf solche eindringliche Art und Weise berührt. Die scharfe, aber immer nüchterne Feder mit der Ellis den Leser mit den Entartungen der Jugendlichen konfrontiert – sie ist der Resonanzkörper der Grausamkeit, der Destruktion und des nie enden wollenden Stumpfsinns.

Unter Null“ ist von Anfang bis Ende düster, gönnt uns trotz dauerhaft brennender kalifornischer Sonne, getönten Brillengläsern, grellblonden Haaren und gebräunten Körpern keinerlei Licht, keinerlei Ansätze vom so erfüllenden „Way of Life“. Stattdessen herrscht eine Schwere vor, die selbst die Erinnerungen Clays nicht durchbrechen können, der oft am Rande der Tränen zurückblickt und in der inzwischen längst verstorbenen Großmutter oder den Jahren an der Highschool einen Hauch von Normalität zu erkennen glaubt. Diese zarten Andeutungen von Gefühl reichen jedoch am Ende nicht aus, um ihn zu berühren. Gefangen im Luxus alles zu haben und bekommen zu können, ist er einfach nicht in der Lage sein eigenes seelisches Leid zu erkennen, ist er nie verzweifelt genug, die Anstrengung zu unternehmen, hinter die hohle Fassade zu blicken und aus dieser auszubrechen.

Nach knapp 200 Seiten kehrt Clay Kalifornien und einer möglichen Liebe den Rücken. Was bleibt sind tiefe Eindrücke, ein schaler Beigeschmack und verstörende Bilder, die ich wohl so schnell nicht losbekommen werde. „Unter Null“ ist ein Buch, das die Macht des geschriebenen Wortes aufs Eindrucksvollste unter Beweis stellt. Ein nachtschwarzes Panorama über die langen, schweren Schatten des Jet-Sets und der Upper-Class, das seinen Kultstatus völlig zu Recht verliehen bekommen hat. Ganz große Literatur auf kleinstem Raum – weitere Werke dieses Autors werden sicher in Bälde in mein Regal wandern.

Wertung: 91 von 100 Treffern

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  • Autor: Bret Easton Ellis
  • Titel: Unter Null
  • Originaltitel: Less than Zero
  • Übersetzer: Sabine Hedinger
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Erschienen: 01.2006
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 208 Seiten
  • ISBN: 978-3462037005

Early draft of evil

© Ullstein

Die Figur Dudley Smith übt seit meiner ersten Lektüre von James Ellroys „L.A.-Quartett“ eine schon fast unheimliche Faszination auf mich aus und hat mich nachhaltig wie kaum ein anderer Antagonist (sofern man ihn denn grundsätzlich als solchen bezeichnen will) im Genre des Kriminalromans geprägt. Sein erster Auftritt ward bis dato jedoch von mir ungelesen, hat er diesen doch im bereits 1982 erschienenen Krimi „Heimlich“. Ein guter Grund, sich dieses Frühwerk aus der Feder des „Demon Dog of Crime Fiction“ mal näher anzuschauen.

James Ellroy – ein Name, der inzwischen wie ein unverrückbarer Fels im Genre des Kriminalromans steht, vielen Autoren der jüngeren Generation als Vorbild dient und doch auch eine exzentrische Gestalt, an der sich oft die Geister scheiden. Während seinem legendären „L.A. Quartett“ selbst in akademischeren Literaturzirkeln größtmöglicher Respekt gezollt wird, erfährt sein Frühwerk – auch von ihm selbst – nicht immer die gleiche wohlwollende Betrachtung. Der klassische Ellroy, welcher mit Gewitter-artigen Sätzen durch die Reihen seiner Figuren peitscht, einem Sturmhagel gleich im Dauerstakkato seelische Abgründe und menschliche Verkommenheit über den Leser ergießt – er befand sich Anfang der 80er noch in einer Findungsphase.

Heimlich“ (orig. „Clandestine“) erschienen im Jahr 1982, merkt man diesen Testlauf-Charakter für kommende Werke zuweilen an, wenngleich jedoch – wie schon im Debütwerk „Browns Grabgesang“ – zwischen den Zeilen bereits allzu deutlich wird, wohin die düstere Reise gehen soll. So wird im vorliegenden Werk mit Dudley Smith DER Prototyp des bösen Bullen schlechthin eingeführt. Und auch das berüchtigte Victory Motel, das später noch eine weit größere Rolle spielen soll, feiert hier seinen Einstand. Das ist insofern erwähnenswert, weil es helfen soll, „Heimlich“ im Kontext des Gesamtwerks (es spielt chronologisch während bzw. zwischen „Stadt der Teufel“ und „White Jazz„) richtig einordnen zu können, stellt es meines Erachtens doch den elementaren Scheideweg in Ellroys Wirken dar (man könnte es auch als „Boden bereiten“ bezeichnen), an dem er anschließend erst einmal nur aus kommerziellen Gründen für seine „Hopkins“-Trilogie die „falsche“ Abzweigung nahm, um ihn später als Ausgangspunkt für sein „L.A. Quartet“ und die „Underworld“-Trilogie wieder aufzugreifen. Doch nun mehr zum Buch selbst:

Ein dunkler, kalter Winter im Los Angeles des Jahres 1951. Hier begegnen wir dem erst 26-jährigen Officer Fred Underhill, Streifenpolizist auf der Station Wilshire des LAPD, der auch in seiner Dienstzeit lieber Frauen als verdächtigen Kriminellen hinterherjagt und nach Feierabend das Gras der hiesigen Golfplätze beackert. In beiderlei Hinsicht erfolgreich, könnte das Leben eigentlich nicht sorgloser sein, doch Underhill will Karriere machen. Und diese Chance bietet sich, als er gemeinsam mit seinem Partner den verstümmelten und erdrosselten Leichnam einer erst kürzlich Verflossenen auffindet. Unzufrieden mit den üblichen Routineuntersuchungen, die den Fall kurz und knapp unter Raubmord verbuchen wollen, geht er nach Dienstschluss selbst auf Spurensuche, welche ihn zu einer Reihe anderer älterer und neuerer Morde führt – und in die Gesellschaft der hübschen, am Stock gehenden Bezirksstaatsanwältin Lorna Weinberg. Nach und nach gewinnt er ihr Vertrauen und sie als wichtige Verbündete. Doch der Erfolg hat auch seine Schattenseiten, denn mit ihm kommen Neider und unerwünschte Aufmerksamkeit. Für Underhill in Form des neuen Vorgesetzten, dem sadistischen und korrupten Detective Lieutenant Dudley Smith, der seine illegalen Methoden mit dem Euphemismus „heimlich“ verharmlost … und der nebenbei seinen ganz eigenen nachtschwarzen Dämonen hinterherjagt.

Es fällt mir schwer, an dieser Stelle nicht mehr zu verraten, gibt doch obige Inhaltsbeschreibung nur die erste, und meiner Ansicht nach schwächere Hälfte des Buches wieder, in der sich Ellroy noch relativ konsequent innerhalb der üblichen Genre-Bahnen bewegt, wohingegen sich spätestens mit Dudleys Erscheinen und dessen Obsession für die Schwarze Dahlie der, nennen wir es mal, literarische Aspekt durchsetzt. Zu Beginn noch eindeutig von der Hardboiled-Prosa klassischer Vorbilder geprägt, ändert sich hier plötzlich der Ton, wird sein zuvor hölzerner, formaler Stil so viel mehr abstrakter, ja, zersplitterter, als hätte jemand von jetzt auf gleich seine Art des Schreibens gefunden.

Das ist insofern bemerkenswert, da man diese Rhythmusänderung selbst noch in der deutschen Übersetzung (welche übrigens weit besser ist, als die zu „Browns Grabgesang“) deutlich herauslesen kann. Ellroy ist zwar von der späteren Perfektionierung zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt, setzt sich jedoch schon merklich von Hammett und Chandler ab, in dem er genau die paar Schritte weitergeht, die es braucht, um den ursprünglichen Detektivroman auf eine komplexere, dunklere Ebene und damit in die Sphären ernsthafter Literatur zu heben. Sein Talent Zeit und Raum einzufangen, vielschichtige und vor allem vielzählige Charaktere sinnvoll miteinander zu verweben, verschiedenste Spuren durch Haken und Wendungen immer wieder neu zu ordnen – in „Heimlich“ scheint es zum ersten Mal so richtig durch.

Jene Zeit sollte ein Ritus des Übergangs werden, bestehend aus Fehlstarts und Trugschlüssen. (…) Als mich mein gieriger Ehrgeiz 1951 in ein furchtbares Labyrinth von Tod, Schande und Verrat hineinzog, war das nur mein Anfang.

Fred Underhills Worte im Prolog enthalten nicht nur stark autobiographische Züge, sondern können gleichzeitig auch als Blaupause für die nachfolgenden Werke verstanden werden, welche wieder das Szenario eines sex- und karriereversessenen Polizei-Officers aufgreifen, der im Amerika der 1950er Jahre auf die Spur eines psychopathischen Frauenmörders gerät. Wobei die Jagd auf selbigen vor allem der Karriere des Protagonisten dienlich sein soll und der Täter für den letztendlichen Erfolg Jahre persönlicher Rückschläge in Kauf nehmen muss. Schuld und Entwurzelung sind zwei Aspekte, die sowohl „Heimlich“ als auch das „L.A.-Quartett“ maßgeblich bestimmen, weswegen ich Freunden des letzteren auch nachdrücklich zu diesem Frühwerk rate, das zwar streckenweise unter dem „Entwurfcharakter“ leidet, dafür aber faszinierende, detaillierte und sprachlich noch zugänglichere Einblicke in Schauplatz und Figuren der großen Vier gewährt.

Nein, die hohen Erwartungen, welche man heutzutage an jeden neuen James Ellroy stellt – sie kann „Heimlich“ – auch weil der Hauptfigur noch dieses gewisse Extra, diese Portion Schärfe und Dreidimensionalität fehlt – nicht erfüllen. Als lohnender Appetizer oder Teaser für „things to come“ kann dieses Frühwerk, dieser erste „echte Ellroy“, aber durchaus überzeugen.

Wertung: 81 von 100 Trefferneinschuss2

  • Autor: James Ellroy
  • Titel: Heimlich
  • Originaltitel: Clandestine
  • Übersetzer: Wolfgang Determann
  • Verlag: Ullstein
  • Erschienen: 02.2022
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 315
  • ISBN: 978-3548291369

„Reality is just a crutch for people who can’t handle drugs.“

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©  Conte

Hardboiled aus Kalifornien von einem deutschen Schriftsteller – kann das funktionieren? Es kann – und wie. Peter J. Kraus‘ „Joint Adventure“ ist eine der vielen Entdeckungen, die ich auf der Krimi-Couch machen durfte und zudem das erste Buch, welches ich bei einer Leserunde begleitet habe. Größere Aufmerksamkeit hat der Titel – im Gegensatz zum Vorgänger „Geier“, der 2004 für den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte „Debüt“ nominiert worden ist – bisher nicht erhalten. Beste Gelegenheit also, dies nun zumindest hier zu ändern.

Ich bin ganz ehrlich. Auf die Frage, um wen es sich bei Peter J. Kraus handelt, hätte ich wohl ein paar Jahren noch mit einem unbedarften Schulterzucken geantwortet. Das hat sich dann aber spätestens nach Kollege Königs lobender Rezension zu „Joint Adventure“ erledigt, mit der mich dieser nicht nur auf den in Amerika lebenden Krimiautor, sondern gleichzeitig auch insgesamt auf den Conte-Verlag aufmerksam gemacht hat. (Tut mir leid, lieber d.p.r., für diese Wissenslücke) Und wie schon beim „Geheimtipp“ John Farrow, so liege ich auch diesmal mit Jochen Königs Geschmack vollkommen auf einer Wellenlänge, denn „Joint Adventure“ ist ein Vertreter des rabenschwarzen und rasanten Hardboiled, der einfach nur Laune macht und den Vergleich mit etablierten Größen wie James Lee Burke oder James Crumley nicht scheuen muss. Ganz im Gegenteil. Eine solche Gegenüberstellung, besonders mit ersterem, bietet sich sogar oft im Buch an und man mag es zwischenzeitlich eigentlich kaum glauben, dass hier ein deutscher Schriftsteller am Werk gewesen ist. Auch weil die Handlung kaum amerikanischer sein könnte:

Das Leben ist chillig für Rasta Jimmy, den ehemaligen Radio-DJ, der in den dichten Wäldern im Norden Kaliforniens im großen Stil Marihuana anbaut und sein Produkt auch gern selbst konsumiert. Mit der Ruhe ist es allerdings an dem Tag vorbei, als eine Leiche in den Wipfeln eines Redwoodbaums in der Nähe seiner Plantage gefunden wird. Das FBI rückt an und Jimmy kann nur in allerletzter Sekunde entkommen. Doch was tun? Der eingeplante Gewinn durch den Verkauf des Stoffs ist Futsch und da Erntezeit ist, sind die umliegenden Plantagen bestens bewacht. Besonders mit der mexikanischen Konkurrenz will er sich eigentlich nicht anlegen. Soll er im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache wachsen lassen? Nein, um den Verlust seiner Ware zu kompensieren muss er auf Risiko spielen. Auch weil sein guter Freund und heimlicher Geschäftspartner, der korrupte und von allen Seiten geschmierte Sheriff „Ollie“ Oliphant, auf Distanz zu ihm geht, um nicht selbst ins Visier der Bundespolizei zu geraten.

Jimmy setzt alles auf eine Karte. Mit vorgehaltener Waffe klaut er sich Stoff bei zwei unaufmerksamen Erntehelfern. Blöd nur, dass die ihr Marihuana nicht einfach so hergeben wollen. Wenn man die Finger schon am Abzug hat, kann man auch abdrücken, denkt sich Jimmy und schickt einen der beiden mit einem Bauchschutz ins Jenseits. Während sich der ehemalige Rastafari (die zwanzig Jahren lang gepflegten, arschlangen Dreadlocks hat er sich zur Tarnung abgeschnitten) ins Walddickicht übergibt, nimmt der andere Erntehelfer Reißaus. Da zudem ein Hubschrauber mitsamt FBI-Agent über dem nahe liegenden Indianer-Reservat abgeschossen worden ist, und man auch dafür Rasta Jimmy verantwortlich macht, hat dieser jetzt richtig Ärger am Hals. Es beginnt eine atemlose Flucht von einem Versteck ins nächste, die erst in den Armen der scharfen Motelbesitzerin Conchita ein zwischenzeitliches Ende findet. Aber ist ihre Sorge für ihn wirklich echt? Als Jimmy die Wahrheit aufgeht, ist es fast zu spät … und statt zum Joint muss er nun zur Waffe greifen.

Die Leserunden mit Autoren im Forum der Krimi-Couch waren dank Bio-Fans (Jürgen Priester) Engagement lange Zeit so etwas wie eine feste Institution. Dennoch haben mich fehlende Zeit und die Tatsache, dass ein Buch immer peu a peu in Abschnitten gelesen und besprochen wird, immer davon abgehalten selber daran teilzunehmen. Peter J. Kraus‘ „Joint Adventure“ war damals meine Feuertaufe. Und soviel kann vorab gesagt werden: Ein besseres Buch hätte ich für den Einstieg sicher nicht finden können, denn der zweite Kriminalroman des Wahlamerikaners bietet auf 209 Seiten ein kurzes, aber auch kurzweiliges und stilistisch geschliffenes Lesevergnügen. „Joint Adventure“ ist eines dieser Bücher, das keinerlei Anlauf braucht, um in Gang zu kommen, sondern den Leser gleich von der ersten Zeile an packt, in den Schalensitz wirft und die Tachonadel in den roten Bereich jagt. Wer also entspanntes Reggae-Flair oder Kiffer-Lässigkeit erwartet, wird von dieser knallharten Geschichte sicherlich überrascht werden. Überhaupt beweist Kraus ein sicheres Händchen, wenn es darum geht uns Leser auf die falsche Fährte zu locken und falsche Vorstellungen zu wecken.

Bestes Beispiel ist da allen voran die Hauptfigur Rasta Jimmy, die bei Freunden der Coen-Brüder unweigerlich Bilder vom „Dude“ zum Leben erweckt, der aber, und diese Pille muss man im weiteren Verlauf der Handlung bitter schlucken, mit diesem weniger gemein hat, als es anfangs den Anschein hat. Wie Bio-Fan in der Leserunde sehr treffend bemerkt hat, ist mit dem Verlust der Dreadlocks auch Jimmys friedliche Lebenseinstellung passé, welche sowieso, das wird mehr und mehr klar, bereits lange Zeit eine bröckelnde Fassade gewesen ist. Auch wenn die ersten, auf sein Konto gehenden Leichen noch starkes Unwohlsein hervorrufen, so tötet der Marihuana-Genießer doch bald immer kaltblütiger. Und dabei bedient er sich eines Waffenarsenals, das, in verschiedensten Verstecken platziert, ausreichen würde, um einen kleinen Krieg zu führen. Der tobt, wenn auch in der Finsternis der Wälder und gedeckt von der Polizei, schon seit längerem. Und mit seiner Eskalation verliert auch Rasta Jimmy jegliche Skrupel.

Joint Adventure“ ist ein schwarzer Trip, der in Stil, Ton und vor allem in Punkto Besetzung an die frühen Größen des Genres gemahnt, ohne diese schlicht zu kopieren. Vielmehr hat Kraus gezielt typische Elemente (der korrupte Bulle, die Femme-Fatale, der kleine Gauner auf der Flucht) aufgegriffen und geschickt in die Neuzeit katapultiert, wobei ein gewisser nostalgischer Charme auch dieser modernen Geschichte erstaunlicherweise zu Eigen ist. Als Identifikationsfigur taugt in dieser Gesellschaft von Kriminellen niemand. Selbst der eifrige FBI-Agent gewinnt keine Sympathiepunkte. Sein rückwärtsgewandtes Denken sowie die an Liebe grenzende Treue zum verstorbenen J. Edgar Hoover hat Kraus mit schelmischen und äußerst ironischem Witz skizziert, womit er einmal mehr deutlich macht, dass unter den „Guten“ meist noch die größten Arschlöcher zu finden sind.

Was die Sprache angeht, gibt es ebenfalls nichts zu bemängeln. Ganz im Gegenteil: Kraus‘ knockentrockene Schreibe passt wunderbar zur Handlung und glänzt durch die völlige Abwesenheit unnötiger Ausschweifungen. Stattdessen treiben kurze Kapitel und knappe Dialoge das Tempo voran, wobei die Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Parteien zunehmend brutaler werden und die beruhigende Hanfbrise nach und nach dem penetranten Kordit-Geruch weicht. Allein das viele Herumkurven Rasta Jimmys macht auf Dauer etwas mürbe, zumal man den vielen Kehren, Kreuzungen und Feldwegen als Nicht-Ortskundiger nur noch dank Google Maps zu folgen weiß. Die herrlich bildreiche und stimmungsvolle Sprache von Kraus, welche mich geistig direkt vor Ort katapultiert hat, kann jedoch auch das noch teilweise ausgleichen. Zudem wird der Leser mit einem klasse in Szene gesetzten Ende belohnt, das voll auf die Magengrube zielt und gleichzeitig auch zum Nachdenken darüber anregt, ob eine Legalisierung mancher Droge nicht doch sinnvoller wäre bzw. mehr Gutes bewirken würde, als deren aufwendige und verlustreiche Bekämpfung.

Insgesamt ist „Joint Adventure“ ein kurzweiliger Trip in die Wälder Kaliforniens, der einen bitteren Geschmack hinterlässt und dem Anbau von Marihuana jegliche bisher empfundene Hippie-Romantik nimmt. Peter J. Kraus ist ein toller Wurf gelungen, dem man möglichst viele Leser und gerne auch ein paar Nachfolger aus selbiger Feder wünscht.

Wertung: 86 von 100 Trefferneinschuss2

  • Autor: Peter J. Kraus
  • Titel: Joint Adventure
  • Originaltitel:
  • Übersetzer:
  • Verlag: Conte
  • Erschienen: 09.2010
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 218
  • ISBN: 978-3941657168

Die Rechnung ohne den Wirt

© Kampa

Während Chandler und Hammett ihre Geschichten aus Sicht des unbestechlichen Privatdetektivs erzählten, war er zumeist für die Perspektive des Verbrechers verantwortlich – James Mallahan Cain. Und obwohl er in den 40er und 50er Jahren zu den bekanntesten amerikanischen Schriftstellern gehörte, haftet ihm und seinen Werken bis heute ein etwas zweifelhafter Ruhm an. Unverständlich, gehört er doch mit zu den prägendsten Autoren des klassischen „Hardboiled“ und als Initiator des so genannten „Roman Noir“. Grund genug für „Der Postbote klingelt immer zweimal“, mal näher anzuschauen. 

James Mallahan Cain. Ein Name, der sogar bei dem ein oder anderen belesenen Krimi-Freund auf ein Stirnrunzeln stoßen könnte, sind doch die Werke dieses amerikanischen Schriftstellers bereits seit Jahren von der Bildfläche der lieferbaren Bücher verschwunden. Dabei gilt Cain, der seine erfolgreichste Phase in den späten 30er Jahren hatte, als einer der Begründer des „Roman noir“ sowie des „Hardboiled“ in der Krimi-Kultur der Vereinigten Staaten. Er selbst hat sich besonders gegen letztere Etikettierung immer wieder gewehrt, da er sich eher als zeitgenössischer Romancier und weniger als Kriminalautor verstand. Von der Kritik angestellte Vergleiche mit Chandler sowie Hemingway zeigen, dass auch der Öffentlichkeit eine Einordnung zuweilen schwer fiel.

Fakt ist: Im Mittelpunkt der fast immer kriminalistischen, spannenden Handlung stand stets ein harter Kerl und Einzelgänger, welcher wie Chandlers Marlowe oder Hammetts Spade, zum Prototyp des toughen Ermittlers avancierte. Im Gegensatz zu den beiden anderen Autoren, war Cains Hauptfigur jedoch zumeist eine kriminelle oder gar der Täter selbst, was, für damalige Zeit noch unüblich, später von vielen anderen Schriftstellern (u.a. Donald E. Westlake) aufgegriffen wurde. Das ist auch in seinem Roman „Der Postbote klingelt immer zweimal“ (auch bekannt unter „Die Rechnung ohne den Wirt“) nicht anders, der gleich dreimal verfilmt wurde. Besonders die zweite Fassung mit John Garfield und Lara Turner in den Hauptrollen gilt bis zum heutigen Tag als eines der Meisterwerke des Film Noir.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Ich-Erzähler Frank Chambers, der im USA zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise als rastloser Vagabund durchs Land reist und sich mit kleinen Gaunereien über Wasser hält. Bei einer seiner vielen Wanderungen macht er in der Gaststätte von Nick Papadakis halt. Der Tankstellen- und Restaurantbesitzer griechischer Herkunft stellt Frank kurzerhand als Hilfskraft ein, nichtsahnend, dass sich dieser sich auf den ersten Blick in Nicks attraktive junge Frau Cora verliebt und sich nur wegen ihr dazu entschieden hat, seinen Aufenthalt zu verlängern. Schon bald erwidert Cora Franks Gefühle und jedes sich bietende Schäferstündchen wird genutzt. Als jedoch für beide die Lage immer schlimmer wird, versucht Frank sie dazu zu bewegen, Nick zu verlassen. Cora aber fürchtet die Konsequenzen und den finanziellen Verlust einer Trennung, weshalb man sich schließlich darauf einigt, das Hindernis aus dem Weg zu schaffen. Der Mord scheitert in letzter Sekunde am Auftauchen eines Streifenpolizisten. Doch Frank und Cora lassen nicht locker und ersinnen einen neuen, teuflischen Plan. Alles scheint zu klappen … bis ein gewiefter Staatsanwalt Frank und Cora in die Mangel nimmt.

Weiter sei die Handlung an dieser Stelle nicht angerissen, da das Buch von James M. Cain mit gerade mal knapp 180 Seiten nicht sehr komplex geraten ist. Ein guter Appetitmacher ist dieser Ausschnitt deshalb zwar nicht, was jedoch auch daran liegt, dass der 1934 im Original veröffentlichte Roman besonders im letzten Drittel seine Stärken ausspielt. Zu Beginn wird sich der eifrige Leser erstmal wundern, wo denn der Auftritt des titelgebenden Postmanns bleibt. Soviel sei gesagt und verraten: Er wird nicht in Erscheinung treten, da sich Cain damit auf die Veröffentlichungsgeschichte seines Romans bezogen hat. Nach 13 Absagen wurde das Manuskript erst vom 14. Verlag akzeptiert, wodurch sich die doppelte Bedeutung des englischen Titels herleiten lässt. „The Postman Always Rings Twice“ darf also an dieser Stelle so verstanden werden, dass „es immer eine zweite Chance“ gibt. Dies wiederum kann auch auf den Inhalt des Buchs bezogen werden, wo Frank und Cora ja ebenfalls einen weiteren Mordversuch wagen.

Nun zum Stil des Buches. Cain verblüfft mit einer altmodischen, aber doch sehr kantigen, direkten Sprache, welche extrem vom Naturalismus geprägt ist. Nichts wird geschönt, ausschweifende Beschreibungen sucht man vergebens. Alles was man liest, sieht man durch Franks Augen, welcher wiederum trotz seines unmoralischen und opportunistischen Charakters mit einer schon erschreckend nachvollziehbaren Logik handelt. Auf was sein Blick fällt, das gehört ihm. Und getreu diesem Motto schleudert der Leser an seiner Seite in das geplante Verbrechen hinein, welches Cain mit erbarmungsloser Kälte abhandelt. Wofür heutzutage ein Gros der Kriminalautoren dutzende Seiten sowie Blut und Gedarm bedarf, entfaltet hier auf kleinstem Raum eine noch viel schockierendere Wirkung. Gerade weil jegliches Gefühl fehlt, der Mord zur unausweichlichen Handlung stilisiert wird, schockt und bedrückt es. Ich fühlte mich während dieser Passagen unweigerlich an Truman Capotes „Kaltblütig“ erinnert, das eine (diesmal auf einer wahren Begebenheit beruhende) ähnliche Geschichte behandelt und letztlich deshalb auch ähnliche Gefühlsregungen bei mir zur Folge gehabt hat.

Was ebenfalls in diesem Roman auffällt, ist die doch sehr starke Rolle der Frau. Cora ist alles andere als eine junge Maid in Nöten, sondern eine zielgerichtete, überzeugende Femme Fatale, durch die Frank eigentlich erst in die kriminellen Handlungen verstrickt und somit vom Gelegenheitsdieb zum Mörder wird. Sie verschafft ihm den langvermissten Ehrgeiz, gibt ihm etwas worauf er hinarbeiten kann. Aber sie ist es schließlich auch die ihn verführt und korrumpiert.

Trotz dieser interessanten Personenkonstellation wäre „Der Postbote klingelt immer zweimal“ wohl ohne das bereits oben erwähnte Ende nie zu so einem Erfolg geworden. Da man zwischendurch, trotz eigentlich anders gearteter moralischer Vorstellungen, stets auf das Glück des Paares hofft, fällt der abrupte, völlig unvorhersehbare Abschluss umso tragischer und berührender aus. Ohne Kenntnis des Films und damit der Geschichte hat mich dieses genial in Szene gesetzte Finale schlichtweg vom Hocker gehauen und nachhaltig beeindruckt. Das sahen 1990 auch eine Reihe von Krimi-Kritikern, Krimi-Buchhändlern und Krimi-Autoren so, die bei einer Rundfrage vom Bochumer Krimi-Archiv zum besten Kriminalroman, Cains Roman auf Platz 1 wählten.

Insgesamt ist „Der Postbote klingelt immer zweimal“ zweifelsfrei ein Klassiker des Krimi-Genres, welcher auch heute noch zu bannen und zu beeindrucken weiß. Eine kurzweilige, aber tiefgründige und meisterhaft erzählte Geschichte, die trotz ihrer Kürze mit einer ganzen Reihe von Wendungen und Überraschungen aufwartet und von der nun endlich wieder eine Neuauflage erschienen ist .

Wertung: 86 von 100 Trefferneinschuss2

  • Autor: James Mallahan Cain
  • Titel: Der Postbote klingelt immer zweimal
  • Originaltitel: The Postman Always Rings Twice
  • Übersetzer: Alex Capus
  • Verlag: Kampa
  • Erschienen: 09.2018
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 180
  • ISBN: 978-3311120018