All alone dancing in the dark

© Rowohlt

Louis-Ferdinand Célines „Reise ans Ende der Nacht“ ist eins der wenigen Bücher, das sich bis heute einer Bewertung meinerseits entzogen hat, weil dieser Klassiker der Weltliteratur, welcher wohl zweifelsohne zu den einflussreichsten Titeln des vergangenen Jahrhunderts zählt, nicht mit den üblichen Wertemaßstäben zu messen ist.

Ob Charles Bukowski oder Bret Easton Ellis – das 1932 veröffentlichte Werk hat mit seiner Sprache ganze Generationen von Schriftstellern geprägt, gilt als Mutter des schmutzigen und wütenden Romans. Viele haben seitdem versucht, Célines Stil zu kopieren, das Vulgäre und Ordinäre zu verwenden, um ein ähnliches Kunststück abzuliefern. Die wenigsten hatten hierbei Erfolg. Célines Sprachmelodie, sein Rhythmus, die schonungslose und drastische Art des Erzählens bleiben bis heute unerreicht und scheinen keinerlei Verfallsdatum unterworfen. „Reise ans Ende der Nacht“ könnte gestern oder heute geschrieben worden sein – zeitlos seine Thematik und die Verpackung, in der es dem Leser regelrecht um die Ohren gehauen wird. Warum aber findet Céline dann so selten Erwähnung, wenn es um die Wurzeln dieser literarischen Gattung geht? Warum weigern sich viele Kritiker seit Jahren beharrlich, diesem Werk die durchaus verdiente Anerkennung zuteil werden zu lassen?

Um das verstehen zu können, muss man einen Blick auf das Leben nach „Reise ans Ende der Nacht“ werfen, auf Célines Antisemitismus, den er spätestens ab 1937 auch in Pamphleten immer lautstärker und unverhohlen äußerte. Auf einen Judenhass, der dem der Nationalsozialisten in Deutschland zur selben Zeit in nichts nachstand – und von dem er sich auch viele Jahre später nie distanzierte. Ein Grund Céline zu ignorieren? Oder anders gefragt: Kann man einen Roman preisen, dessen Schöpfer in seinem Gedankengut unvereinbar mit den Werten war, die unsere heutige Generation, auch in Frankreich, hochzuhalten versucht? Fakt ist jedenfalls: In „Reise ans Ende der Nacht“ ist davon weder etwas zu spüren noch zu lesen. Lediglich sein unversöhnlicher Hass tritt bereits hier deutlich zutage – allerdings in Bahnen gelenkt, die eher linke und anarchistische Züge haben, als antisemitische Tendenzen. Und dieser Hass, diese unversöhnliche, unverhüllte Wut ist es, die Célines Roman für mich so einzigartig, so beeindruckend, ja, so tiefgreifend und bewegend macht.

Nur knapp zehn Jahre nachdem Proust das literarische Hochfranzösisch auf eine neue Ebene gehoben, die Raffinesse der Sprache in den Augen vieler perfektioniert hat, geht Céline den vollkommen gegensätzlichen Weg. Sein Französisch ist das der Pariser Vororte. Eine dreckige, knarrende, knappe Umgangssprache, welche sich im Vergleich zum ausgeklügelten Satzbau Prousts wie eine fortwährende Pöbelei ausnimmt. Sie will weder verzaubern noch verführen, sondern ist gesprochenes Wort, geäußerter Gedanke, hervorbrechendes Gefühl. Kurzum: Sie ist aus der Seele, ohne Überlegung geschrieben – und gerade darum bis heute so modern. Und in ihr verliert sich fast die eigentliche Geschichte, welche von der Lebensreise eines etwas anderen Helden erzählt, dessen Reise ans Ende der Nacht mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs beginnt und der den Leser von den französischen Kolonien in Afrika, über New York und Detroit bis zurück nach Paris führt.

Ferdinand Bardamu ist feige, verschlagen, egoistisch – kurzum ein Produkt der finsteren Gesellschaft in der Zwischenkriegszeit, deren Wandel wir dank dem Ich-Erzähler aus der Perspektive des Erniedrigten, des Mannes am Boden wahrnehmen. Wie in einem dauerhaften Trommelfeuer schreit Bardamu uns seine Gefühle entgegen, all die Angst, den Hass, die Verzweiflung – geboren aus der empfundenen Ungerechtigkeit, der er Zeit seines Lebens davonzulaufen versucht und die ihn, der Finsternis einer Nacht gleich, doch immer wieder einholt. Diese ewige Flucht vor den äußeren Umständen diktiert gleichzeitig auch das Tempo des Romans, das von Beginn an unheimlich hoch ist. Céline lässt Bardamu gegen alle Widerstände und Hindernisse anrennen, zertrümmert Hoffnungen bereits direkt in ihrem Keim. In „Reise ans Ende der Nacht“ ist kein Raum für Träumereien oder Illusionen, keine Errungenschaft, Entwicklung oder Idee, welche nicht vom Autor durchleuchtet, zerfetzt und verworfen wird.

Während Bukowski, der sein Vorbild Céline gar als fiktiven Charakter in seinem Roman „Pulp“ einbaute, selbst noch dem miesesten Drecksloch einen Funken Schönheit und etwas Besonderes abgewinnen kann, überwiegt hier das Schlechte – in all seinen Ausprägungen. Hinter jeder ausgesprochenen Wahrheit entdeckt Céline die Lüge, hinter jedem guten Menschen den charakterlichen Abgrund. Mit bitter-zynischer Stimme demaskiert er die so genannten Werte der westlichen Kultur, rechnet er mit Kirche und Staat genauso ab, wie mit arm und reich. Die heilige Heimat Frankreich, der Patriotismus der Grande Nation – genauso eine Zielscheibe für Célines triefenden Hohn und Spott wie Militarismus und Kolonialherrlichkeit. Wie Joseph Conrad in seinem „Herz der Finsternis“, so ist auch dieser Blick ins koloniale Afrika schonungslos und ernüchternd. Bemerkenswert dabei: Céline beschränkt sich in seinen radikalen Angriffen auf keinerlei Seite. Dekadente Kolonialherren werden genauso zerlegt wie die tumben Ureinwohner, die des Mitleids nicht Wert zu sein scheinen. Die Überheblichkeit der Großbürger in den Pariser Vororten wird genauso angeprangert, wie das scheinheilige Streben und letztendliche Scheitern der Kleinbürger, für deren Ängste der Autor nur Verachtung übrig hat.

Reise ans Ende der Nacht“ ist gedruckte, zügellose Wut – eine urgewaltige, unversöhnliche Abrechnung, die selbst vor dem „American Way of Life“ nicht halt macht und uns u.a. durch die Fabrikarbeit in der boomenden Autostadt Detroit die Entwertung des menschlichen Lebens in all seinen Facetten vor Augen führt. Für den Leser ist diese Reise genauso schwer erträglich wie fassbar. Célines Worte fahren wie eine Sense durch das Korn, stutzen alles auf den Ursprung zurecht, enthüllen die Verlogenheit selbst da, wo wir sie selbst nicht sehen wollen. Und gerade die Tatsache, dass es ganz normale Leute sind, die im Mittelpunkt der Handlung stehen, macht dabei die Wirkung des Romans aus. Es sind ihre Ängste, ihre Schwächen, die letztlich genauso viel Böses bewirken, wie die großen Diktatoren oder Verbrecher. Die Sünde, die in jedem zu lauern scheint.

Als „Reise ans Ende der Nacht“ erschien, wurde Louis-Ferdinand Céline schlagartig berühmt, aber auch berüchtigt. Die Sprache polemisierte, der revolutionäre Stil brachte ihm Bewunderung und Ablehnung gleichermaßen entgegen. Von der Bewunderung ist heute vor allem in seinem Heimatland aufgrund seiner späteren Haltung gegenüber den Juden nicht mehr so viel geblieben. Die Wirkung seiner frühen Bücher, vor allem dieses Werks, bleibt bestehen – es ändert aber nichts daran, dass der Mensch Céline – ein Antisemit durch und durch – grundsätzlich abzulehnen ist. Entsprechend habe ich seine ab Mitte der 30er verlegten Veröffentlichungen hier auch gekennzeichnet.

Zum Zeitpunkt meiner ersten Lektüre war mir Célines Biographie nicht bekannt, weshalb ich das vorliegende Werk auch davon unbeeinflusst besprochen habe. Losgelöst von dem Jahre später offen gezeigten Antisemitismus, war es für mich der beeindruckendste literarische Rundumschlag, den ich bis dato gelesen habe – auch dank der hervorragenden Übersetzung! Tragikomisch, traurig, brutal und doch auch immer wieder erschreckend feinfühlig – eine Reise ans Ende der Nacht eben, die mir aufgrund ihrer Kälte viel abverlangt und mich doch nie kalt gelassen hat.

Wertung: 100 von 100 Treffern

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  • Autor: Louis-Ferdinand Céline
  • Titel: Reise ans Ende der Nacht
  • Originaltitel: Voyage au bout de la nuit
  • Übersetzer: Hinrich Schmidt-Henkel
  • Verlag: Rowohlt
  • Erschienen: 05.2004
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 672 Seiten
  • ISBN: 978-3499236587

8 Gedanken zu “All alone dancing in the dark

  1. Ein Buch, das mich in jungen Jahren bei der Lektüre regelrecht niedergemäht hat Niedergemäht wie die Maschinengewehrsalven während eines Gefechts, das Céline so eindrücklich beschreibt: Da rattert die Sprache wie ein Maschinengewehr, als würde der Erzähler Wortpatronen, Satzkanonaden ausspucken. Auch wenn das natürlich nicht das Französisch Prousts ist, ist es trotz des Gossenvokabulars dennoch eine sehr artifizielle Sprache mit poetischen Qualitäten, siehe die erwähnten Gefechtsschilderungen, die geradezu lautmalerische Qualitäten haben. So erinnere ich das Buch zumindest. Lange her.
    Was war ich enttäuscht, als ich später herausfand, daß mein literarischer Held, von dem ich natürlich umgehend mehr lesen, über den ich mehr erfahren wollte, sich bei meiner eingehenderen Recherche (Kindler Literatur Lexikon – damals gab’s Wikipedia noch nicht), als antisemitischer Hassprediger herausstellte. Das hat meiner Begeisterung einen ziemlich Dämpfer verpasst… Da ist dann halt wieder die grundsätzliche Frage, ob man Werk vom Autor trennen will bzw. es überhaupt kann. Wollte ich nur noch Bücher von Autoren, die ich menschlich gut finde, lesen, hätte ich in meinen Bücherregalen wahrscheinlich sehr viel mehr Platz: Kein Hamsun, kein Jünger, kein Mishima, kein Handke, aber z.B auch kein Thor Kunkel, dessen erstes Buch mich mit seiner wüsten Suada ein wenig an Céline erinnerte, der zuletzt aber nur noch mit Wahlwerbung für die Wiedergängerpartei auffiel. Der erschien mal bei Pulpmaster, jetzt wohl eher bei Antaios…
    Schwierig. Von Céline möchte ich dennoch – von den berüchtigten antisemitischen Pamphleten abgesehen – weitere Bücher lesen, auch die deutsche Trilogie. Die hast Du unter „offen antisemtische Werke“ einsortiert. Kann man das so stehen lassen? Nicht, daß ich Céline in irgendeiner Weise verteidigen will, aber als offen antisemitisch sind mir nur jene Pamplete bekannt. Er konnte ja recht bald nach dem Krieg wieder publizieren, durchaus bei renommierten Verlagen (Gallimard). „Von einem Schloss zum anderen“, das seine Zeit im Ländle bei den Gesinnungsgenossen (die er dann aber auch nicht leiden konnte, wie er überhaupt ein Misanthrop sondersgleichen gewesen zu sein scheint), erschien bereits 1960 bei Rowohlt – offenen Antisemtismus kann ich mir da nicht vorstellen. Aber, wie gesagt, ich habe diese Bücher nicht gelesen und kann nur wiedergeben, was ich anderswo aufgeschnappt habe. Mir scheint, es wird Zeit, mal wieder ein Buch von Céline in die Hand zu nehmen, „Tod auf Kredit“ allen voran.

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    • Hallo Guido,
      ja, genau diese Wortkanonen von denen du schreibst, sind es, die mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist. Da ist zügellose Wut in dieser Gossenpoesie, der man sich nicht entziehen kann und die nachhaltig für Narben sorgt (einige Passagen könnte ich heute noch aus dem Stand nacherzählen). Das Bukowski ihn zu seinen Vorbildern zählt, verwundert wenig, wo er doch in seinen Werken auch zu literarischen Abrechnungen bzw. Rundumschlägen neigt.

      Ernst Jünger, mit denen ich zu Studienzeiten (Literaturwissenschaften) – und später nochmal in der Ausbildung zum Buchhändler – in Kontakt kam, habe ich tatsächlich irgendwie immer vermeiden können bzw. ich weigere mich weiterhin beharrlich, ihm in seine „Stahlgewitter“ zu folgen. Thor Kunkel hatte ich bei Pulp Master ebenfalls schon gelesen, bevor er sich dann als ewig Gestriger hervorgehoben hat. Werk und Autor trennen – das ist so eine Sache. Und auch schwierig die Grenze zu ziehen. Bestes Beispiel: Anne Perry. Ich wusste, als ich ihre Pitt-Romane gelesen habe, dass sie in jungen Jahren an einem Mord beteiligt war (wurde nur nicht zum Tode verurteilt, weil sie unter 16 war) und habe dies hingenommen, weil ich die genauen Hintergründe nicht kannte. Als ich dann Jahre später ein Interview mit ihr geschaut habe, wo sie eiskalt und ohne einen Funken Reue von der Tat berichtet, war mir klar, dass wir es bei der Frau mit einer Soziopathin zu tun haben, die Recht von Unrecht gar nicht unterscheiden kann. Daraufhin sind die Perrys aus dem Regal geflogen.

      Was meine Einteilung angeht: Dies geschah aufgrund mangelnder Kenntnis. In allen Quellen, die mir jetzt vorlagen, wurde davon gesprochen, dass nach „Tod auf Kredit“ Céline in all seinen Veröffentlichungen immer wieder antisemitische Botschaften hat einfließen lassen. In welchem Maß und wieweit bei den Nachkriegstiteln – oder ob die damaligen Verlage gewisse Passagen zensiert haben – das kann ich mangels Kenntnis nicht beurteilen. Wenn du diese kennst bzw. es für gewisse Titel einen judenfeindlichen Tenor ausschließen kannst, passe ich die Einteilung in der Bibliographie entsprechend an.

      „Tod auf Kredit“ steht übrigens bei mir noch ungelesen im Regal. Und auch hier beginnt wieder der innere Zweifel … ;-)

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      • Hallo Stefan,
        Explizit ausschließen kann ich Antisemitismus bei den Nachkriegswerken mangels Lektüre leider auch nicht. Ich kann mich da auch nur auf Literaturlexika, Essays, Kritiken etc. berufen, die zumindest einen offenen Antisemitismus nicht erwähnt haben. Selbst gelesen habe ich noch – ebenfalls vor langer Zeit – „Gespräche mit Professor Y“, da ist mir nichts groß aufgefallen. Mag aber sein, daß ich damals einige Anspielungen nicht verstanden habe. Das Buch spielt ja mit Célines Rolle in der Verlagswelt der Nachkriegszeit. Es ist eine amüsant-garstige Lästerei, so erinnere ich das schmale Buch zumindest. Céline hatte sich wohl mit seiner Rolle des Verfemten arrangiert, sie gar lustvoll angenommen. Sehr zerknirscht oder gar reuevoll hörte er sich zumindest nicht an. Aber offen antisemitisch…? Ich glaube nicht, müsste es aber noch einmal lesen. Gilt auch für die anderen Bücher, wobei man sich natürlich fragen muß, wen Céline in z.B. in der Deutschland-Trilogie sprechen läßt – da mögen durchaus antisemitische Formulierungen vorkommen, aber wenn der Céline’sche Erzähler sie beispielsweise einem Nazi in den Mund legte, wäre das durch „Kunstfreiheit“ gedeckt, wie das für diese Romane als fiktive Werke ja überhaupt zu gelten hat, selbst wenn sie stark autobiographisch geprägt sind und man sich hinter mancher Ausfälligkeit natürlich den antisemitischen Pamphletisten Céline vorstellen mag/muß. Diese Trennlinie zu ziehen, ist extrem schwer. Daß Céline in der erwähnten Deutschland-Trilogie in bewährter Weise auch seine „Gastgeber“ beschimpfte, er auch als Kollaborateur in Deutschland ein ungeliebter, argwöhnisch beobachteter Außenseiter geblieben ist, der zeitweise um sein Leben fürchten musste, mag eine Veröffentlichung dieser Bücher begünstigt haben. Kindler meint zu „Norden“: „Doch die übersteigerte Wachheit eines Gehetzten verleiht der chronikartigen Schilderung einer zwielichtigen, morbiden, in Auflösung begriffenen Welt visionäre Hellsichtigkeit. Insofern ist Céline, selbst vom Nationalsozialismus infiziert, zugleich ein bedeutender Chronist desselben.“
        Ich habe noch „Kanonenfutter“ und beide Bände von „Guignols Band“ im Regal stehen, vielleicht schaue ich da mal rein. Der erste Band ist ja 1944 erschienen, im Jahr von Célines Flucht aus Frankreich. „Die Judenverschwörung“ war da längst erschienen (1937). Vielleicht finden sich antisemtische Spuren in diesem 1940 begonnen Werk. Wahrlich ein unbequemer Autor…
        Das mit Anne Perry wusste ich nicht. Ist allerdings auch keine Autorin, die ich groß auf dem Schirm habe. Nun will ich mal hoffen, daß Bernard Cornwell ein guter Kerl ist – der wurde auf dieser Seite dermaßen oft und in stets in den höchsten Tönen lobend erwähnt, daß ich mir gesagt habe: Schon gut, Herr Heidsiek, Du hast gewonnen, lese ich also Cornwell! 😉 Und da ich zu den systematischen Leuten gehöre, die gerne mit dem Anfang beginnen, um die Entwicklung des Autors und seiner Protagonisten zu verfolgen, habe ich mir die Sharpe-Reihe vorgenommen – sind ja nur 24 oder so Bände, ein Klacks…

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        • Puh, dann klopfe ich jetzt dreimal aufs Holz, dass du mit Sharpe warm wirst und ich mich in Deinen Augen nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt habe. (Den Maßstab der Hochliteratur, wie bei Céline, legst du aber bitte nicht an. ;-) ).

          Habe da übrigens denselben Tick. Wie du auf dem Blog vielleicht schon festgestellt hast, nehme ich mir die Werke eines Autors in der Regel auch chronologisch vor – und genau aus den gleichen Gründen. Insbesondere bei Krimi-Reihen halte ich mich da schon fast sklavisch dran. Sharpe habe ich bis auf drei Bände alle gelesen und auch rezensiert. Allerdings sind meine damaligen Besprechungen aus den frühen 2000er Jahren inzwischen nicht mehr vorzeigbar und müssen erstmal überarbeitet werden. Wie du übrigens wahrscheinlich schon gemerkt hast, sind die chronologisch am Anfang (Indienfeldzug) spielenden Sharpe-Bände erst viel später entstanden und können meines Erachten den frühen Titeln (Schlachtfeld Spanien und Frankreich) nicht das Wasser reichen.

          Und Anne Perry muss man nicht zwingend kennen. Bin damals im Zusammenhang mit der DuMont-Kriminalbibliothek auf sie gestoßen. Aufgrund meines Faibles für das viktorianische Zeitalter, passte sie da genau in mein Beuteschema.

          Es wäre klasse, wenn du nochmal gucken oder querlesen kannst, wo Céline seinen Judenhass offen zur Schau stellt. Bin da extrem vorsichtig mit der Einordnung gewesen, da man ja im Internet aufpassen muss, was einem sonst vorgeworfen wird und ich nicht den Eindruck erwecken wollte, hier einen Nazi-Freund zu lobpreisen. Manche wollen sowas dann ja falsch verstehen. – Außerdem täte es mich persönlich auch interessieren, denn sei es wie es sei – „Reise ans Ende der Nacht“ gehört zu meinen absoluten, ewigen Favoriten. Auf die volle Punktzahl werden vielleicht hier nur noch ein halbes Dutzend Titel kommen. Und, wie du schon sagst, ich finde es interessant, dass ja selbst den Nationalsozialisten Célines manische Besessenheit unheimlich war (das will ja was heißen). So wahnsinnig wie er schreibt, muss er zu Lebzeiten wirklich gewesen sein. Ein Grund, warum ja auch Zeitgenossen lange dachten, sein Judenhass wäre künstlich übersteigert bzw. parodistisch gemeint. Er war in allem so out of character, dass ihn schlicht keiner ernst nahm – und entsprechend seine Werke dann auch nicht eingeordnet wurden, was ihn dann nur noch verbitterter gemacht hat. Wie du treffend sagt: Wahrlich ein unbequemer Autor.

          „Gespräche mit Professor Y“ schaue ich mir dennoch mal näher an. Danke für Deinen Einblick!

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          • Ich switche ohnehin ständig zwischen sogenannter bzw. sich selbst dafür haltender Hoch- und vermeintlich niedriger Unterhaltungsliteratur: Ein Tag „Zettel’s Traum“, am nächsten bekloppter, aber vergnüglicher Trash à la Carter Brown. Mit Bernard Cornwell dürfte ich also gar keine Probleme haben, zumal ich durch Autoren wie Patrick O’Brien, C.S. Forester oder George MacDonald Fraser positiv „vorbelastet“ bin – eine unterhaltsamere Methode, Geschichte vermittelt zu bekommen, kenne ich nicht.
            Was die Sharpe-Chronologie anbelangt, orientiere ich mich an der Wikipedia-Liste, die die Bücher nützlicherweise in der Reihenfolge der Handlung auflistet. In der Reihenfolge will ich sie dann auch lesen, womit allerdings mein Plan, die schriftstellerische Genese Cornwells zu verfolgen, obsolet ist, da Chronologie und Erscheinungsjahre der Bücher ziemlich wild durchmischt sind, wie du ja auch andeutest.
            Wenn ich’s recht sehe, ist „Sharps Trophäe“ das im Original zuerst erschienene Sharpe-Buch, chronologisch ist es allerdings das achte…
            Bei meiner nächsten Céline-Lektüre werde ich auf jeden Fall aufmerksamer sein in Sachen Antisemitismus und gerne an dieser Stelle Rückmeldung machen. Wann das allerdings sein wird, kann ich schwer sagen, da mein Lesen keinem grösserem Plan folgt, sondern, je nach Laune, von diesem zu jenem Autor springt, und überhaupt wäre ja erst einmal das „unbelastete“ „Tod auf Kredit“ an der Reihe. Bis ich zu den „inkriminierten“ Büchern komme, kann es also dauern, dennoch: Ich bleibe an der Sache dran, versprochen!

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            • Die Sharpe-Reihe war tatsächlich auch bei mir eine Ausnahme von der Regel. In diesem Fall fand ich den chronologischen Ablauf der Napoleonischen Kriege einfach wichtiger, als die Genese des Autors, welche sich übrigens in dieser Reihe ohnehin in Grenzen hält. Wenn ich gemein wäre, würde ich sagen, kennst du einen Sharpe, kennst du alle. Aber das wird wiederum Cornwell nicht gerecht, der immer wieder äußerst akkurat den historischen Kontext so verarbeitet, das Geschichte äußerst lebendig wird.

              Auch sonst bin ich da voll bei Dir. Gerade das Genre des Kriminalromans ist das beste Beispiel, das so genannte Trivialliteratur in Form und Inhalt genauso viel „leisten“ kann, wie die oftmals hymnische besungene Hochliteratur. Ranicki würde mir da wahrscheinlich nicht zustimmen. Aber der hat sich mit seiner Ablehnung von Fauser bei mir ohnehin disqualifiziert.

              Was Céline angeht: Keinen Stress. Wenn du irgendwann zu den besagten Werken kommst, freue ich mich auf eine Rückmeldung, denn wie du folgt auch meine Autorenauswahl keinem größeren Plan. Ich versuche lediglich irgendwie meiner immer größer werdenden Sammlung gerecht zu werden und greife ansonsten einfach nach dem Buch im Regal, das mich gerade anlacht.

              Ich wünsche Dir nen schönes WE!

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